Exhumierung von Anna Maria Luisa de‘ Medici für Herbst geplant

Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim beteiligen sich an Untersuchung und präsentieren die Ergebnisse in Sonderausstellung.

Letzte Woche vereinbarten die zuständigen Institutionen in Florenz und die Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim unter der Moderation von Cristina Acidini, Leiterin der Soprintendenza Speciale al Polo Museale Fiorentino, die gemeinsame Exhumierung und Untersuchung der sterblichen Überreste der letzten Vertreterin der Dynastie der Medici, Anna Maria Luisa de‘ Medici (1667-1743). Ein interdisziplinäres Team aller zuständigen Denkmalbehörden (Soprintendenza Speciale al Polo Museale Fiorentino, Soprintendenza Beni Archeologica, Soprintendenza Beni Architettonici, Opificio delle Pietre Dure di Fierenze), der medizinischen Fakultät der Universität Florenz und des German-Mummy-Project der Reiss-Engelhorn-Museen führen die Untersuchungen im Herbst 2012 durch. Ergebnisse werden erstmalig zur Sonderausstellung „Die Medici – Menschen, Macht und Leidenschaft“ vorgestellt, die die Reiss-Engelhorn-Museen ab 18. Februar 2013 in Mannheim präsentieren.

Anlass für die Ausstellung ist der 270. Todestag von Anna Maria Luisa de‘ Medici. Mit ihr steht jetzt eines der wichtigsten Mitglieder der berühmten Familie im Fokus der Forschung. Durch ihre Heirat mit Johann Wilhelm im Jahr 1690 wurde sie Kurfürstin von der Pfalz und damit zum wichtigen Bindeglied zwischen Deutschland und Italien. Sie hinterließ ihre Spuren nicht nur in der Toskana, sondern auch in der Kurpfalz, in deren Herzen der Ausstellungsort Mannheim liegt. Nach Johann Wilhelms Tod kehrte Anna Maria Luisa in ihre Heimat Florenz zurück, wo sie kinderlos starb. Mit ihr ging die Dynastie, die mehr als 300 Jahre die Geschicke Europas prägte, zu Ende. Da sie ohne Erben war, vermachte sie die Kunstschätze der Medici vertraglich der Stadt Florenz. Einzige Bedingung war, dass diese auch immer dort verbleiben sollten. Damit legte sie den bedeutenden Grundstock für die renommierten Sammlungen der Arnometropole. Aus diesem Grund genießt sie in Florenz auch heute noch großes Ansehen und ist eine der bedeutendsten kulturhistorischen Persönlichkeiten der Stadt.

Die Kurfürstin wurde nach ihrem Tod im Jahr 1743 in der neuen Sakristei in San Lorenzo bestattet. Als es dort zu eng wurde, kamen alle freistehenden Särge vorläufig in ein Zwischenlager, bevor beschlossen wurde, sie in die Krypta von San Lorenzo zu verlegen. Da Diebe in der Zwischenzeit einige Särge geöffnet sowie die Grabausstattungen und Inschriften gestohlen hatten, waren die Särge nicht mehr eindeutig zuzuordnen. Eine Kommission wurde deswegen mit der Identifikation der Leichname beauftragt. Auch für Anna Maria Luisa gibt es ein Zustandsprotokoll aus dem Jahr 1888: Ihr Skelett war mit einem dunklen Samtstoff bekleidet. Zur Grabausstattung zählten u.a. eine vergoldete Krone, ein silbernes Kreuz sowie eine Goldmedaille mit einer Darstellung der Kurfürstin. 1966 gab es in Florenz eine verheerende Hochwasserkatastrophe, die auch die Krypta von San Lorenzo vollkommen überschwemmte. Welche Auswirkungen diese Überschwemmung auf die Grablegen hatte, ist bis heute ungeklärt. Vorrangiges Ziel der geplanten Exhumierung ist es hier Abhilfe zu schaffen und den heutigen Zustand der Grablege von Anna Maria Luisa nachhaltig zu dokumentieren. Wenn möglich sollen Kleidung und Grabbeigaben entnommen und restauriert werden.

Die Exhumierung wird eine Woche dauern. Die Projektkoordination vor Ort liegt bei der Medizinhistorikerin Prof. Donatella Lippi von der Universität Florenz, die seit Jahren den Geheimnissen der Medici auf der Spur ist, und in Mannheim bei Dr. Wilfried Rosendahl, Stellvertretender Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen und Kurator der Medici-Ausstellung. Zum Einsatz kommen neueste Methoden. Eine Abtastung mit einem 3D-Scanner ermöglicht beispielsweise die exakte Dokumentation ohne die fragilen Überreste zu entnehmen. Auf diese Weise können am Computer Vermessungen und Drehungen vorgenommen werden. Geplant sind auch medizinische und anthropologische Untersuchungen.

„Diese Kooperation ist eine große Ehre und die Ergebnisse sind sowohl für Florenz als auch für die Kurpfalz von großer kulturhistorischer Bedeutung.“, betont Dr. Wilfried Rosendahl. „Keiner kann sagen, was uns bei der Öffnung des Sargs erwartet. Vorrangig für uns sind die Dokumentation und die restauratorischen Maßnahmen. Natürlich sind wir aber auch an neuen Erkenntnissen über Lebensumstände und Todesursache interessiert.“
Die Ausstellung „Die Medici – Menschen, Macht und Leidenschaft“ stellt vom 17. Februar bis 28. Juli 2013 die berühmte Familie nicht nur anhand ihrer bedeutenden Kunstschätze vor, sondern als Menschen mit oft widersprüchlichen Persönlichkeiten, unerwarteten Charakteren, außergewöhnlichen Leidenschaften und folgenschweren Krankheitsgeschichten. Schriftliche Quellen, bedeutende Kunstwerke aus den weltberühmten Museen in Florenz, prachtvolle Gewänder, ungewöhnliche Alltagsgegenstände und die Ergebnisse neuer forensischer und bioarchäologischer Untersuchungen fügen sich in der Ausstellung zu einem vielfältigen und nicht selten überraschenden Bild zusammen. Die Schau zeigt die persönlichen Schicksale der einzelnen Familienmitglieder, die bis heute faszinieren, aber auch ihre wichtige Rolle als Förderer der Wissenschaft und Kunst. Die Schau spannt den Bogen vom Gründungsvater Giovanni di Bicci bis zur letzten Medici, der Kurfürstin Anna Maria Luisa von der Pfalz.

www.medici2013.de