Geradezu unglaublich winzig sind sie und weniger als ein halber Kaffeelöffel genügt, um am Ende ein ganzes Feld von etwa 1100 m2 zu bepflanzen: Die Rede ist vom Samen der Tabakpflanze. Das und eine ganze Menge mehr rund um die Ausnahmepflanze aus Südamerika kann man ab diesem Jahr wieder in Lorsch bestaunen und ganz real: be-greifen. Denn ab 2013 wird in Lorsch wieder Tabak angebaut.
Ins Frühbeet ausgesät wurde der vorgequollene Samen von dem ersten Trupp der Lorscher Tabakpflanzer am vergangenen Samstag. Denn traditionell packt man die Tabaksamen am 19. März, dem Josephstag, in einen Strumpf oder ein Säckchen, um ihn bei gleichmäßiger Wärme und Feuchtigkeit vorkeimen zu lassen. Das vom Lorscher KULTour-Amt initiierte Tabakprojekt hält sich eng an die überlieferten Gepflogenheiten. Dementsprechend wanderte die notwendige Menge Samen der Zigarrentabaksorte Geudertheimer, eingeschlagen in nasse Tücher und unter der Obhut der Familie Schumacher, auf deren Kachelofen.
Ganze drei Gramm und damit etwa 30 000 Samen wurden vier Tage lang mit Argusaugen beobachtet und mit viel Fingerspitzengefühl umsorgt. Dass der Samen am Samstag genau richtig zur Aussaat war, ist kein Wunder: Thomas Schumacher, einer der beiden Projektleiter, kommt aus einer Tabakpflanzer-Familie. Von seinem Großvater hat Schumacher das Fachwissen und er selbst hat ebenfalls einige Erfahrung mit der An- und Aufzucht der durchaus anspruchsvollen Pflanze. Obwohl die Projektgruppe auch aus Lorschern besteht, die als Kinder mit dem Tabakanbau zu tun hatten, war das Erstaunen über die geringe Samenmenge groß. Diese wurde mit Grieß gemischt, damit man auf der dunklen Anzuchterde überhaupt sehen konnte, wo schon Samen ausgestreut worden waren. „Undenkbar“, kommentierte eine alte Lorscherin, dass dazu ein Lebensmittel verwendet wurde. „Wir haben früher Sägespäne genommen!“
In der Projektgruppe, die jedes Jahr neu zusammengestellt wird und die 2013 aus knapp dreißig Personen besteht, sind auch viele, die noch nie mit Tabakanbau zu tun hatten. Doch beim Aussähen bewiesen alle Probanten das notwendige Geschick. Sorgsam mit warmem Wasser begossen, wurde das Frühbeet schließlich mit Glasscheiben abgedeckt.
Auf ihren ersten Großeinsatztag jedoch müssen die arbeitswütigen Tabakpflanzer noch warten. Wieder ist es eine Heilige, die dann das Startzeichen gibt: Wenn die „Kalte Sophie“ am 15. Mai endgültig Entwarnung für Nachfrostgefahr gibt, werden die jungen Tabakpflänzchen auf den Acker an der Tabakscheune gesetzt.