Welche Gemeinsamkeiten haben die bayerische Gemeinde Reichenschwand und die hessische Gemeinde Mörlenbach? Beide Orte ersticken im Verkehr, so dass sich die zuständigen Behörden gezwungen sahen, Umgehungsstraßen in Angriff zu nehmen. In beiden Fällen wurden Trassenführungen durch die freie Landschaft geplant. In Reichenschwand wurde der Planfeststellungsbeschluss bereits 2002 getroffen, in Mörlenbach steht er unmittelbar bevor. Nun kommt der Unterschied: Während man in Mörlenbach an einer offenen Trasse quer durch die Landschaft festhält, haben sich die Straßenplaner in Reichenschwand dazu entschlossen, die Planung fallen zu lassen und stattdessen eine Tunnellösung ins Auge zu fassen.
Der BUND-Ortsverband Mörlenbach lobt den ausgesprochenen Weitblick und den Mut des Staatlichen Bauamts in Nürnberg und regt die Planer von Hessen Mobil an, diesem positiven Beispiel zu folgen. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Kostenschätzungen der bayerischen Straßenplaner für den rund 1,5 Kilometer langen Tunnel und die Anbindungen von je 500 Metern, die bei nur rund 42 Mio. Euro liegen. Hessen Mobil veranschlagt dagegen mehr als das Doppelte dieser Summe für eine Untertunnelung Mörlenbachs, obwohl die Abmessungen in etwa gleich sind und der Untergrund für Tunnelbauten, wie die Ergebnisse der Probebohrungen bereits in den Raumordnungsunterlagen belegen, bestens geeignet ist. Der BUND sieht sich deshalb durch das Oberbauamt Nürnberg in seiner Skepsis gegenüber den haushoch überzogenen Kostenschätzungen von Hessen Mobil bestätigt.
Dass die Kosten für eine Untertunnelung Mörlenbachs von Hessen Mobil viel zu hoch angesetzt sind, zeigt auch das Beispiel des derzeit im Bau befindlichen Branich-Tunnels in Schriesheim, der rund 1,8 Kilometer lang ist und eine Gesamtstrecke der Straßenbaumaßnahme von rund 3,3 Kilometern mit drei Wirtschaftswegebrücken und zwei Unterführungsbauwerken aufweist. Trotz dieses erheblichen Mehraufwands gegenüber einer Untertunnelung von Mörlenbach wird diese Baumaßnahme vom Regierungspräsidium Karlsruhe mit nur 85 Mio. Euro angegeben; deutlich weniger als laut Hessen Mobil die Tunnelvariante W4 kosten soll.
In einem gemeinsamen Schreiben haben sich deshalb der BUND-Ortsverband Mörlenbach, die Bürgerinitiative Weiher und der besonders stark betroffene Landwirt des Lang-klingerhofs an Verkehrsminister Florian Rentsch gewandt und ihn gebeten, die Planung der B 38 neu zu überdenken, verbunden mit der Aufforderung, das Oberbauamt Nürnberg um eine Kostenschätzung für die Untertunnelungsvariante W4 zu bitten. Die Befürworter der W4 sind sich sicher, dass diese Variante nicht nur kostengünstiger als die Umgehungsvariante O2 zu haben, sondern auch wesentlich schneller realisierbar ist. Es bedarf lediglich des politischen Muts, wie ihn die bayerischen Politiker und Straßenplaner beispielhaft aufgebracht haben, um zu einer zukunftsfähigen Lösung zu gelangen.