Am 19. März 1911 fand der Internationale Frauentag zum 1. Mal in Deutschland statt, zentrale Forderung war das Frauenwahlrecht. Mittlerweile gilt dieser Aktionstag am 8. März als wichtiges Datum, um weltweit auf die Rechte der Frauen und ihre Gleichstellung in Politik und Gesellschaft aufmerksam zu machen. Ins Leben gerufen wurde er maßgeblich von Frauen innerhalb der Arbeiterbewegung und namentlich von der sozialistischen Politikerin Clara Zetkin. Auch ihre Rolle wird in der Großen Landesausstellung „Durch Nacht zum Licht? Geschichte der Arbeiterbewegung 1863 – 2013“ gewürdigt, die noch bis zum 25. August im Mannheimer TECHNOSEUM zu sehen ist.
So ist in der Schau unter anderem „Die Frau und der Sozialismus“ von August Bebel aus dem Jahr 1879 zu sehen – eine der meistgelesenen Schriften der damaligen Zeit, die noch zu Bebels Lebzeiten in die 52. Auflage ging. Sie bildete die theoretische Grundlage für die proletarische Frauenbewegung. Bebel zufolge waren Frauen in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem doppelt benachteiligt – zum einen aufgrund ihres Geschlechts, zum anderen aufgrund ihrer Klassenzugehörigkeit.
„Diese Publikation unterstreicht nicht zuletzt die Vorreiterrolle, die die SPD seit 1891 im Kampf für das Frauenwahlrecht einnahm“, so Dr. Horst Steffens, Projektleiter der Sonderausstellung am TECHNOSEUM. „Veranstaltungen wie der Internationale Frauentag führten nicht nur zu einer stärkeren Organisation der Arbeiterinnen, sondern sorgten auch für starke Mitgliederzuwächse bei den Sozialdemokraten.“ So wuchs die Zahl der weiblichen Mitglieder zwischen 1910 und 1911 um über 25.000, die von Zetkin herausgegebene sozialistische Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“ verzeichnete im selben Zeitraum fast 10.000 neue Abonnentinnen. Damit war sie die wichtigste überregionale Plattform der proletarischen Frauenbewegung.
Doch nicht nur Zetkin, sondern auch Rosa Luxemburg, Luise Zietz, die erste Frauensekretärin im SPD-Parteivorstand, oder Emma Ihrer, die erste Frau in der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands, prägten die Frauen- und Arbeiterbewegung gleichermaßen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg die Zahl der Fabrikarbeiterinnen kontinuierlich an, viele Arbeiten etwa in der Textilindustrie oder in den Nähereien wurden vor allen von weiblichen Arbeitskräften ausgeführt.
Für sie standen die Verbesserung der harten Arbeitsbedingungen und die im Vergleich zu den männlichen Kollegen weitaus schlechtere Bezahlung sowie Arbeiterinnen- und Mutterschutz im Mittelpunkt. Die Ausstellung im TECHNOSEUM thematisiert dies anhand des Streiks der Crimmitschauer Textilarbeiterinnen im Jahr 1904, bei dem die Einführung des 10-Stunden-Tags gefordert wurde.
Dieser Streik gehörte zu den längsten Arbeitskämpfen seiner Zeit und musste nach fünf Monaten ergebnislos abgebrochen werden. Die breite Solidarität innerhalb der Arbeiterschaft stärkte jedoch das Selbstvertrauen der Arbeiter, nicht zuletzt der weiblichen.
Der lange Weg bis zur Gleichstellung
Mit der Gründung der Weimarer Republik erhielten Frauen 1918 das aktive und passive Wahlrecht. An den Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung beteiligten sich 78 Prozent der wahlberechtigten Frauen, immerhin 9,6 Prozent der Abgeordneten waren weiblich. Eine zentrale Forderung der Frauenbewegung war erfüllt. Weitere Ansinnen, wie etwa der Wunsch nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit, waren jedoch noch immer nicht umgesetzt – und sind es bis heute nicht.
Verdienen Frauen heute im europäischen Durchschnitt etwa 15 Prozent weniger als Männer, sind es in Deutschland sogar gut 20 Prozent. Nicht zuletzt: Die Bedingungen, unter denen viele Arbeiterinnen im 19. Jahrhundert tätig waren, gibt es auch heute noch – wenn auch nicht in Deutschland. In der Schau ist hierzu eine so genannte Maquiladora aus Mexiko zu sehen – so werden Produktionsstätten genannt, die in Billiglohnländern unter anderem günstige Kleidung für den Weltmarkt herstellen. Dort sitzen wie einst vor 100 Jahren in Deutschland erneut vor allem Frauen an den Nähmaschinen. Hierzulande zeigen aktuelle Debatten beispielsweise über die „Gläserne Decke“ und die „Herdprämie“, dass die Rolle der Frau in der Arbeitswelt nach wie vor ein kontrovers diskutiertes Thema ist.
Gelegentlich wird bei der Auseinandersetzung um die Frauenquote die Frau durchaus auch als Konkurrentin des Mannes um einen Arbeitsplatz dargestellt – ein Argument, dass bis 1891 auch noch innerhalb der SPD verfochten wurde. Grund genug, um auch heute noch den Internationalen Frauentag zu begehen und seine Ziele nicht aus dem Blick zu verlieren.
Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März lädt das TECHNOSEUM zu einem Vortrag ins Auditorium. Prof. Dr. Sylvia Schraut von der Universität der Bundeswehr in München referiert über „Die Geschichte des Internationalen Frauentags zwischen Arbeiterbewegung, Feminismus, Traditionsstiftung und Ritual“. Beginn ist um 18.00 Uhr, der Eintritt ist frei.
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