Vor über 30 Jahren – es war im Jahr 1979 – zog Kurt Beck als junger Abgeordneter mit Schlaghose und Lederjacke in den rheinland-pfälzischen Landtag ein. Fast 18 Jahre war er Ministerpräsident. "König Kurt" nannten ihn deshalb manche Kritiker. Spätestens seit der Affäre um den Nürburgring und das dortige überambitionierte Projekt eines Freizeitparks wurde die politische Luft für Beck zunehmends dünner. Es spricht für sein politisches Geschick, dass er seinen Abschied aus dem Amt mit einem genialen taktischen Schachzug vollzieht. Ab heute heißt es "Frau gegen Frau". Beck macht der Opposition, vor allem in Gestalt Julia Klöckners, ein kerniges Abschiedsgeschenk.
Von 1994 bis 2013 war Kurt Beck Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Fünfmal konnte er die Wahlen für sich entscheiden. Während sich Kohl, Schröder und Merkel an der Spitze Deutschlands abwechselten, wurde er als volksnaher Landesvater zum am längsten amtierenden Regierungschef.
"Wer arbeitet, macht auch Fehler. Mir tut das leid." Viel näher ging Beck in seiner Rede nicht auf die mutmaßlichen Gründe seines Abschieds aus dem Amt ein. Maßstab seiner Arbeit sei immer die Frage gewesen: "Wie sozial gerecht, wie durchlässig ist unsere Gesellschaft?", betonte Beck. Sein Blick zurück galt politischen Weggefährten, der Zusammenarbeit mit Kirchen, Kultusgemeinden und engagierten Gruppen. In Rheinland-Pfalz herrsche ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Dies sei bei Gründung des Bundeslandes 1947 nicht vorhersehbar gewesen und von vielen auch nicht erwartet worden. Wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch sei das Land nun fest etabliert "im Reigen der Bundesländer und europäischen Regionen".
Seine Nachfolgerin und Becks Wunschkandidatin, Malu Dreyer, ist nun die erste Frau an der Spitze von Rheinland-Pfalz. Zwar stimmte die Opposition geschlossen gegen Dreyer, mit 60 Ja-Stimmen von SPD und Bündnis90/Die Grünen erreichte sie dennoch problemlos die notwendige einfache Mehrheit.
In ihrer ersten Rede als Ministerpräsidentin dankte sie Beck für seinen langjährigen Einsatz und nannte ihn einen "Glücksfall für das Land". Sie betonte ihren Willen zu einer offenen und konstruktiven Zusammenarbeit mit allen Fraktionen. Nicht die Herkunft, sondern der Wert und der Nutzen für das Land sei bei einer Idee entscheidend.
Unmittelbar nach der Vereidigung nahm Dreyer ihre erste Amtshandlung vor. Sie ernannte Staatsekretär Alexander Schweitzer zum Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie. Der 39-jährige Schweitzer ist fortan der jüngste Minister im Kabinett.
Am Nachmittag übergab Kurt Beck sein Büro offiziell an seine Nachfolgerin. Im Festsaal der Staatskanzlei ist für den Abend eine Feierstunde für den ab heute ehemaligen Ministerpräsidenten geplant.