Im Mittelpunkt der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales, der auf dem Malzboden in der Mosbacher Alten Mälzerei tagte, stand die Vorstellung des Teilhabeplans für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Dieser sogenannte Teilhabeplan II folgt auf den Teilhabeplan I, in dem es um psychisch erkrankte und seelisch behinderte Menschen geht und der bereits im März 2010 vom Ausschuss beschlossen worden war.
Nun folgte also mit der Vorstellung des Teilhabeplans II der zahlenmäßig sehr viel bedeutsamere Teil, bei dessen Erstellung aufgrund der Schwierigkeit der Aufgabe der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) ganz entscheidend mitgewirkt hat. Christine Blankenfeld vom KVJS stellte den hochkomplexen Plan in vereinfachter Form dann auch mittels einer Präsentation vor.
Um was geht es? Der Neckar-Odenwald-Kreis ist seit Januar 2005 zuständiger Leistungsträger für die Eingliederungshilfe und trägt somit die Verantwortung dafür, dass Menschen mit einer Behinderung, die aus dem Landkreis stammen, die nach dem Gesetz erforderlichen Hilfen erhalten. Gleichzeitig ist der Kreis aber auch Standortlandkreis der Johannes-Diakonie Mosbach, der größten Komplexeinrichtung für geistig und mehrfach behinderte Menschen aus ganz Baden-Württemberg – und nebenbei der größte Arbeitgeber kreisweit. Die Johannes-Diakonie deckt so mit knapp 90 Prozent der stationären Plätze auch die Bedarfe aus anderen Stadt- und Landkreisen. Mit anderen Worten: Nur 13 von 100 Bewohnern stammen aus dem Neckar-Odenwald-Kreis.
Ein breites und verantwortungsvolles Aufgabenspektrum ist die Folge. Und dieses Spektrum, das so nirgendwo in Baden-Württemberg zu finden ist, erfordert eine besonders zielgerichtete Planung, um auch künftig Angebote in der erforderlichen Anzahl und Qualität vorhalten zu können. Insbesondere auch vor dem Leitgedanken der in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geforderten Inklusion und der damit einhergehenden Dezentralisierung.
„Wer ein großes Rad dreht, tut gut daran, rechtzeitig und gründlich zu planen“, erklärte Landrat Dr. Achim Brötel, der die Sitzung leitete und schon vorab neben Christine Blankenfeld auch allen Beteiligten aus dem eigenen Haus für die Erstellung des umfangreichen Plans mit zahllosen eigens erhobenen Daten, Fakten, Empfehlungen und Prognosen dankte: „An unserem Plan wird deutlich, dass wir Realisten bleiben wollen. Ein Wolkenkuckucksheim, das allein auf rechtlichen Verpflichtungen basiert und Fakten vor Ort nicht berücksichtigt, kann ohnehin niemand bezahlen. Eine Dezentralisation „auf die Schnelle“ wird es schon allein deshalb nicht geben. Der entsprechende Prozess ist kein Hundertmeter- sondern eher ein Marathonlauf, der Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird.“ Ein regelmäßiger „kräftiger Schluck aus der finanziellen Pulle“ sei zusätzlich unabdingbar: „Wir werden nämlich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht umhin kommen, den Bestand zu sanieren und auch den ein oder anderen Ersatzneubau zu realisieren, wo es Sinn macht.“
Christine Blankenfeld ging in der Folge auf einzelne Gruppen von Menschen mit Behinderungen ein, auf Kindergarten- und Schulkinder, auf Erwachsene, die in Werkstätten arbeiten, auf ambulant oder stationär betreute Menschen und auf Menschen in Förder- und Betreuungs- oder in Seniorengruppen. Überall lieferte sie Zahlen, lobte oder regte Verbesserungen an und gab Prognosen ab. Die deckten sich ganz pauschal mit denen des Landrats: Ein Bedarf an unterschiedlichen Plätzen wird es trotz Dezentralisierung über Jahre hinaus auf hohem Niveau geben. Wie der Landrat betonte auch Christine Blankenfeld, dass der Teilhabeplan „nicht in Stein gemeißelt“ sein dürfe: „Das ist eine Bestandsaufnahme, ein wichtiges Etappenziel, das nie dogmatisch sein darf, sondern immer wieder an die Realitäten und Entwicklungen angepasst werden muss.“ Nach etlichen Rück- und Verständnisfragen stimmten die Ausschussmitglieder dem Teilhabeplan II einstimmig zu und beauftragten die Verwaltung, die sich daraus ergebenden Handlungsempfehlungen und Maßnahmenvorschläge zu konkretisieren und bedarfsgerecht umzusetzen.
Ebenfalls einstimmig zugestimmt wurde einem Projekt, das die im Landratsamt angesiedelte Kommunale Gesundheitskonferenz plant: Aus Landesmitteln sollen Zuschüsse für die Anschaffung von sogenannten Automatisierten Externen Defibrillatoren (AED´s) gezahlt werden mit dem Ziel, diese bei einem plötzlichen Herzstillstand – der häufigsten außerklinischen Todesursache in Deutschland – unter Umständen lebensrettenden Geräte möglichst flächendeckend im Kreis zu platzieren. Am Montag, 16. Juli, findet diesbezüglich um 19.30 Uhr in den Neckar-Odenwald-Kliniken in Mosbach unter Leitung von Chefarzt PD Dr. Harald Genzwürker eine für jeden offene Infoveranstaltung statt, in der insbesondere Vertreter von Vereinen, Verwaltungen, Firmen und anderen Institutionen angesprochen werden sollen. Dr. Genzwürker wird auf die sich selbst erklärenden und deshalb auch von Laien zu bedienenden Geräte eingehen. Geplant ist ein Festbetragszuschuss von 300 Euro, was immerhin rund 20 Prozent der Kosten dieses Gerätes ausmacht.