Veröffentlichung des Redebeitrags bei der Ludwigshafener Stadtratssitzung vom 04.03.13
Ein Drittel der Ludwigshafener Kinder mit Migrationshintergrund besucht keinen Kindergarten, während ihre deutschen Altersgenossen nahezu alle den Kindergarten besuchen. Der Hauptgrund hierfür ist darin zu sehen, dass in den Wohnvierteln mit hoher Ausländerdichte – wie z. B. Nord oder Mitte – schlichtweg die entsprechenden Kindergartenplätze fehlen.
Gewiss versucht man das neuerdings nachzuholen: Aber nicht mit der nötigen Intensität – wie ich finde. Und außerdem hat man hier in der Vergangenheit schlicht und ergreifend entsprechende demografische Entwicklungen sträflichst ignoriert. Der Besuch des Kindergartens – gerade für Kinder mit Migrationshintergrund – ist keine Nebensache: Denn ohne Sprache keine Zukunft – keine gute zumindest.
Nun könnte man die Vernachlässigung dieser Kindergartenangelegenheit mit zu hohen Investitionskosten zu entschuldigen versuchen. Aber das Kostenargument zieht nicht immer.
Für die Nachhilfe von Grundschülern mit Migrationshintergrund gab die Stadt Ludwigshafen im vergangenen Schuljahr gerade 20.000 € aus, im vorliegenden sollen es 25.000 € und in den zukünftigen nicht mehr werden: Das ist jedes Jahr die gleiche Leidensgeschichte. 20.000 € oder 25.000 € jährlich das ist ein Witz: Das entspricht gerade zwei Tage Zuschüsse für den Pfalzbau.
Folglich ist es kein Wunder, wenn in Ludwigshafen doppelt so viele Schüler mit Migrationshintergrund wie deutsche Schüler (RLP: 5 % vs. 9 %) die Schule ohne Schulabschluss verlässt und wiederum doppelt so viele Ausländer wie Deutsche arbeitslos sind.
Aber die Stadtspitze interessiert sich dafür nicht wirklich: Zwar hat der Stadtrat unlängst die Empfehlungen des Nationalen Integrationsplanes für Ludwigshafen angenommen, die u. a. eine Erhöhung des Anteiles von Menschen mit Migrationshintergrund bei der Stadt vorsieht. Getan hat sich hier aber überhaupt gar nichts.
Bei einem Ausländeranteil von 20 % und einem Migrantenanteil von 30 % liegt der Ausländeranteil bei den städtischen Beschäftigten nach wie vor bei 5 %. Weder ist die Stadtspitze hier bereit eine entsprechende Migrantenquote im öffentlichen Dienst einzuführen, noch sonst wie sich hier zahlenmäßig festzulegen.
Vor diesem Hintergrund stellen die integrationspolitischen Bekundungen von CDU und SPD nichts als Worte dar.
Ein weiterer Punkt ist das Sozialticket: Unsere Nachbarstädte haben es schon: Mannheim, Heidelberg, Worms. Ludwigshafen aber will das Sozialticket – es würde uns ca. 200.000 € im Jahr kosten – partout nicht einführen. Und der Verweis, dass die ADD das nicht genehmigen würde, ist schlichtweg eine Ausrede – ein Märchen: Die ADD ist kein Roboter, mit ihr kann man reden, aber in Sachen Sozialticket versucht man es erst gar nicht.
Vor diesem Hintergrund sind die Anstrengungen unserer OB, einkommensstarke Personen nach LU zu locken, zu einseitig, weil sie ein Interesse für die schwächeren in unserer Gesellschaft sichtlich missen lassen. Übrigens: 200.000 € gibt die Stadt in zwei Tagen für ihre Kreditzinsen aus.
Und Übrigens: Die Georgens-Förderschule, die erst vor paar Monaten eingeweiht wurde, hat 8 Mio. € gekostet. Ihr Bau wurde von der Rheinpfalz vom 22.02.13 als Fehlinvestition bezeichnet. Weil nämlich Förderschulen gegen das Inklusionsprinzip der UN-Behindertenrechtskonvention verstoßen und deshalb abgeschafft werden müssen.
DIE LINKE bzw. ich haben damals – das war in der ersten Sitzung der aktuellen Legislaturperiode – vor dieser Fehlinvestition gewarnt. Doch DIE LINKE wurde damals einfachhin lautstark übertönt, allen voran von der SPD-Stadtspitze, nämlich vom Kämmerer Zeiser und vom Sozialdezernenten Van Vliet.
Aus welchen undurchsichtigen Gründen auch immer hat damals der Stadtrat diese 8-Mio.-€-Fehlinvestition beschlossen. Mit 8 Mio € könnte man in Ludwigshafen 40 Jahre lang ein Sozialticket finanzieren: Aber Misswirtschaft und Unwille verunmöglichen das offenbar.
Und apropos Misswirtschaft: Jetzt will man bei der TWL tatsächlich 10 % der Belegschaft reduzieren! Hierbei schreibt die TWL eigentlich schwarze Zahlen, wenn man berücksichtigt, dass sie jährlich 15 Mio. für die Defizite im öffentlichen Nahverkehr aufbringt. DIE TWL ist mit ihrem aktuellen Restrukturierungsprogramm auf dem besten Wege, kaputtgespart zu werden. Die Stadt Ludwigshafen, alle Verantwortlichen und vor allem die OB Dr. Lohse seien an dieser Stelle eindringlich gebeten dieser Milchmädchenrechnung – weniger Personal = mehr Gewinn – nicht zu folgen.
Ludwigshafen ist mit ihrem Gewerbesteuersatz von 375 Punkten Schlusslicht unter den deutschen Großstädten. Eine Anhebung auf 400 Punkte wäre eine für alle Parteien vertretbare Größe, die Ludwigshafens Lage merklich verbessern würde.
Der aktuelle Haushaltsplan ist suboptimal, einseitig und berücksichtigt die sozialen Belange der Ludwigshafener nicht wirklich. Deshalb werde ich diesen Haushaltsplan ablehnen müssen.