Zum Glück hat Bela B. den Jazz erfunden. So kann es heißen: Glückliches Worms! Ein Goldschatz im Rhein für schlechte Zeiten und pures Gold auf der Jazz-Bühne. Letzteres seit über 20 Jahren.
Über 20 000 Zuschauer insgesamt in diesem Jahr. Fünf Bühnen und ein perfekter Rahmen. Am dritten Tag des Festivals rund um den Dom wurde aber auch noch einmal richtig hingelangt. Nostalgie auf höchstem Niveau mit Paul Kuhn, Elektrojazz aus Frankreich, heiße Rhythmen für Bauch, Bein und Seele mit Soleil Bantu, von Mädchen umschwärmte verkappte Jazzer mit Popambitionen und noch vieles vieles mehr.
Der Zuschauermagnet und Höhepunkt des Sonntagabends war natürlich Paul Kuhn. Jung und alt wippten mit den Füßen und was sie sonst noch wackeln lassen wollten zu lässig und unterhaltsam dargebrachten Jazz-Standards aus fünfeinhalb Jahrzehnten.
Das Trio mit Paul Kuhn, Martin Gjakonovski am Kontrabass und Willy Ketzer am Schlagzeug bekam mehrfach Unterstützung durch Gaby Goldberg – etwa bei den Evergreens „All that magic“ und „It’s al lovely day“. Goldberg sang bereits für Udo Jürgens, Howard „Howie“ Carpendale oder Chaka Khan. Mit Paul Kuhn nahm sie vor wenigen Jahren eine CD auf.
Nach 100 Minuten war Schluss bei „Paulchen“ Kuhn und seiner Gang. Jüngere Jazzer spielen da auch nicht länger. Und ein alter Hase weiß, wann er gehen muss. Wenn alle noch etwas mehr wollen, aber eigentlich schon restlos zufrieden sind.
Progressiver und ein klein wenig jünger ging es im Andreasstift zur Sache. Dort spielte das Paolo Fresu Devil Quartett. Teuflisch gut war die Combo ohne Zweifel. Als Typen aber von der sanften und lockeren Sorte. Der Innenhof füllte sich über die zwei Stunden des Konzerts von „voll“ auf „ganz voll“. Fresu spielte mit der Jazztrompete genau so gekonnt wie mit dem Publikum. Das Zusammenspiel mit Paolino Dalla Porta (Bass), Bebo Ferra (Gitarre) und Stefano „Brushman“ Bagnoli (Schlagzeug) war gezeichnet von blindem Verständnis und musikalischem Einklang.
Es gibt auch Menschen, die mit Jazz im engeren Sinne nicht ganz so viel anfangen können. Warum auch immer. Vielleicht erscheint er manchen zu verkopft. Diejenigen konnten sich aber von (Axel) Bosse und seinen Hipster-Freunden ins Hier und Jetzt poprocken lassen. Mit Bässen für den Bauch, Texten für die wunde Postmaterialistenseele und kleinen Andenken für romantische Träume zuhaus‘.
Der Sonntag war ein gelungener Abschluss eines weiteren gelungenen Jazz-Wochenendes in der Nibelungenstadt. Die Vorbereitungen für 2013 laufen bereits einen Tag nach dem Festival auf vollen Touren. Nächstes Jahr wird das Festival vom 9. bis 11. August stattfinden.