Der Schutz und die Pflege der Bäume im Stadtgebiet haben in Heidelberg einen hohen Stellenwert. Das Landschafts- und Forstamt der Stadt Heidelberg arbeitet mit hohem Aufwand daran, die Stadtbäume gesund zu erhalten. Zahlreiche negative Faktoren machen diese Aufgabe zur Herausforderung.
Die Bäume haben unter anderem mit den Auswirkungen der Klimaveränderung, mit Pflanzenkrankheiten und Schädlingen und mit lokalen Veränderungen der Standorte durch den „Faktor Mensch“ zu kämpfen.
Viele Faktoren bestimmen die Wuchsbedingungen der Stadtbäume
Die Wuchsbedingungen der Bäume im Stadtgebiet werden von vielen Faktoren bestimmt, die nur teils durch das menschliche Einwirken zu beeinflussen sind und teils außerhalb dieses Einflussbereichs liegen. Die Vielfalt der Faktoren bedingt, dass für den entsprechenden Einzelfall immer wieder individuelle Lösungen gesucht werden müssen. Die Vitalität von Stadtbäumen hängt ab von der Baumart, dem Baumalter, dem Standort und der Baumpflege.
Baumart: Baumkataster mit mehr als 46.400 Bäumen
In Heidelberg gibt es derzeit rund 46.400 Stadtbäume, die im Baumkataster verzeichnet sind. Sie gehören zu 85 Baumgattungen und kommen unterschiedlich oft vor. Auf den Plätzen 1 bis 10 der am häufigsten vorkommenden Gattungen stehen Ahorn, Kirsche, Hainbuche, Linde, Platane, Fichte, Buche, Eiche, Birke und Apfel. Der Großteil sind einheimische Arten. Zu den Exoten, die in Heidelberg wachsen, zählen unter anderem Platane, Rosskastanie, Tulpenbaum, Hemlocktanne und Ginkgo.
Baumalter: überdurchschnittlich hoch
In Heidelberg haben die Stadtbäume ein überdurchschnittlich hohes Alter, da kriegsbedingte Baumverluste hier deutlich seltener vorkamen als in vergleichbaren Städten. Die alten und damit in der Regel starken Bäume erreichen in Heidelberg allerdings zunehmend ein Alter und damit einen Gesundheitszustand, in dem sie nur noch unter hohem Aufwand verkehrssicher unterhalten werden können. Da diese Bäume aber sehr häufig stadtbildprägend sind, wägt das Landschafts- und Forstamt Entscheidungen zur Fällung sehr vorsichtig ab. Ersatzpflanzungen benötigen etliche Jahrzehnte, bis die entstandene Lücke geschlossen ist.
Veränderung der natürlichen Standortverhältnisse
Die Auswirkungen der Klimaverschiebungen führen mittel- bis langfristig zu veränderten Wuchsbedingungen für die Bäume. Dies betrifft bei den vorhandenen Bäumen vor allem solche, die ohnehin unter schwierigen Verhältnissen wachsen. Bereits durch minimale weitere Standortverschlechterungen können die Bäume absterben. Bei Ersatz- oder Neupflanzungen muss das Landschafts- und Forstamt deshalb Klimaveränderungen und die Standortverträglichkeit berücksichtigen.
Pflanzenkrankheiten und Schädlinge
Mit zunehmendem Alter treten Pflanzenkrankheiten und Schädlinge auf, die teilweise gravierende Folgen für die Baumvitalität und -stabilität haben. Eine Auswahl:
- Pilze der Gattung Phythophtora (griechisch: „Pflanzenzerstörer“): Sie sind sehr aggressiv und verursachen bei den verschiedensten Baum- und Straucharten unter anderem Kronentransparenz und einen hohen Totastanteil. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zum Absterben der Krone.
- Massaria: Die Massariakrankheit ist eine Pilzerkrankung, die ältere Platanen befällt. Wegen der großen Bedeutung der Platane als Straßen- und Stadtbaum ist die Krankheit ein ernstzunehmendes Sicherheitsproblem: Selbst starke Äste können innerhalb von drei bis sechs Monaten spontan abbrechen. Unter besonderer Beobachtung stehen die Platanen am Tiergartenschwimmbad.
- Miniermotte: Bei durch die Kastanienminiermotte befallenen Rosskastanien kommt es zu einem sogenannten „frühzeitigen Herbst“. Die Larven des Falters bohren sich in die Blätter, die dadurch schon im Sommer welken.
- Eichenprozessionsspinner: Die Raupen ernähren sich von den Blättern ihrer Wirtsbäume (Eichen), die durch den Befall in der Regel nicht absterben. Dennoch hat sich der Falter in den vergangenen Jahren zu einem der kritischsten Schädlinge im Stadtgebiet entwickelt: Die Brennhaare der Raupen können beim Menschen sehr schwerwiegende allergische Reaktionen auslösen. Dies schränkt die künftige Verwendung der Eiche stark ein.
- Eschenbaumschwamm: Dieser aggressive Fäuleerreger dringt über Verletzungen in das Holz ein. Die Zersetzungstätigkeit beeinträchtigt die Standsicherheit erheblich. Bevorzugt befallen werden Robinien; in Heidelberg sind viele dieser Bäume befallen. Besonders sichtbar ist dies am Czernyring.
Lokale Veränderungen der Baumstandorte durch den „Faktor Mensch“
- Wurzeln: Der Ausbau des Netzes der Versorgungsleitungen für Wasser, Abwasser, Energie und Telekomunikation schränkt den Wurzelraum der Stadtbäume langsam, aber ständig fortschreitend ein. Es wird versucht, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, indem man die Arbeiten am Leitungsnetz durch vielfältige Maßnahmen zum Schutz der Stadtbäume begleitet. Auch der Ausbau der Straßen und erhöhte Ausbaustandards schränken den Wurzelraum weiter ein, wenn nicht permanent darauf geachtet wird, dass im Zusammenspiel der verschiedenen Ansprüche an den Straßenausbau die Stadtbäume entsprechend berücksichtigt werden.
- Substrat: Im beengten städtischen Raum, in dem es fast immer an Platz mangelt, können Bäume im Regelfall nicht in natürlichen Boden gepflanzt werden. Dieser ist meist so verändert und verdichtet, dass ein gesundes Baumwachstum nicht mehr möglich ist. Um Bäume dennoch pflanzen zu können, ist es notwendig, sogenannte Industriesubstrate zu verwenden, die den Baum gedeihen lassen. Für die Bäume ist dies bestenfalls eine Kompromisslösung, die zu Lasten des Wachstums geht und die über das gesamte Baumleben höheren Pflegeaufwand erfordert. Andererseits wären zahlreiche Baumstandorte im Straßenraum bei Verzicht auf technische Substrate nicht mehr realisierbar.
- Kronen: Der Kronenraum von Stadtbäumen wird häufig durch die Nähe zur Bebauung, durch Sicherheitsabstände zu Oberleitungen sowie durch Erfordernisse der Verkehrssicherheit beschränkt. Um den vielfältigen Ansprüchen gerecht zu werden, werden mitunter bestimmte Schnittformen gewählt, die dann über das ganze Baumleben zu erhalten sind. Zum Beispiel werden die Linden in der Rohrbacher Straße in „Schnurform“ geschnitten. Diese „Schnurlinden“ müssen in regelmäßigen Abständen wieder in Form geschnitten werden. Äußerst schwierige Bodenverhältnisse und sehr geringe Abstände zu den Hausfassaden haben keine Alternativen zu dieser sehr unterhaltungsintensiven Variante zugelassen.
Oft keine Großbäume mehr möglich
An zahlreichen Standorten sind keine Großbäume mehr möglich. Ein Beispiel dafür ist der Friedrich-Ebert-Platz in der Altstadt. Durch die Tiefgarage unter dem Platz ist der Wurzelraum in einer Tiefe von 1,50 Meter abgeriegelt. Auch wenn ein Baumwachstum bei einer Substratauflage möglich ist, haben es Bäume – egal welcher Art und welcher Größe – unter solch extremen Bedingungen sehr schwer. Ein annährend natürliches Baumwachstum ist unter solchen Verhältnissen nicht möglich.
Drei Baumkontrolleure überwachen den Bestand
Am wichtigsten für den Erhalt eines sicheren Baumbestands ist ein zuverlässiges Baumkontrollsystem. Den rechtlichen Vorgaben entsprechend überprüfen Mitarbeiter des Regiebetriebs Gartenbau des Landschafts- und Forstamtes die Stadtbäume jährlich einmal in belaubtem und in unbelaubtem Zustand. Im Jahr 2011 waren zwei Mitarbeiter nahezu ausschließlich als Baumkontrolleure eingesetzt, derzeit sind es drei. Mit der Baumpflege sind sieben Mitarbeiter beschäftigt.
13,75 Euro jährlich pro Baum
Insgesamt sind im Jahr 2011 für die Baumpflege einschließlich der Verkehrssicherungen und Nachpflanzungen im Stadtgebiet 638.000 Euro aufgewendet worden; dies entspricht einem Aufwand von 13,75 Euro je Baum. An externe Firmen hat die Stadt 2011 Aufträge in Höhe von 119.000 Euro vergeben. Mittelfristig wird der Bedarf weiter ansteigen, da unter den aufgezeigten Bedingungen davon auszugehen ist, dass der Pflege- und Ersatzbedarf durch die Alterung des Baumbestandes überproportional ansteigen wird – auch aufgrund der Bemühungen, alte Bäume möglichst lange zu erhalten.