Zellbiologen der Universität Heidelberg haben neue Erkenntnisse über die unterschiedliche Funktionsweise des Golgi-Apparats in Zellen höherer Pflanzen und von Säugetieren gewonnen.
Der Golgi-Apparat – ein Membransystem im Zellplasma, das an verschiedenen Aufgaben des Zellstoffwechsels beteiligt ist – besteht in Zellen höherer Pflanzen im Unterschied zu Zellen von Säugetieren aus hunderten kleiner Stapel, die in einer Stop-and-go-Bewegung am Endoplasmatischen Retikulum (ER) – einem weiteren komplexen Membransystem – entlang wandern. Die Mitarbeiter um Prof. Dr. David G. Robinson vom Centre for Organismal Studies (COS) der Universität Heidelberg konnten nun klären, wie der Vesikeltransport zwischen ER und Golgi-Apparat hoch geordnet und effizient ablaufen kann, ohne dass Transportvesikel verlorengehen. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Frontiers in Plant Science“ veröffentlicht.
Der Golgi-Apparat ist eines der wichtigsten und vielfältigsten Organellen des Endomembransystems. Eine seiner wichtigsten Funktionen ist die Beteiligung an der Produktion bestimmter Stoffe, die dann entweder nach innen (zu den Zellorganellen Lysosom oder Vakuole bei Pflanzen) oder nach außen abgegeben werden. Bei Säugetierzellen ist der Golgi-Apparat als einzelner Komplex stationär nahe am Zellkern positioniert, während er bei Zellen höherer Pflanzen in hunderte kleiner Golgi-Stapel unterteilt ist, die sich zudem in ständiger Bewegung befinden. „Als Konsequenz muss der Vesikeltransport zwischen ER und Golgi-Stapeln stark reguliert und äußerst effizient erfolgen, da sonst einzelne Vesikel während dieser Bewegung verloren gehen würden“, erläutert Prof. Robinson.
Um diese Abläufe zu erklären, untersuchten die Heidelberger Wissenschaftler vor allem die sogenannten ER-Import-Sites (ERIS), spezielle Domänen des ERs, an denen vom Golgi-Apparat kommende Vesikel empfangen werden. „Eine der wichtigsten Fragestellungen hierbei ist, in welcher räumlichen und zeitlichen Beziehung ERIS mit Domänen des Exports im Endoplasmatischen Retikulum und dem Golgi-Apparat stehen“, erläutert Prof. Robinson. Um die ERIS erkennen zu können, arbeitete das Wissenschaftlerteam mit Fluoreszenz-markierten Proteinen, die an der Vesikelfusion mit dem ER beteiligt sind. Diese teilen sich in zwei funktionell verschiedene Klassen auf: Die sogenannten Tethering Faktoren sind für die weitreichende Interaktion mit Vesikeln zuständig, die SNARE Proteine für die tatsächliche Fusion von Vesikeln mit dem ER.
Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Proteine beider Klassen auf Domänen des ER beschränkt sind, die genau unterhalb von Golgi-Stapeln liegen. „Noch überraschender war allerdings die Entdeckung, dass die Domänen des Exports ebenfalls Teil dieser speziellen Domänen sind und sich zudem parallel mit den Golgi-Stapeln bewegen“, erklärt Prof. Robinson. Durch die enge Kopplung der molekularen Import- und Export-Maschinerie an die Bewegung der Golgi-Stapel erklärt sich auch, dass der Vesikeltransport zwischen ER und Golgi-Apparat hoch geordnet und effizient von statten gehen kann, ohne dass Transportvesikel verloren gehen. „In dieser Hinsicht müssen höhere Pflanzen als einzigartig unter allen Organismen mit Zellkern und Zellmembran angesehen werden“, betont Prof. Robinson.
Informationen sind im Internet unter www.cos.uni-heidelberg.de/index.php/dg.robinson zu finden.