Laserscanning und geophysikalische Messdaten erlauben 3D-Rekonstruktion von Karsthohlformen auf Kreta
Mit einer Kombination aus hochauflösenden Laserscanning-Daten der Erdoberfläche und geophysikalischen Messdaten des Untergrunds ist es Wissenschaftlern der Universität Heidelberg gelungen, sogenannte Karsthohlformen auf der griechischen Insel Kreta erstmals in ihrer Gesamtheit abzubilden und dabei einen dreidimensionalen Einblick in das unterirdische Relief dieser trichterförmigen Senken zu geben. Die neue Methode der 3D-Darstellung wurde unter der Leitung von Juniorprofessor Dr. Bernhard Höfle am Geographischen Institut der Ruperto Carola entwickelt. Sie erlaubt umfassende Analysen an der Schnittstelle von Geo- und Altertumswissenschaften, denn die Verfüllungen dieser Hohlformen bilden terrestrische Archive, die sich besonders zur Rekonstruktion von Umweltszenarien der Vergangenheit eignen.
Karstgebiete und insbesondere Karsthohlformen, zu denen zum Beispiel Dolinen gehören, bilden seit Jahrtausenden wichtige Wirtschaftsräume des Menschen. So wurden derartige Hohlformen bereits nachweislich im zweiten vorchristlichen Jahrtausend für Ackerbau und Viehwirtschaft genutzt, so auch in den Gebirgsregionen auf der Mittelmeerinsel Kreta. Aufgrund ihrer nach innen gewölbten Form fungieren Dolinen zugleich als „Materialfallen“, in denen sich Lockersedimente, archäologische Befunde oder auch vulkanische Aschen ansammeln können. „Diese Verfüllungen können wichtige Erkenntnisse zu den einstigen klimatischen Bedingungen, der ehemaligen Vegetationsstruktur, aber auch den menschlichen Einflüssen beispielsweise durch Landnutzung liefern“, erläutert Dr. Christoph Siart, der gemeinsam mit Prof. Höfle forscht.
Bislang wurden Karsthohlformen, so die Heidelberger Geographen, zumeist nur im Zusammenhang mit Sedimentbohrungen betrachtet. Diese erlauben einen punktuellen Einblick in den Untergrund und wurden in Kombination mit geomorphologischen Oberflächenbefunden zur Erklärung der Entstehung und Funktionsweise von Dolinen herangezogen. Mit Hilfe der neuen, in Heidelberg entwickelten Methode der 3D-Datenmodellierung ist es den Wissenschaftlern nun gelungen, die zweidimensionalen Daten des Untergrunds mit hochauflösenden 3D-Daten der Oberflächengestalt zu verknüpfen. Dazu wurde die Topographie der Oberfläche mit Hilfe des terrestrischen Laserscanning erfasst. Der Untergrund der sedimentverfüllten Dolinen konnte mit einer Kombination aus verschiedenen geophysikalischen Messverfahren zweidimensional in verschiedenen Querschnitten abgebildet werden.
Die Fusion dieser Daten erlaubt nunmehr fundierte Analysen auf dem Gebiet der Geomorphometrie. „Wir können beispielsweise das Volumen bestimmen oder die Hohlformen in einem virtuellen dreidimensionalen Modell digital vermessen. Damit haben wir die Basis geschaffen, um erstmals Aussagen zur Entstehung, zum Prozess der sedimentären Verfüllung und zur Altersabschätzung der Dolinen zu treffen“, erläutert Prof. Höfle. „Für die Rekonstruktion der Landschaftsgeschichte ist dies von außerordentlicher Bedeutung, denn erst die ganzheitliche Betrachtung der geomorphologischen Formen über eine Kombination von Oberflächen- und Untergrunddaten gestattet Einblicke in die lokalen Prozesse, die letztlich zum heutigen Landschaftsbild geführt haben.“
Die Datenaufnahme und Methodenentwicklung erfolgte im Rahmen der Projekte „Rekonstruktion des holozänen Umweltwandels auf Kreta“ sowie „Geoinformatik und 3D-Geoinformationstechnologie“, die in den Abteilungen für Physische Geographie und für Geoinformatik am Geographischen Institut der Universität Heidelberg durchgeführt wurden. Informationen im Internet sind unter der Adresse http://giscience.uni-hd.de zu finden.
Originalveröffentlichung:
C. Siart, M. Forbriger, E. Nowaczinski, S. Hecht. & B. Höfle: Fusion of multi-resolution surface (terrestrial laser scanning) and subsurface geodata (ERT, SRT) for karst landform investigation and geomorphometric quantification; Earth Surface Processes and Landforms (2013), doi: 10.1002/esp.3394