Landrat Brechtel: Reform des Kommunalen Finanzausgleich bringt für Kommunen keine spürbare Entlastung – Land bietet nur Bruchteil der festgestellten Finanzierungslücke an

„Die von der Landesregierung aktuell vorgestellten Einzelheiten zur Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs sind bei näherer Betrachtung nicht mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf dem heißen Stein. Von einer signifikanten Verbesserung der Finanzausstattung kann allenfalls bei Teilaspekten gesprochen werden“, so Landrat Dr. Fritz Brechtel.

Nach Meinung von Finanzexperten klafft bei den Kommunen eine strukturelle Deckungslücke zwischen 900 Mio. Euro und 1,4 Mrd. Euro. Im Vergleich zum aktuellen Landesfinanzausgleichsgesetz, das massiv vom Verfassungsgerichtshof beanstandet wurde, erhalten die Kommunen nur rund 50 Mio. Euro pro Jahr „frisches Geld“ mehr. Alle weiteren Beträge zu den angekündigten 490 Mio. Euro Entlastung wären auch ohne diese Neuregelung in die Kommunen geflossen. Landrat Brechtel: „Wenn man bedenkt, dass die jährliche Finanzlücke rund 1 Milliarde beträgt, dass aber das Land nur 5 % dieser Summe, nämlich 50 Millionen Euro, den Kommunen neu zuschießen will, erkennt man, wie ungenügend das aktuelle Angebot des Landes ist.“

Die Situation ist vergleichbar mit einem Bäcker, der für seine Leistung, z.B. ein Brot, 1 Euro fordert, von seinem Kunden aber nur 5 Cent angeboten erhält. „Unter solchen Bedingungen kann weder ein Bäcker existieren, noch die Kommunen“, so Landrat Brechtel. „Die Kommunen erbringen für das Land wichtige gesetzliche Leistungen. Dafür hat das Landesverfassungsgericht vom Land in seinem Urteil auch die entsprechende finanzielle Unterstützung eingefordert. Der angebotene Beitrag des Landes wird dem auch nicht ansatzweise gerecht.“

Die Finanzausstattung des Landkreises Germersheim soll nach Probeberechnungen im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr im Jahr 2014 um 3,3 Mio. Euro und im Jahr 2015 nochmals um weitere 3,2 Mio. Euro ansteigen. „Bei dieser scheinbar verbesserten Finanzausstattung ist allerdings zu berücksichtigten, dass in diesen Beträgen Mittel für Aufgaben abgegolten werden, die man vorher dem Landkreis bereits entzogen hat bzw. die ihm nach den Regelungen des Konnexitätsausgleichs ohnehin zustehen“, erklärt der Kämmerer des Landkreises Germersheim, Richard Fuchs.
So entfallen dem Kreis ab 2013 die Einnahmen für die Verfolgung und Ahndung straßenverkehrsrechtlicher Ordnungswidrigkeiten (Bußgelder) in Höhe von rd. 400.000 Euro jährlich. Dazu lässt das Land die hohen Belastungen der Kommunen aus den aufgelaufenen Kassenkrediten, die beim Landkreis Germersheim rund 60 Mio. Euro betragen, ganz außen vor. Die daraus resultierenden Zinsaufwendungen von 1,2 Mio. Euro bleiben bestehen. Auch die Finanzierung von Versorgungslasten und Unterhaltungsstaus bei Gebäuden oder die dringend notwendigen Investitionen in die Infrastruktur (Schulen, Straßen etc.) werden nicht berücksichtigt.

Landrat Brechtel hält es für besonders bedauerlich, dass sich das Land an den Betriebskosten im Bereich der Kindertagesstätten und der Kinderbetreuung auch künftig nur mit rund 10 % außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs beteiligen will. Den Großteil der Finanzlasten trägt hier die kommunale Familie im Rahmen des bestehenden Kommunalen Finanzausgleichs mit rund 267 Mio. Euro bereits jetzt schon alleine.

„Da die Abgeltung der Belastungen bei der Sozial- und Jugendhilfeaufwendungen in den Finanzausgleich einbezogen werden, entwickelt sich dieser immer mehr zu einem Verschiebebahnhof, so dass die vom VGH geforderte Transparenz des Finanzausgleichs weiter abnimmt“, betont Brechtel. Die kommunalen Spitzenverbände hatten hier gefordert, dass die Abgeltung von Soziallasten vollständig außerhalb des Finanzausgleichs in transparenter Form geschieht. „Die zusätzlich vom Land bereitgestellten 50 Mio. Euro können angesichts der aktuellen Defizite der Kreise und Städte im Sozialbereich von rund 1,7 Mrd. Euro nicht als spürbarer Beitrag im Sinne des VGH-Urteils betrachtet werden. Im Gegenteil, alles andere muss aus den bisherigen Finanzausgleichsmitteln finanziert werden. Diese Umetikettierung kommunaler Mittel führt zu erheblichen Verwerfungen unter den Gebietskörperschaftsgruppen“, so Brechtel weiter. Folge ist eine massive Benachteiligung des ländlichen Raums (2014/15 Entlastung kreisfreie Städte um 66 bzw. 105 Euro/Ew, Landkreise um 37 bzw. 64 Euro/Ew, Landkreisbereich gesamt 39 bzw. 74 Euro/Ew).

Darüber hinaus werden bisher im Landeshaushalt veranschlagte Zahlungen (z. B. Bezirksverband, Maßnahmen der Arbeitsförderung) in den Finanzausgleich integriert, was einen Zuwachs der Finanzausgleichsmasse suggeriert, dem aber letztlich kein Euro zusätzlich in den Kassen der Kommunen gegenübersteht.

„Alles in allem fällt eine erste Einschätzung des Gesetzesentwurfs sehr ernüchternd aus“, fasst Brechtel zusammen, „denn, dass dem Land entgegen aller Beteuerungen genügend Sparpotential zur Verfügung steht, hat der Rechnungshof erst dieser Tage wieder in seinem Jahresbericht 2013 aufgezeigt. Als betroffene Gebietskörperschaft erwarte ich im Interesse aller rheinland-pfälzischen Kommunen vom Land eine deutliche Korrektur des Kommunalen Finanzausgleichs nach oben!“