Büchenbeuren, Hahn – Das Gesetzesvorhaben zum Transparenzgesetz und die Rolle der Polizei in unserer Gesellschaft waren nur einige Facetten die am Themennachmittag “Bürgerpolizei” zur Sprache kamen. Die Resonanz war sehr gut und der Seminarpavillon mit über 70 Zuhörern gut gefüllt.
Das Motto „Bürgerpolizei vs. Polizei light“ wurde bei der Einladung bewusst provokant gewählt. Hintergrund ist das Selbstverständnis des Fachbereichs eine enge Verzahnung von Praxis und Lehre zu gewährleisten sowie als zentrale Bildungseinrichtung der rheinland-pfälzischen Polizei eine Plattform für den übergreifenden Austausch anzubieten.
Fachbereichsleiter Friedel Durben war es ein Herzensanliegen, die Begrüßung der Gäste selbst vorzunehmen.
„Bürgerbeteiligung als Instrument zur Stärkung der Zivilgesellschaft wird zunehmend als Form kooperativer Demokratie gesehen“ führte er einleitend aus.
Die Landesregierung Rheinland-Pfalz hatte bereits im Jahr 2009 mit dem Informationsfreiheitsgesetz (Informationsweitergabe auf Antrag) einen ersten Impuls in Richtung Transparenz der öffentlichen Verwaltung gesetzt.
Mit dem für Mitte dieses Jahres geplanten und deutlich weitergehenden Transparenzgesetz übernimmt Rheinland-Pfalz neben Hamburg eine Vorreiterrolle auf dem Weg zum transparenten staatlichen Handeln.
Bürger werden dann in vielen Fällen automatisch Zugang zu amtlichen Schriftstücken erhalten (ohne eigenen Antrag). Durben stellte fest, dass diese proaktive Bereitstellung von Informationen auch das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an politischen Entscheidungen wecken und damit verbunden die Demokratie gestärkt werden soll.
LKD Peter Wilkesmann, Referent im Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz, schilderte im Anschluss die Vorbereitung des Gesetzgebungsverfahrens zum Transparenzgesetz aus ministerieller Sicht sowie die Auswirkungen für die Polizei. Polizeirat Christian Hamm, Dozent im Fachgebiet Einsatzlehre, stellte wesentliche Ergebnisse seiner im letzten Jahr an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster vorgelegten Masterarbeit zum Thema „Bürgerbeteiligung und Polizei. Chancen, Risiken und Grenzen einer lokalen Beteiligung“ vor.
Hamm führte aus, dass der Begriff Bürgerpolizei nicht legal definiert sei. Befürworter sehen in ihr eine transparente, den Bürgerinteressen zugewandte Polizei, die als kommunaler Netzwerker mit lokalen Partnern kooperiert. Kritiker hingegen sehen in ihr eine „Polizei light“, die ihre Rolle als Exponent des Gewaltmonopols nicht mehr hinreichend ausfüllt. Im Verlauf seines kurzweiligen Vortrags stellte Hamm dar, dass mit Hilfe einer Bürgerbeteiligung auf der Ebene von umfassender Information und lokaler Konsultation der Bürgerinnen und Bürger sowohl die Aspekte der Befürworter umgesetzt werden können, ohne dabei die zugewiesene Rolle des Gewaltmonopolisten zu vernachlässigen.
„Die Polizei muss die konträren gesellschaftlichen Erwartungen zwischen Freiheit und Sicherheit durch eine „selbstbewusste sowie erklärende und Konflikt moderierende Rolle“ ausbalancieren und sich wieder stärker auf die ursprüngliche Rolle des „Schutzmannes“ statt des ausschließlichen „crime-fighters“ besinnen“, führte Hamm aus.
Der partnerschaftliche Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern biete die Chance eines Legitimations-, Akzeptanz- und Vertrauensgewinns. Hierzu bedarf es einer direkten, aufrichtigen und authentischen Kommunikation, um die hohe Glaubwürdigkeit der Polizei als „Faustpfand für die tägliche Arbeit“ zu bewahren. Eine Philosophie des „Erklären Wollens“ statt eines „Erklären Müssens“ sei hier aus Sicht Hamms der entscheidende Schlüssel. Hierzu gehört auch, dass Grenzen einer Beteiligung klar und offen kommuniziert werden müssen. Einflussnahmen, die zu Grundrechtseingriffen Dritter führen, sind ebenso ein Tabu wie das Legalitätsprinzip und der daraus resultierende Strafverfolgungszwang.
Peter Wilkesmann schilderte sehr anschaulich seine Erfahrungen aus der Arbeitsgruppe Recht, die unter Federführung des Innenministeriums in einem einjährigen Prozess den Referentenentwurf zum Transparenzgesetz ausgearbeitet hat. Neu ist hierbei insbesondere die zweite Säule, die eine „Veröffentlichungspflicht“ neben der „Auskunftspflicht“ auf Antrag (1. Säule) festschreibt. Sollte dieser Entwurf tatsächlich zur Umsetzung kommen, bleiben Informationen, die den Kernbestand und die Funktionsfähigkeit des Staates betreffen, allerdings weiterhin durch Ausnahmetatbestände (entgegenstehende Belange) geschützt. Die vielfach geäußerte Befürchtung, dass die Innere Sicherheit durch eine zu große Transparenz gefährdet sei, sah Wilkesmann als unbegründet an. Rechte Dritter, Gefahrenabwehraspekte sowie Daten aus Strafverfahren blieben von der Neuregelung unberührt, so dass sich für die Polizei in ihrem „Kerngeschäft“ nicht viel ändern wird.
Wilkesmann wies allerdings auch auf die Chancen des Transparenzgesetzes und der daraus resultierenden Transparenzplattform hin. Ein Mehr an Transparenz biete immer auch mehr Rechtsstaatlichkeit durch demokratische Kontrolle sowie Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns. Im Ergebnis führe dies zu einer Stärkung unserer Demokratie. Darüber hinaus könnte die dann neu geschaffene Transparenzplattform als geeignetes Mittel für eine unmittelbare Bürgerbeteiligung genutzt werden.
„Die zunehmende Unsicherheit der Kolleginnen und Kollegen auf der Straße, angesichts immer neuer Vorstöße aus dem politischen Raum unser Handeln jedermann öffentlich nachvollziehbar zu machen“, war ein Aspekt der in der abschließenden sehr lebhaft geführten Diskussion zur Sprache kam. Darüber hinaus wurden Fragen nach den zusätzlichen Aufwänden laut, da die Studierenden bereits in ihren Praktika die Erfahrung gemacht haben, dass die Polizei vor ständig neuen Herausforderungen steht. Grundtenor der Besucher war, dass ein Blick auf die Rolle der Polizei in unserer Gesellschaft sehr spannend und wichtig ist, um auch ein „gesundes Berufsbild entwickeln zu können und seine verantwortungsvolle Rolle mit Abschluss der Ausbildung und Ernennung zum Polizeikommissar auch ausfüllen zu können“.