Anders sind nicht nur die Anderen, sondern auch man selbst. Verschiedenheit zwischen den Menschen ist die Normalität, nicht die Ausnahme. In den Studios des RNF fand am vergangenen Wochenende die Fachtagung „DiverseCity“ der Stadtmarketing Mannheim GmbH statt. Hochkarätige Redner und Workshops standen auf dem Tagungsplan. Inspirierend und provokativ zugleich war der Beitrag der Soziologin und Linguistin Dr. Auma Obama. Moderiert wurde die Veranstaltung von Suat Selcuk, dem Vorsitzenden des Mannheimer Migrationsbeirats.
In Mannheim hat Verschiedenheit Tradition. In seiner Begrüßungsrede verwies Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz vor den rund 100 Teilnehmern auf die Gründungsurkunde der Stadt, die in vier Sprachen verfasst wurde. Vierhundert Jahre später ist Vielfalt immer noch ein Thema – und das sei historisch und soziologisch auch völlig normal, so Kurz. Dieser Realität dürfe man nicht mit einer „Strategie der Blindheit“ begegnen. Aus 170 Nationen setzten sich die Bewohner Mannheims zusammen. 38% haben einen sog. Migrationshintergrund. Ein zukunftsfähiges Mannheim müsse diese Verschiedenheit als Stärke begreifen.
Kurz brachte es auf den Punkt: „Statt einer Problemdiskussion wollen wir eine Zukunfts- und Chancendiskussion." Daher werde in Mannheim ein „wechselseitiger Anpassungsprozess“ institutionell bewusst unterstützt. Der „Mannheimer Aktionsplan für Toleranz und Demokratie“, die „Mannheimer Erklärung“ und nicht zuletzt auch die Aktionen und Bündnisse im Rahmen der Bewerbung als Kulturhauptstadt seien klare Zeichen und ein Bekenntnis zur Vielfältigkeit in der Quadratestadt.
Ein wertvoller Blick von außen
Vielfältigkeit und Chancen? Dr. Auma Obama warnte vor einer Romantisierung dessen, was schnell und oft missverstanden „Diversity“ genannt wird. Die Halbschwester von US-Präsident Barack Obama nahm ganz im Sinne klassischer Aufklärung eine provozierende Rolle ein. Schon der Begriff „Diversity“ sei ungeeignet Menschen zu mobilisieren und zum bewussten Umgang untereinander anzuregen. „Bitte finden Sie ein deutsches Wort dafür“ , lautete ihre wiederholt vorgebrachte Aufforderung.
Schnell könne man auch Diversität mit Integration verwechseln. Integration dann leicht mit Assimilation. Diversität sei aber ein eigener Begriff. Mit eigenem Sinn, eigener Bedeutung und eigenem Recht mit Leben gefüllt zu werden. Diversität sei immer schon da. Das Anderssein stelle die Realität da. Alter, Geschlecht, Aussehen, Herkunft: „Unterschiede sind die Regel", so Obama.
Ein bedeutender und für die Zuhörer anregender Kritikpunkt waren Obamas Bemerkungen über die Herkunft und vor allem die aktuelle Verwendung des Begriffs Diversity: Vorzugsweise wird nämlich in Konzernen mit jungen internatonalen Teams von und über Diversity gesprochen. Dort aber stehe der Nutzencharakter der „Diversity“ im Vordergrund. Also Diversität als Mittel zum Zweck der Nutzenmaximierung in einer letztlich hierarchischen Organisation. Eine Übertragung in gesellschaftspolitische Diskussionen berge die Gefahr, einer einseitig verzerrten Interpretation.
Workshops für bewusstes Miteinander
Theorie ist das eine Praxis das andere: In Workshops konnten die Teilnehmer an beiden Tagen ihre Kenntnisse erweitern. Am ersten Tag standen die Themen „Gender/Geschlecht“ und „Ethnische Herkunft/Hautfarbe“ auf dem Programm. Durch Übungen und Diskussionen wurden die Anwesenden für einen korrekten Umgang mit Menschen aus diesen Gruppen sensibilisiert. Dabei war allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern ersichtlich, dass ein Denken in Gruppenzugehörigkeiten und Kategorisierungen für sich bereits problematisiert werden kann, es aber andererseits auch immer Bestandteil des menschlichen (unbewussten) Denkens ist.
Am Sonntag dann ging es in den Workshops um „Lebensalter“ und „Sexuelle Identität“. Ergebnisse, Erlebnisse, Fragen und Anregungen wurden an beiden Tagen nach den Übungsphasen im Plenum vorgetragen und diskutiert.