14. Internationales Festival für Jazz und Anderes: Enjoy Jazz schlägt in Mannheim auf – mit Kid Koala

Kid Koala - Die Hand ist schneller als das Auge

Musik und Performance von Kid Koala drehen sich um die schwarzen Vinyl-Platten von Vorgestern. Seine Musik und sein Habitus sind aber keineswegs Relikte der Vergangenheit. Kid Koala bewegt sich im zeitlosen Paralleluniversum großer Klangkünstler. Von den Veranstaltern nicht unzutreffend unter "Anderes" einsortiert, demonstrierte der „turntable troubadour“ dem Publikum, dass musikalische Meisterschaft auf jedem Instrument möglich ist. Vor überraschend bunt gemischten Gästen in der Alten Feuerwache präsentierte der Kanadier am vergangenen Mittwochabend sein neues Album „12bit Blues“.

 „What ist a DJ, when he can‘t scratch?“, fragte Egyptian Lover zu recht im Jahre 1983 – da war Kid Koala (geb.: Eric San) zarte 8 Jahre alt. Einige Jahre später begann Kid Koala musikalische Grenzen nur noch als vage Empfehlungen aufzufassen, um sie im Sturm zu überschreiten. Blues, Rocknummern der White Stripes (also auch Blues) oder Lieder von Marylin Monroe (hatte den Blues auf ihre Art) treffen auf Heavy Metal, asiatischen Dancepop oder eben energetischen Hip-Hop.

Gescratcht wird bei Kid Koala nach wie vor mit Vinyl. Das ist Old School. Unterstützt wird dieses Energiezentrum mit allerlei elektronischem Spielzeug, dass mittlerweile für die breiten Massen erschwinglich geworden ist. Doch zusammengelötete Schaltkreise, Sequenzer und Midi-Keyboards sind nichts, wenn der musikalische Geist, das Ohr und das Herz eines Künstlers fehlen. Bei Kid Koala ist alles vorhanden. Und noch mehr. Beständig im Dialog mit dem Publikum behandelte er zahlende Zuschauer wie alte Freunde.

Sein schneller Mix, die Energie, die der kleine Mann verströmt und die Verbindung von allen erdenklichen Musikstilen zu neuen Sounds und musikalischen Aussagen ist die Gegenwart des „DJing“. Und die Zukunft, bedenkt man den Erfolg von Produzenten wie Schlachthofbronx, die den zeitgemäßen Soundtrack für aufmerksamkeitsdefizitäre Großstädter offerieren.

Sympathisch: Musik und Performance

Wenn alle Richtung DJ-Pult schauen, wird das Leben des DJs nicht einfacher. Die Leute wollen, das was passiert. Zum Beispiel Ententanz und Polonaise. Kid Koala und seine multitaskingfähigen Tänzerinnen wissen das natürlich und hatten für jeden Zeitpunkt des Konzerts ein passendes buntes Ablenkungs- und Unterhaltungsprogramm parat.

An den Plattenspielern hat er alles gesehen und erlebt: 1975 in Vancouver geboren, hat Kid Koala über die Jahre alle wichtigen Clubs des Planeten beschallt. Natürlich auf die ihm eigene Art. Er war Gastmusiker bei den Gorrillaz, bei Deltron 3030 oder Money Mark. Wer auch nur einmal versucht hat, zwei Platten im Viervierteltakt zu mischen, bemerkt sofort, dass Kid Koalas Können nicht nur etwas mit langer harter und nochmals langer harter Übung zu tun hat: Es handelt sich um die seltene Mischung aus Genie und sympathischem Wahnsinn.

Das 14. Internationale Festival für "Jazz und Anderes" dauert noch bis 10. November – an 25 Spielorten in der Metropolregion, begeleitet von Vorträgen, Diskussionen und Ausstellungen. Das freie Radio "bermuda funk" ergänzt das Festival mit mehreren Sondersendungen.

http://kidkoala.com/

http://www.enjoyjazz.de/content/index_ger.html