Kommunal- und Verwaltungsreform: Ministerrat beschließt weiteres Verfahren für Gebietsänderungen

Der Ministerrat hat gestern den Vorschlägen des Innenministeriums für erste Gebietsänderungen von Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden nach der Freiwilligkeitsphase zugestimmt. Die Vorschläge wurden aus einer Gesamtschau des zweiteiligen Gutachtens von Herrn Prof. Dr. Martin Junkernheinrich von der TU Kaiserslautern, der Beschlüsse kommunaler Räte sowie von bislang vorliegenden Bürgervoten entwickelt.

In einem ersten Durchgang hat der Ministerrat am 14. August 2012 die Ergebnisse der bisherigen Untersuchung von Herrn Prof. Dr. Martin Junkernheinrich zu Gebietsänderungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden im Rahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform beraten.

Bei diesen Untersuchungen ist von Herrn Prof. Dr. Junkernheinrich geprüft worden, ob und gegebenenfalls welche Ausnahmegründe für einen unveränderten Fortbestand der verbandsfreien Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und Verbandsgemeinden mit weniger als 12.000 Einwohnerinnen und Einwohnern nach Maßgabe des Landesgesetzes über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform vorliegen.

Herr Prof. Dr. Junkernheinrich hat für elf Verbandsgemeinden hinreichende Ausnahmegründe identifiziert. Dies sind die Verbandsgemeinden Ulmen, Kirn-Land, Lauterecken, Rockenhausen, Altenahr, Arzfeld, Neuerburg, Dierdorf, Wöllstein, Baumholder und Hagenbach.

Hingewiesen sei auf die Tatsache, dass es Verbandsgemeinden gibt, die keinen eigenen Gebietsänderungsbedarf haben, die unter Umständen jedoch als Partner für Zusammenschlüsse mit Kommunen in Betracht kommen, bei denen ein eigener Gebietsänderungsbedarf besteht. Nach Auffassung von Herrn Prof. Dr. Junkernheinrich haben acht verbandsfreie Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern auf jeden Fall einen eigenen, gemeindeimmanenten Gebietsänderungsbedarf. Dies betrifft die verbandsfreien Gemeinden Altrip, Budenheim, Stadt Herdorf, Stadt Kirn, Lambsheim, Neuhofen, Stadt Osthofen und Römerberg. Darüber hinaus besteht ein gemeindeimmanenter Gebietsänderungsbedarf für 55 Verbandsgemeinden mit weniger als 12.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Dies sind die Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel, Altenglan, Bad Hönningen, Bad Kreuznach, Bad Münster am Stein-Ebernburg, Braubach, Bruchmühlbach-Miesau, Daaden, Deidesheim, Dudenhofen, Flammersfeld, Gebhardshain, Glan-Münchweiler, Guntersblum, Hahnstätten, Hauenstein, Heidesheim am Rhein, Heßheim, Hettenleidelheim, Hillesheim, Hochspeyer, Irrel, Kaiserslautern-Süd, Katzenelnbogen, Kelberg, Kell am See, Kröv-Bausendorf, Kyllburg, Loreley, Maikammer, Manderscheid, Meisenheim, Monsheim, Nassau, Neumagen-Dhron, Obere Kyll, Otterbach, Otterberg, Rhaunen, Rheinböllen, Rhens, St. Goar-Oberwesel, Speicher, Stromberg, Thaleischweiler-Fröschen, Thalfang am Erbeskopf, Traben-Trarbach, Treis-Karden, Wachenheim an der Weinstraße, Waldbreitbach, Waldmohr, Waldsee, Wallhalben, Westhofen und Wolfstein.

Von den oben genannten Kommunen sind bisher drei Gebietsänderungsmaßnahmen freiwillig vereinbart und gesetzlich geregelt worden. Dabei handelt es sich um
– die Eingliederung der Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde Neumagen-Dhron in die Verbandsgemeinden Bernkastel-Kues und Schweich an der Römischen Weinstraße,
– den Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Braubach und Loreley sowie
– den Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Otterbach und Otterberg.

Zudem ist die freiwillige Eingliederung der verbandsfreien Stadt Cochem in die Verbandsgemeinde Cochem-Land schon im Jahr 2009 erfolgt.

Für einige weitere freiwillige Gebietsänderungen sind vor Ort Vereinbarungen abgeschlossen worden oder steht der Abschluss solcher Vereinbarungen bevor, so beispielsweise für
– den Zusammenschluss der verbandsfreien Gemeinde Altrip und der Verbandsgemeinde Waldsee,
– den Zusammenschluss der verbandsfreien Stadt Osthofen und der Verbandsgemeinde Westhofen,
– den Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Rhens und Untermosel,
– den Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Wolfstein und Lauterecken,
– den Zusammenschluss der verbandsfreien Gemeinde Lambsheim und der Verbandsgemeinde Heßheim,
– die Eingliederung der Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde Treis-Karden in die Verbandsgemeinden Cochem und Kaisersesch,
– den Zusammenschluss der verbandsfreien Gemeinde Römerberg und der Verbandsgemeinde Dudenhofen und den Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Bitburg-Land und Kyllburg.

Diese Gebietsänderungen bedürfen noch der Regelung durch Landesgesetze.

Das Innenministerium wird nun Zug um Zug Vorschläge für nicht freiwillig zu Stande gekommene oder noch zu Stande kommende Gebietsänderungen sowie für gesetzliche Regelungen dazu näher ausarbeiten.

Dazu hat das Ministerium heute alle Kommunen, bei denen eine erforderliche Gebietsänderung bis Mitte 2014 herbeigeführt werden soll, sowie die von den Gebietsänderungen jeweils betroffenen Nachbarkommunen schriftlich informiert. Gleichzeitig mit der Information ist den betreffenden Kommunen die Möglichkeit eingeräumt worden, sich gegenüber dem Innenministerium zu den Gebietsänderungsvorschlägen zu positionieren. Diese Vorschläge wird die Landesregierung in die weiteren Überlegungen einbeziehen. Das Ministerium wird wie bisher den Austausch mit den politisch Verantwortlichen vor Ort pflegen.

Nach dem Beschluss des Ministerrats sollen zunächst folgende Gebietsänderungsvorschläge angegangen werden:
– Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Maikammer und Edenkoben,
– Zusammenschluss der verbandsfreien Gemeinden Altrip und Neuhofen sowie der Verbandsgemeinde Waldsee,
– Zusammenschluss der verbandsfreien Stadt Herdorf und der Verbandsgemein-de Daaden,
– Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Kröv-Bausendorf und Traben-Trarbach,
– Zusammenschluss der verbandsfreien Stadt Kirn und der Verbandsgemeinde Kirn-Land,
– Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Wallhalben und Thaleischweiler-Fröschen,
– Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Hochspeyer und Enkenbach-Alsenborn,
– Zusammenschluss der verbandsfreien Gemeinde Budenheim und der Verbandsgemeinde Heidesheim am Rhein,
– Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Hillesheim und Obere Kyll,
– Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Manderscheid und Wittlich-Land,
– Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Irrel und Neuerburg und Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Bad Münster am Stein-Ebernburg und Bad Kreuznach (wobei die Landesregierung davon ausgeht, dass der Zusammenschluss der Stadt Bad Kreuznach und der Stadt Bad Münster am Stein-Ebernburg zu Stande kommen wird).

Diese Vorschläge orientieren sich an einer Neugliederungsvariante von Herrn Prof. Dr. Junkernheinrich für das Land.

In dem Gutachten von Herrn Prof. Dr. Junkernheinrich ist untersucht worden, welche Neugliederungsoptionen es für die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden mit einem festgestellten Gebietsänderungsbedarf gibt, wie die Neugliederungsoptionen bewertet werden und wie sich die Neugliederungsoptionen so kombinieren lassen, dass ein optimaler Gesamtlösungsvorschlag für die territoriale Neugliederung von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz entsteht.

Der Gutachter hält mit Blick auf die Zieldimensionen der kommunalen Leistungsfähigkeit und der Bürgernähe eine optimale Gebietsstruktur für erreichbar, wenn
– die kommunale Leistungsfähigkeit langfristig durch eine ausgeglichene demografische Entwicklung und eine ausreichende Einwohnerzahl gesichert werden kann,
– die demografischen und fiskalischen Disparitäten im Untersuchungsraum weitgehend ausgeglichen werden,
– aufgrund der Pendlerverflechtungen räumliche Ineffizienzen bei der Infrastrukturbereitstellung durch eine weitgehende Übereinbringung von Funktional- und Verwaltungsräumen vermieden werden,
– eine adäquate Präferenzbedienung (adäquate Erfüllung der Nachfrage der Bürgerinnen und Bürger nach öffentlichen Leistungen) durch die Vermeidung zu großer Einheiten ermöglicht wird und
– durch die Minimierung der Entfernungen zwischen alten und neuen Verwaltungszentren ein hinreichendes Erreichbarkeitsniveau für die Bürgerinnen und Bürger gewährleistet wird.

Bei seinen Untersuchungen hat Herr Professor Dr. Junkernheinrich zunächst eine fusionsorientierte Strukturanalyse für das gesamte Land vorgenommen.

Anschließend sind von ihm mögliche Neugliederungsoptionen für die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden mit einem Gebietsänderungsbedarf für jede einzelne der unter den Mindesteinwohnerzahlen liegenden verbandsfreie Gemeinde und Verbandsgemeinde ermittelt und bewertet worden. Dabei hat er für die Zieldimension der kommunalen Leistungsfähigkeit die Indikatoren der fiskalischen Situation (Steuerkraft und Schulden) und der demografischen Entwicklung (Einwohnerzahl im Jahr 2020 und Einwohnerentwicklung bis zum Jahr 2020) und für die Zieldimension der Bürgernähe die Indikatoren der räumlichen Verflechtung (Pendlerverflechtung und Distanz zwischen den bisherigen Verwaltungssitzen) und der Ortsgröße (Fläche und Einwohnerzahl der neuen Gebietskörperschaft) angelegt.

Im Weiteren sind von Herrn Prof. Dr. Junkernheinrich die bewerteten Neugliederungsoptionen für das gesamte Land Rheinland-Pfalz zu einem gesamträumlich optimierten Gebietszuschnitt kombiniert worden.

Die Darstellung in dem Gutachten von Zusammenschlüssen ganzer verbandsfreier Gemeinden oder Verbandsgemeinden wird der Priorisierung, die das Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform vorgibt, gerecht. Danach sollen Zusammenschlüsse von verbandsfreien Gemeinden oder Verbandsgemeinden als Ganzes erfolgen. Eine Aufteilung der Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde auf mehrere andere Verbandsgemeinden lässt das Landesgesetz lediglich ausnahmsweise zu.

In die Untersuchungen sind aus methodischen Gründen alle verbandsfreien Ge-meinden und Verbandsgemeinden mit einem Gebietsänderungsbedarf, die zum 30. Juni 2009 (Stichtag nach dem Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform) die gesetzlichen Mindesteinwohnerzahlen unterschritten haben, einbezogen worden. Dazu gehören folglich die kommunalen Gebietskörperschaften, für die freiwillige Gebietsänderungen bereits gesetzlich geregelt oder vor Ort vereinbart oder beschlossen sind.

Die Untersuchungsergebnisse nennen und bewerten die Gebietsänderungskonstellationen, die zu kommunalen Gebietskörperschaften mit mehr als 12.000 Einwohnerinnen und Einwohnern (gesetzliche Mindesteinwohnerzahl für die Verbandsgemeinden) und bis zu 38.568 Einwohnerinnen und Einwohnern (höchste Einwohnerzahl einer Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz [Ver-bandsgemeinde Montabaur]), einer Fläche von 465 Quadratkilometern (größte Fläche einer Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz [Verbandsgemeinde Prüm]) und 51 Ortsgemeinden (höchste Zahl der Ortsgemeinden einer Verbandsgemeinde [Verbandsgemeinde Bitburg-Land]) führen werden.

Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Landesregierung, auf dem das Lan-desgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform basiert, sollen Gebietszusammenschlüsse zu keinen kommunalen Gebietskörperschaften führen, die über die Größenverhältnisse der derzeit größten verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden wesentlich hinausgehen.

Im Einzelfall kann sich daher, ungeachtet der Untersuchungsergebnisse, die Bildung einer Verbandsgemeinde mit mehr als 38.568 Einwohnerinnen und Einwohnern, einer Fläche von mehr als 465 Quadratkilometern oder mehr als 51 Ortsgemeinden als die beste Optimierungsmaßnahme erweisen.

Ebenso ist es möglich, dass sich bei einer Abwägung auf der Grundlage des Landesgesetzes über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform eine beispielsweise an zweiter oder fünfter Stelle der Ergebnisse einer einzel-gemeindlichen Betrachtung gesetzte Konstellation als beste Gebietsänderungs-maßnahme herausstellen wird.

Die nun erforderlichen Gesetzgebungsverfahren gilt es bis Ende 2013 abzuschließen, damit die Gebietsänderungsmaßnahmen zum 1. Juli 2014 wirksam und die Organe der neuen oder umgebildeten kommunalen Gebietskörperschaften am Tage der allgemeinen Kommunalwahlen im Jahr 2014 gewählt werden können.

Geplant ist, auf der nächsten Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform die Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte zu optimieren.

Nach den allgemeinen Kommunalwahlen im Jahr 2014 sollen diese Reformstufe vorbereitet und dabei Grundsätze für die Optimierung der Kreisebene entwickelt werden. Dabei wird die Bürgerbeteiligung ein zentrales Element bilden.

Vorgesehen ist, dann auch die Gebietsänderungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden, die derzeit mit Änderungen von Landkreisen verbunden wären, zu realisieren. Gleiches gilt für die weiteren, nicht auf der ersten Reformstufe geregelten Gebietsänderungen von verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden.
Die zweite Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform soll bis zur Kommunalwahl 2019 abgeschlossen werden.

Gutachten:
http://www.isim.rlp.de/moderne-verwaltung/kommunal-und-verwaltungsreform…