Trotz steigender Energiepreise sind rund 40 Prozent der deutschen Haushalte noch immer in der teuren Grundversorgung ihres örtlichen Stromversorgers. Der unübersichtliche Markt, das Geschäftsgebaren der Billiganbieter und die Tücken der Tarifrechner im Internet schrecken viele Kunden von einem Versorgerwechsel ab.
„Mit einem neuen Beratungsangebot wollen wir für mehr Durchblick auf einem intransparenten Markt sorgen und Ratsuchenden individuelle Unterstützung bieten“, so Ulrike von der Lühe, Vorstand der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
„Trotz aller Widrigkeiten zahlt sich ein Versorgerwechsel in vielen Fällen in barer Münze aus. Wichtig bei der Suche nach einem neuen Anbieter ist es, sich nicht von den undurchsichtigen Vergleichsportalen im Internet blenden zu lassen und ein paar Grundregeln zu beachten.“
Das neue Beratungsangebot
Die Mitarbeiterinnen in den örtlichen Beratungsstellen der Verbraucherzentrale helfen dabei, bei den Anbietern die Spreu vom Weizen zu trennen und erklären, wie der Wechsel funktioniert. Wer seine letzte Jahresabrechnung für Strom und/oder Gas mitbringt, erhält folgende Beratungsleistungen: Mit einer Internetrecherche ermitteln die Beraterinnen, welche individuellen Einsparungen durch einen Wechsel möglich sind. Dabei empfehlen sie, Vorauskasse- und Kautionszahlungsmodelle zu vermeiden. Auch die Anzahl der Beschwerden über einzelne Anbieter fließt in die Beratung und anschließenden Empfehlungen mit ein. Da den meisten Verbrauchern gar nicht klar ist, ob ihr Energieverbrauch hoch oder niedrig ist und wie groß ihr Energiesparpotential ist, wird zusätzlich eine Bewertung der Verbrauchsdaten vorgenommen.
Ratsuchenden mit einem überdurchschnittlichen Energieverbrauch wird empfohlen, die kostenlose Energieberatung der Verbraucherzentrale ergänzend in Anspruch zu nehmen.
Im Anschluss an die Beratung erhalten die Ratsuchenden folgende schriftlichen Informationen:
- einen zweiseitigen Ausdruck mit Verbrauchsbewertung und einer Auswahl möglicher neuer Anbieter
- den Ausdruck der Kostenübersicht der Versorger vom verwendeten Tarifrechner und
- ein Faltblatt mit Tipps und Erläuterungen zum Wechselvorgang.
Die Kosten für das Beratungspaket betragen fünf Euro.
Die Tücken der Tarifrechner
Eigentlich versprechen die Tarifrechner im Internet eine schnelle Hilfe bei der Suche nach einem neuen Energieversorger. Der aktuelle Vergleich der Stiftung Warentest in der März-Ausgabe des Test-Heftes zeigt jedoch, dass keines der Portale wirklich verbraucherfreundlich ist und gut dabei hilft, aus den durchschnittlich 95 möglichen Versorgern vor Ort, die richtige Auswahl zu treffen. Viele Portale führen in unsichere Tarife oder locken mit unrealistischen Einsparpotenzialen, so die Verbraucherzentrale. Die Probleme im Einzelnen:
- voreingestellte Suchoptionen favorisieren unfaire Angebote wie Modelle mit Vorkasse oder in den Preis eingerechnete Bonuszahlungen
- unverständliche Erklärungen verwirren eher
- die teure Grundversorgung ist als Vergleichsmodell voreingestellt und suggeriert ein hohes Einsparpotential
- Neukundenboni verschleiern den richtigen Preisvergleich
- teilweise sind nicht leicht erkennbare Werbeangebote am Anfang der Übersichtstabelle platziert.
Hinzu kommt das wenig transparente Geschäftsmodell der Portale, die sich meist über Werbung und Provisionen finanzieren.
„Es ist kein Wunder, dass Verbraucherinnen und Verbraucher vor einem Wechsel zurückschrecken“, so Hans Weinreuter, Energiereferent der Verbraucherzentrale. „Ohne Vertrauen in den Wettbewerb verharren sie bei ihrem Versorger und zahlen drauf. Dies kann nicht im Sinne eines funktionierenden Wettbewerbs sein.“
Abschreckende Geschäftsgebaren
Auch die Pleite von Teldafax im Jahr 2011 und das aktuelle Geschäftsgebaren einiger Stromdiscounter wirken auf viele Verbraucher abschreckend. Vorauskassemodelle erhöhen das finanzielle Risiko im Streitfall oder bei einer Insolvenz des Anbieters. Oft erhöhen die Discounter bald nach dem Vertragsabschluss oder nach dem ersten Jahr Vertragslaufzeit ihre Preise drastisch. Dabei setzen die Firmen auf die Trägheit der Kunden, die das kurze Zeitfenster für eine Sonderkündigung verpassen und dann ein weiteres Jahr gebunden sind. Abrechnungen und die Auszahlung von Guthaben werden verzögert und Abschlagszahlungen werden zu hoch berechnet oder während der Laufzeit ohne erkennbaren Grund deutlich erhöht.
Handlungsbedarf
Bei den Vergleichsportalen sieht die Verbraucherzentrale einen erheblichen Verbesserungsbedarf. Sie müssen transparenter und zuverlässiger werden. Lockvogelangebote sowie Bonus- und Vorauskassemodelle haben wegen ihrer Risiken auf den vorderen Plätzen der Portale nichts zu suchen. Zudem muss sichergestellt werden, dass realistische Einsparmöglichkeiten angegeben werden. Nur wenn die Verbraucher schnell und verlässlich die Qualität seines Versorgers einschätzen können, kann sich ein fairer Preiswettbewerb entwickeln und können sich die Vorteile des freien Marktes für Endkunden auszahlen.
Darüber hinaus sollte die Bundesregierung die Bundesnetzagentur in die Pflicht nehmen, ihre Aufsichtsfunktion auch im Bereich der Energieversorgung stärker wahrzunehmen. Dazu gehört es nach Ansicht der Verbraucherzentrale zu prüfen, ob die personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie Zuverlässigkeit von bundesweit agierenden Anbietern gewährleistet ist. So ließe sich einer weiteren Unternehmenspleite mit negativen Auswirkungen auf die Verbraucher frühzeitig vorbeugen.
Eine Beratung dazu ist auch in der Beratungsstelle Ludwigshafen möglich.
Terminvereinbarung 0621/512145
Montag bis Donnerstag 9 bis 17 Uhr und Freitag 9 bis 13 Uhr.