Vortrag von Marcus Poenisch über die Tücken der Kommunikation. Der Trainer des Instituts Schulz von Thun präsentierte einen Mix aus Theorie und Praxis.
„Erna, das Bier ist alle!“ Für manche stellt dieser Satz lediglich die sachlich-neutrale Feststellung eines Mangelzustands dar, dessen Behebung im männlichen Bevölkerungsanteil teilweise sakrale Bedeutung innehat. Andere sehen hierin bereits die Lunte für eine häusliche Intifada gelegt.
Die Besucher des Vortrags von Marcus Poenisch vom Hamburger Institut für Kommunikation Schulz von Thun am vergangenen Donnerstagabend in der Abt-Bessel-Realschule in Buchen waren da schon einen Erkenntnisschritt weiter. Oder vier, um genauer zu sein.
Denn die Aussage zu Anfang kann tatsächlich auf vier verschiedenen Ebenen Botschaften senden – und beim Empfänger auf ebenso viele Arten ankommen. Im Fachjargon: Vier Schnäbel und vier Ohren, „das macht die Kommunikation spannend, aber auch anfällig für Missverständnisse“, so Poenisch.
Was der Trainer und Seminarleiter unter dem Titel „Erst quadratisch wird die Sache rund“ erläuterte, waren nicht weniger als Gebrauchsanweisungen zum Entschlüsseln dieser und weiterer zwischenmenschlicher Äußerungen. Anhand des vom gleichnamigen Institutsgründer entwickelten Kommunikationsquadrats erläuterte der Diplom-Psychologe die vier Botschaftsebenen Sachinhalt, Selbstkundgabe, Beziehungshinweis und Appell. Der Hinweis auf oben erwähnten Mangel (sachlich) verrät demzufolge auch etwas über den Absender und seinen gegenwärtigen inneren Zustand selbst. Ist er etwa ausgeglichen oder gereizt?
Auf Augenhöhe oder nicht
Außerdem schließt die Botschaft auch einen Hinweis darauf ein, wie er sein Gegenüber sieht. Gleichberechtigt oder hierarchisch untergeordnet beispielsweise? Und eine Handlungsaufforderung ist ebenfalls enthalten: Den Empfänger in eine bestimmte, von ihm gewünschte Richtung hin zu beeinflussen. Wie man also sieht, ist Kommunikation unter- und miteinander eine komplexe Angelegenheit mit vielen Bausteinen und Tücken.
„Das fängt schon bei der Verständlichkeit auf der Sachebene an. Drücke ich mich einfach und addressatgerecht aus?“, fragt Poenisch in den mit rund 150 Zuhörern gefüllten Saal. Wer für sich in Anspruch nimmt, immer und überall klar zu kommunizieren, für den hält Poenisch dieses Fazit aus seiner Berufserfahrung bereit: „Einfach sprechen? Eine große Kunst!“.
Den meisten Sprengstoff berge jedoch die Beziehungsebene, wenn sich der Empfänger nicht gut behandelt fühle. Denn das ist gleich die nächste Klippe. Es kommt nicht nur darauf an, was man wie sagt. Sondern auch, was der Angesprochene versteht bzw. heraushört. „Sender haben diese vier Schnäbel. Empfänger haben aber auch vier Ohren“. Je nachdem, welcher Schnabel auf welches Ohr trifft, kann das Untereinander glatt laufen oder vermintes Gelände darstellen. Klarer wird die Verständigung erst dann, wenn sich der Sprecher beim Angesprochenen erkundigt, was genau angekommen ist. Dann ist die Kommunikationsschleife geschlossen, dann werden Verständnis oder Unklarheiten zutage gefördert. So weit, so interessant.
Doch der auf Initiative des Realschule-Fördervereins „Impulse“ mit Michaela Möhls an der Organisationsspitze Angereiste kann auch einige Tipps für den Alltagsgebrauch mitgeben. Wer eine Aussage macht, kann sich auch verstärkt auf einen seiner Schnäbel konzentrieren. Will ich eher Sachinformationen mitteilen? Oder bei meinen Äußerungen doch mehr auf die Stärkung der Beziehung mit meinem Gegenüber achten?
Auch das Publikum wurde mit mehreren Übungen einem Praxistest unterzogen. Was kam dabei heraus – etwa Missverständnisse?
Poenisch musste feststellen, dass er bei den gewählten Beispielsituationen bei einigen der vorwiegend weiblichen Besucherinnen plötzlich im Verdacht zu stehen schien, ein traditionelles Rollenbild mit dem Mann als Erwerbstätigem und der Frau als Hüterin des Hauses zu befürworten. Selbst Experten können also missverstanden werden. Irgendwie beruhigend.