Wer ohne Helm Rad fährt, muss laut einem aktuellen Urteil einen Teil der eigenen Krankenkosten auch nach einem nicht verschuldeten Unfall tragen – obwohl in Deutschland keine Helmpflicht besteht. Wie Versicherungen diesen Fall regeln und welche Möglichkeiten Unfallopfer haben.
In dem konkreten Fall muss eine Frau nun nach dem Zusammenstoß mit einem Auto 20 Prozent ihres aus dem Unfall entstandenen Schadens selbst bezahlen, obwohl der Autofahrer den Unfall verursacht hatte. Das Urteil des schleswig-holsteinischen Oberlandesgerichts ist ein Präzedenzfall.
KfZ-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers muss für Schäden aufkommen
In der Versicherung gilt: Bei einem Autounfall kommt generell die Kfz-Haftpflichtversicherung des Verursachers für den Schaden auf. "Diese Absicherung ist für alle Autobesitzer in Deutschland Pflicht", sagt Ralf Houben, Bereichsvorstand beim unabhängigen Beratungshaus MLP und zuständig für die Region Rhein-Neckar. Bei dem Fall in Schleswig-Holstein argumentierte der Versicherer allerdings, dass der Schaden des Unfallopfers niedriger gewesen wäre, wenn es einen Helm getragen hätte. Das Gericht hat dieser Argumentation stattgegeben und die Betroffene muss nun einen Teil ihrer Reha-Kosten selbst bezahlen. Die übrigen Kosten streckt die Krankenversicherung vor und fordert dann das Geld von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers zurück. Hätte ein anderer Radfahrer den Unfall verursacht, übernähme übrigens anstatt der Kfz-Haftpflicht dessen private Haftpflichtversicherung die Kosten. Diese ist zwar nicht gesetzlich verpflichtend, jedoch eine der wichtigsten Versicherungen, über die jeder verfügen sollte.
Unfallversicherung leistet zusätzlich bei Invalidität
Falls der Geschädigte eine Unfallversicherung hat, leistet diese bei dauerhaften Schäden zusätzlich. Je nach Invaliditätsgrad, der nach dem Unfall verbleibt, wird ein bestimmter Prozentsatz der vereinbarten Versicherungssumme ausbezahlt. Einschränkungen aufgrund eines nicht getragenen Helms gibt es nicht. "Einige Versicherer bieten dem Kunden aber einen Bonus, wenn er beim Unfall einen Helm getragen hat – zum Teil in Form einer bis zu zehn Prozent höheren Invaliditätsleistung", sagt Ralf Houben.
Gegen Leistungseinschränkung kann geklagt werden
Nach dem aktuellen Urteil bleibt Betroffenen nur noch die Möglichkeit, vor Gericht gegen die Kürzung der Versicherungsleistungen zu klagen. Die Kosten dafür muss der Kläger jedoch selbst tragen. "Eine Rechtsschutzversicherung kann Unfallopfer im Ernstfall unterstützen, gegen den Haftpflichtversicherer gerichtlich vorzugehen und übernimmt die Prozesskosten", sagt Ralf Houben. Allerdings besteht eine Wartezeit von drei Monaten. Ist der Unfall bereits passiert, ist somit der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung zu spät. Generell gilt außerdem: Die Entscheidung für oder gegen eine Absicherung sollte jeder von seinem persönlichen Sicherheitsbedürfnis abhängig machen.