Wenn der Gorilla in Theben Charleston tanzt

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Eine heitere Flucht aus dem anstrengenden Alltag wollten die siebzehn Musiker und drei Solisten des Schellack-Orchesters den Zuhörern bieten. Dies gelang gleich auf zweifache Weise: Durch die musikalische Zeitreise in die frühen Tage des Schlagers und durch die treffsichere Auswahl der Lieder mit überwiegend humorvollen und lebens- wie gefühlsechten Texten.

Die Zeit, in der der Schlager noch einen anderen Stellenwert hatte als heute, hat zweifellos ihre Anhänger. Der Saal war rasch ausverkauft, sodass noch zusätzliche Sitzgelegenheiten herbeigeschafft wurden.

Bei der Konzertreihe „So um 5“ der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz geht es auch nicht immer so leicht und beschwingt zu. Bei nachmittäglichen Ausflügen in die E-Musik blieben manchmal auch – oft zu unrecht – einige Reihen der Philharmonie leer. Beim Schellack-Orchester aber war das Haus gut besucht. Leichte Muse mit Niveau scheint doch der wahre Balsam für die meisten musikalischen Seelen zu sein.

Im Publikum saß denn auch nicht der Durchschnittszuschauer des Zweiten Deutschen Fernsehens. Die 20er und 30er Jahre haben ihre Anhänger auch in jüngeren Generationen. Längst kann man sich wieder  – auch hier in der Region – zum Charleston treffen, längst gibt es Fachgeschäfte für stilechte Kleidung und auch Friseursalons bieten die Frisuren jener Zeit, die wirtschaftlich so schwer und künstlerisch so leicht und überaus geistreich war.

Das Schellack-Orchester formte Orchesterstücke und Gesangstitel zu einer bunten kurzweiligen Revue. Der Cellist Friedrich Martin Voigt gab als Moderator den witzigen Frechdachs, der mit dem nötigen Hintergrundwissen die Gassenhauer jener Zeit unterhaltsam einzuordnen wusste.

Die Gesangssolisten, Elsbeth Reuter, Ilona Christina Schulz und der „Golden Boy“ Franz Zimnol intonierten die Stücke nicht nur auf für sie gewohnt hohem Niveau; mit wilden Kostümwechseln und Tanzeinlagen sorgten sie auch für die nötige stilechte Anmutung. Hätte das Publikum mehr Mut zu einem Tänzchen gehabt, hätte es mehr Spirituosen gegeben, die Zeitreise in einen Tanzpalast der 20er wäre vollends vollbracht gewesen.

Das Repertoire griff die großen Nummern der Vorkriegsjahre auf. Launische Lieder wie „Mein Gorilla hat 'ne Villa im Zoo“, „In der Bar zum Krokodil“ oder ich „Ich tanz‘ mit Fräulein Dolly Swing“ wechselten sich mit großen Gefühlen wie einst bei Zara Leander ab.

In Solo-, Duett- und Terzettnunmmern buhlten die beiden Damen um die Gunst von Franz Zimnol. Ähnlich dem großen Heinz Rühmann ist es auch ihm vergönnt, die Herzen der stolzesten Frauen zu brechen – und jener der Herren gleich mit.
Man konnte es wieder einmal bestätigt sehen. Ein Mann muss Klavier spielen können oder eben singen, dann macht er, ob im Frack oder im albernen Badeanzug, immer eine gute Figur.

www.schellack-orchester.de, www.staatsphilharmonie.de