Im Zoo Heidelberg herrscht derzeit ein wahrer Kindersegen: Nach den Erdmännchen, den Goldgelben Löwenäffchen, den Schafen und afrikanischen Zwergziegen sorgte nun auch das Faultierpaar „Wilma“ und „Fred“ für Nachwuchs.
Das kleine Zweifingerfaultier kam Anfang März zur Welt und wurde von den Tierpflegern „Bam-Bam“ getauft. Für den Zoo Heidelberg ist es die zweite Nachzucht bei dieser ungewöhnlichen Tierart, die ihr Leben kopfüberhängend in den Bäumen verbringt. Der 2011 geborene „Pebbles“ ist schon vor einiger Zeit in einen französischen Zoo umgezogen.
Faultiere verbringen die ersten Wochen ihres Lebens gut versteckt und festgeklammert am kuscheligen Bauchfell der Mutter – aber mit etwas Glück können Zoobesucher den Nachwuchs mit der großen Stupsnase und den braunen Knopfaugen durch die Scheibe im Innengehege der Südamerikavoliere beobachten.
Ist „Bam-Bam“ ein Junge oder ein Mädchen? „Man kann das bei Faultieren erst sehr spät erkennen“, so Revierleiter Thomas Bersch, „das wird wahrscheinlich noch einige Monate dauern“.
Obwohl Faultiere Einzelgänger sind, hegen „Wilma“ und „Fred“ ein inniges Verhältnis, was man daran erkennt, dass die beiden sich oft einen Ast gemeinsam teilen. Im Hinblick auf ihren gemeinsamen Nachwuchs verhalten sich die beiden ungewöhnlich, denn normalerweise hält sich ein Faultiermännchen von dem Weibchen mit Nachwuchs fern. In den Zoos wird deshalb oft das Männchen für eine gewisse Zeit von Mutter und Kind getrennt. Wilma und Fred hingegen kuscheln gemeinsam mit ihrem Nachwuchs so eng, dass kaum zu erkennen ist, wo ein Faultier beginnt und das andere aufhört – ein Verhalten, das sehr selten beobachtet wird.
Sobald sich die Temperatur auf mindestens 15 Grad stabil eingependelt hat, darf die Faultierfamilie wieder das Außengehege mitbenutzen. In der begehbaren Voliere hangeln die Faultiere dann umgeben von vorwitzigen Guirakuckucken und farbenprächtigen Grünwangen-Amazonen gemächlich an den Ästen entlang.
In freier Wildbahn leben Zweifingerfaultiere in den Baumkronen der tropischen Regenwälder von Mittelamerika und dem Amazonasbecken bis zum südlichen Brasilien. Mit ihren bis zu 7,5 Zentimeter langen Sichelklauen sind sie perfekt an ein kopfüberhängendes Leben in den Astgabeln angepasst. Darauf weist auch der Scheitel hin, den die Tiere auf dem Bauch tragen, damit das Regenwasser seitlich ablaufen kann. Ihr Name kommt ebenfalls nicht von ungefähr: Zweifingerfaultiere dösen bis zu 20 Stunden pro Tag und bewegen sich bevorzugt im Zeitlupentempo. In ihrer Heimat dient diese scheinbar „faule“ Lebensweise aber durchaus einem wichtigen Zweck, nämlich der Tarnung vor Feinden, zum Beispiel vor Jaguaren oder Harpyien, das sind die riesigen Urwaldadler Südamerikas.
Im Regelfall gibt es für Faultiere keine Veranlassung, sich schneller zu bewegen. Vor Feinden sind sie bestens getarnt und für ihre Nahrung – junge Blätter, Blüten und Früchte – müssen sie keine weiten Strecken zurücklegen. Wenn die ruhigen Tiere dann aber einmal aktiv werden, sind überraschte Blicke bei den Zoobesuchern vorprogrammiert! Doch auch die beste Tarnung schützt nicht vor allem: Wie viele Bewohner der tropischen Regenwälder sind auch Faultiere durch die Abholzung ihres Lebensraumes bedroht.