Gerade einmal neun Monate sind seit der Geburt des letzten Jungtieres „Willi“ vergangen, und schon wieder hat das Schopfhirschpaar „Goofy“ und „Mieke“ im Zoo Heidelberg für Nachwuchs bei dieser seltenen Hirschart gesorgt.
Das ist umso erfreulicher, als Vater Goofy zweimal an seinem Oberschenkel operiert wurde und die Pfleger davon ausgehen mussten, dass ihn das für eine erfolgreiche Paarung mit Mieke beeinträchtigen könnte. Den ungünstigen Prognosen zum Trotz hatte sich Goofy aber überraschend schnell von den Operationen erholt und erfreut sich seitdem bester Gesundheit und Paarungsfreudigkeit.
Die kleine „Tekla“, wie der Nachwuchs heißt, konnte schon wenige Minuten nach der Geburt stehen und ist bereits mit ihrer Familie im großen Außengehege zu sehen. Die neugeborenen Schopfhirsche sind anfangs so winzig, „dass sie gerade mal in eine Hand passen“, wie Jörg Kubacki, Leiter des Robben- und Raubtierreviers, schmunzeln berichtet. Die ersten Wochen verbrachte das Anfang Mai geborene Jungtier in einem für Besucher schwer einsehbaren separaten Gehege. Dies diente unter anderem auch seinem Schutz, denn die Kleinen Pandas, mit denen sich die Schopfhirsche die Außenanlage teilen, haben es faustdick hinter den Ohren und hätten das Jungtier angreifen können – was bislang allerdings nie passiert ist. „Mieke“ und „Goofy“ kümmern sich liebevoll um ihren Nachwuchs. Egal ob beim Spielen mit ihrer Schwester „Maya“ oder wenn sie ein Nickerchen im Gras hält – der kleine Tekla steht immer unter der Beobachtung ihrer Eltern.
Schopfhirsche sind im südlichen und zentralen China, sowie in Myanmar in tropischen und subtropischen Bergwäldern verbreitet, doch ihr Lebensraum wird durch Abholzung und Rodung immer weiter vernichtet. Deswegen sind Nachzuchten dieser seltenen Tiere besonders wertvoll. Der Zoo Heidelberg ist einer von nur fünf Zoos in Europa, der diese außergewöhnliche Hirschart hält und ist auf den erneuten Zuchterfolg besonders stolz. So wird Willi, der Bruder von der kleinen Tekla, in wenigen Tagen in den Zoo nach Jerusalem umziehen. Die dämmerungs- und nachtaktiven Schopfhirsche leben in freier Wildbahn einzelgängerisch und gelten als scheu. Die Schopfhirschfamilie im Zoo Heidelberg ist hingegen recht gesellig und zeigt sich sehr häufig den Besuchern.
Namensgebendes Merkmal dieser hübschen Tiere ist der schwarzbraune, hohe Haarschopf am Kopf. Ihr raues Fell ist dunkelbraun oder dunkelgrau gefärbt, die Lippen, die Ohrspitzen, die Unterseite des Schwanzes und manchmal die Augenregion sind leuchtend weiß. Das kleine Geweih, das nur die Männchen tragen, besteht aus zwei Spießchen, die meist gänzlich im Schopf verborgen sind. Männchen haben außerdem verlängerte, bis zu fünf Zentimeter lange, obere Eckzähne, die aus dem Maul ragen. Diese werden als Waffe in Kämpfen um Reviere und Weibchen eingesetzt und können dem Rivalen erhebliche Verletzungen zufügen. Zur Kommunikation untereinander dient ein lautes Fiepen, das das Partnertier und den Nachwuchs unter anderem vor Gefahr warnt. Die Nahrung der Schopfhirsche besteht aus Gräsern, Blattwerk, Kräutern, Früchten sowie auch Aas. Im Zoo Heidelberg erhalten sie zusätzlich ausgewähltes Gemüse, Haferflocken, Kraftfutter sowie ab und zu ein rohes Ei oder Hundefutter.
Die Schopfhirsche leben im Zoo Heidelberg gemeinsam mit den Kleinen Pandas in einem großen Gehege. Von Frühjahr bis Spätherbst gesellt sich zu ihnen ein großer Trupp griechischer Landschildkröten. Die gemischte Wohngemeinschaft ist ein schönes Beispiel für eine gelungene Vergesellschaftung verschiedener Tierarten in einem Gehege.