Der Präsident der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) stellte dort gemeinsam mit dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) für die Pfalz und Vertreter der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz, Willi Kuhn, sowie dem Präsidenten des Landesverbandes Bauindustrie Rheinland-Pfalz, Karl-Wilhelm Faber, ein Positionspapier der drei Verbände vor. Darin nehmen die Wirtschaftsvertreter eine Bestandsaufnahme vor und zeigen politischen Handlungsbedarf auf.
„Der Zustand der Straßen und Brücken in unserem Land verschlechtert sich, zwar langsam und schleichend – aber kontinuierlich“, sagte Dr. Gerhard F. Braun heute auf einer Pressekonferenz.
Braun betonte, dass Bürger und Unternehmen auf eine leistungsfähige Infrastruktur angewiesen seien. „Verkehrswege sind die Lebensadern einer Volkswirtschaft“. Sie stellten den Transport von Waren und Dienstleistungen von und für rheinland-pfälzische Unternehmen sicher. Hinzu komme die Bedeutung des Straßennetzes für Pendler. Fast die Hälfte der 1,25 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Rheinland-Pfalz fahren täglich über Kreisgrenzen hinweg von ihrem Wohn- zu ihrem Arbeitsort. 150.000 Arbeitnehmer pendeln zudem täglich von anderen Bundesländern zum Arbeiten ein, umkehrt gehen 275.000 Rheinland-Pfälzer einer Beschäftigung jenseits der Landesgrenzen nach.
In einer Umfrage, die die LVU im Februar dieses Jahres durchgeführt hat, beklagten die Unternehmen insbesondere den schlechten Zustand der Kreis- und Ortsstraßen. 60 Prozent vergaben die Note 5 oder 6. „Noch viel besorgniserregender sind aus meiner Sicht die 77,5 Prozent, die eine deutliche Verschlechterung des Straßenzustandes in den letzten zehn Jahren monieren“, sagte der LVU-Präsident. Die Folgen von Schlaglöchern, verstopften Ortsdurchfahrten, zu eng gebauten Fahrbahnen und Kreiseln, überlasteten Straßen und Dauerbaustellen: „Jede Verzögerung im Straßenverkehr kostet Zeit, führt zu Stress bei den Verkehrsteilnehmern und zu einer vermehrten Belastung von Umwelt und Anwohnern“, so Braun.
„Für die Erhaltung der Landesstraßen fehlen ausreichende Mittel. Ein zunehmender Substanzverzehr ist die Folge“, so Karl-Wilhelm Faber. „Die für Erhaltungs- und Ausbaumaßnahmen an Fahrbahnen verbleibenden Mittel von 43 Millionen Euro jährlich lassen allenfalls Unterhaltungsintervalle von 42 Jahren zu. Derart lange Intervalle garantieren nicht die Sicherung einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur, die den Mobilitätsbedürfnissen der Bürger und des Wirtschaftsstandortes Rheinland-Pfalz auf Dauer gerecht wird. Ein Verschieben der Probleme auf künftige Jahre stellt jedenfalls keine Lösung dar“, zitierte der Präsident des Landesverbandes Bauindustrie den Landesrechnungshof. Die Reduzierung der Investitionsmittel aufgrund der Schuldenbremse bewirke, dass Geld für umfassende Instandsetzungen fehle. „Erst recht gilt dies für die Realisierung neuer Verkehrsprojekte“, sagte Faber.
Die Industrie- und Handelskammern in Rheinland-Pfalz kritisieren in diesem Zusammenhang die jüngsten Beschlüsse der rot-grünen Koalition zur Anmeldung von Projekten zum Bundesverkehrswegeplan. „Diese Beschlüsse sind aus Sicht der Wirtschaft völlig unzureichend“, sagte Kuhn. Zwar habe sich die Landesregierung bisher nur zum Umgang mit besonders strittigen Straßenprojekten geäußert, dennoch sei klar erkennbar, dass die rot-grüne Koalition den für die Standortqualität in Rheinland-Pfalz entscheidenden Erhalt und Ausbau der Straßeninfrastruktur weitgehend ausblende oder sogar verhindere.
„Konkret wird lediglich der längst überfällige Lückenschluss der A 1 im Bereich der Eifel zum Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Hier folgt die Landesregierung den langjährigen Forderungen der Wirtschaft und strebt den dringend notwendigen Lückenschluss nach Nordrhein-Westfalen an“, sagte Kuhn.
Der vierspurige Ausbau der B 10 in der Pfalz solle hingegen ad acta gelegt werden. „Die Ergebnisse der Mediation werden weitgehend ignoriert, ebenso die Belastungszahlen und Vorgaben des Bundes. Das Land läuft Gefahr, dass der Bund eine Anmeldung nur von Teilstücken der B 10 nicht akzeptiert“, kritisierte der IHK-Präsident, der für die Südwestpfalz „verheerende Folgen“ dieser Entscheidung prognostizierte.
Beim Bau einer zweiten Rheinbrücke bei Wörth solle die Federführung für das Projekt bei der baden-württembergischen Landesregierung in Stuttgart liegen. „Eine offensive Verkehrspolitik sieht anders aus“, so Kuhn. Der IHK-Präsident kritisierte zudem die Beschlüsse, die Nord- und Westumfahrung Trier (A1, A 64) nicht zum Bundesverkehrswegeplan anzumelden und den sechsstreifigen Ausbau der A 643 nicht weiter zu verfolgen.