In einem offenen Brief hat die FWG-Stadtratsfraktion Prof. Dr. Maria Böhmer in ihrer Eigenschaft als Bundestagsabgeordnete für Ludwigshafen und als Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration wegen der geplanten Einführung des Betreuungsgeldes angeschrieben.
Sorgen bereitet den Freien Wählern insbesondere die Situation in Ludwigshafen:
Gemäß dem Kindertagestättenbericht 2011/12 liegt der Anteil der Neugeborenen mit Migrationshintergrund in Ludwigshafen bei 57,7 Prozent. Der aktuelle Anteil der jungen Menschen mit Migrationshintergrund, die eine Schule in Ludwigshafen besuchen, beträgt 38,6 Prozent. (Diese und zukünftige Zahlen stammen aus dem Schulentwicklungsbericht 2011/2012.) In naher Zukunft wird die Zahl der Schüler mit Migrationshintergrund also stark ansteigen.
Zur Zeit bestehen starke Unterschiede beim Schulerfolg zwischen Schülern ohne und mit Migrationshintergrund: Schüler mit Migrationshintergrund sind auch in Ludwigshafen stärker vertreten bei den Abgängern ohne und mit Qualifikation der Berufsreife sowie beim qualifizierten Sekundärabschluss I. Die Schüler ohne Migrationshintergrund liegen indes bei der Allgemeinen Hochschulreife mit sehr weitem Abstand vorne. Besonders deutlich wird dies beim Besucher der Realschule plus (die Hauptschulen existieren ja nicht mehr):
Von 100 Schülern mit Migrationshintergrund besuchen 61 diese Schulform, hingegen beträgt der Anteil bei den Schülern ohne Migrationshintergrund lediglich 21 Prozent.
Ohne der Qualifikation der Berufsreife verließen fast 10 Prozent, nämlich 9,9 % der Jugendlichen die Schule. Auch bestehen anhaltend wirtschaftlich angespannte Verhältnisse in vielen Familien. So bezieht jedes vierte Kind unter 15 Jahren Sozialgeld (gemäß Kindertagesstättenbericht 2011/12 beträgt die Quote 25,5!) Wir befürchten, dass viele Eltern dann aus finanziellen Gründen das Betreuungsgeld beziehen und auf den Kindertagesstättenbesuch verzichten.
Eine der wichtigsten Zukunftsfragen für Ludwigshafen wird, so FWG-Fraktionsvorsitzender Dr. Rainer Metz, aus den oben geschilderten Gründen die Verbesserung des Schulerfolgs und der Bildung, insbesondere auch bei den Kindern mit Migrationshintergrund sein.
Von herausragender Bedeutung ist hierbei der Besuch der Kindertagesstätten. Gemäß einer Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung mit dem Titel „Der volkswirtschaftliche Nutzen von frühkindlicher Ausbildung in Deutschland“ steigert der Besuch von Kindertagesstätten insbesondere die Chancen von Migrantenkindern und Kindern aus einem Elternhaus mit lediglich Hauptschulbildung ihre Schulbildung mit dem Abitur abzuschließen. Aus diesen Gründen setzt sich die FWG seit Jahren für die Kindergartenpflicht und die Umwandlung der Kindergärten in Vorschulen mit allen Konsequenzen wie bessere Ausbildung der Erzieher/innen ein.
Die Einführung eines Betreuungsgeldes wirkt nach Ansicht der FWG auf jeden Fall stark kontraproduktiv.
Gleichzeitig kann Ludwigshafen nur mit Schulden den vom Bund und vom Land eingeführten Rechtsanspruch auf Kindergartenplätze für unter Dreijährige erfüllen. So betrugen die Kosten für den dafür notwendigen Umbau der Kita „Löwenzahn“ und der Kita in der Karl-Dillinger-Straße über 2,76 Millionen Euro. Der Zuschuss betrug lediglich 262.000 Euro. Dies bedeutete für Ludwigshafen wieder fast 2,5 Millionen Euro neue Schulden!
Aus diesen Gründen hat die FWG-Stadtratsfraktion Prof. Dr. Maria Böhmer als Abgeordnete des Wahlkreises Ludwigshafen aufgefordert die Einführung des Betreuungsgeldes abzulehnen und als Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration die nachteiligen Folgen des Betreuungsgeldes für die Integration insbesondere in den Städten klar zu stellen. Gleichzeitig schlagen die Freien Wähler vor, dafür zu sorgen, dass die bereitgestellten Mittel für das Betreuungsgeld den Kommunen für den Ausbau und Unterhalt der Kindertagesstätten zur Verfügung gestellt werden.