Als ein Fest, an dem „Gottes Sorge für die tiefsten menschlichen Nöte“ besonders deutlich zum Ausdruck kommt, hat Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann das Fronleichnamfest bezeichnet. Auch die Kirche müsse sich der existentiellen Sorgen der Menschen annehmen, zu ihnen „hinausgehen, so wie an Fronleichnam“, betonte der Bischof zum Abschluss der gemeinsamen Prozession der Speyerer Pfarreien im Dom.
An dem Zug, in dessen Mitte der Bischof die Monstranz mit dem Allerheiligsten trug, beteiligten sich rund 1500 Gläubige. Die Route führte – wie schon in den beiden Vorjahren – von der Josephskirche über die Gilgen- und Maximilianstraße in die romanische Kathedrale.
In seiner Abschlussansprache erinnerte Bischof Wiesemann an Worte Pater Alfred Delps, die der Jesuit vor seiner Hinrichtung durch die Nationalsozialisten mit gefesselten Händen im Konzentrationslager geschrieben hatte: „Brot ist wichtig. Wichtiger ist die Freiheit. Am wichtigsten aber ist die ungebrochene Treue und die unverratene Anbetung.“ Der Bischof betonte, es sei unübersehbar, dass „die Armut, nicht nur die materielle“ in Deutschland steige und verwies unter anderem auf die Schlecker-Mitarbeiterinnen, die in den letzten Tagen ihre Arbeit verloren hatten. Schon Pater Delp habe die Kirche nachdrücklich an ihren diakonischen Auftrag erinnert.
Im Hinblick auf den Freiheits-Begriff sagte der Bischof, die Nationalsozialisten hätten Delp aus der Haft entlassen, wenn er seine Überzeugung verleugnet hätte. Zwar sei die Freiheit heute nicht von außen bedroht, jedoch sei es für die Zukunft der Gesellschaft von entscheidender Bedeutung, dass Ehe und Familie als „Keimzelle des Erlernens von Freiheit und Verantwortung“ gestärkt würden. Familien müssten durch Hilfen von außen gestützt und ergänzt werden, sie könnten aber nicht ersetzt werden.
Wenn Delp die Bedeutung von „ungebrochener Treue und unverratener Anbetung“ hervorhebe, sei dies auch auf die „Götzendienste unserer Zeit, die alles beanspruchen“, zu beziehen. In der Begegnung mit Gott könnten die Menschen spüren, dass die „Mächte dieser Welt nicht das letzte Wort haben“.
Die Gestaltung der rund 45-minütigen Prozession mit meditativen Texten, Bibelversen, Gebeten und Liedern hatten in diesem Jahr unter dem Leitthema „Brot, das wir teilen“ Mitglieder der Pfarrei St. Konrad übernommen. Christus, das Brot des Lebens, führe die Menschen aus allen Himmelsrichtungen zusammen, „auf allen inneren Wegen, wo wir suchen und fragen, scheitern und wagen, auf Irrwegen und Sackgassen“, hieß es in einem der Texte.
Erinnert wurde auch an die ungerechte Verteilung der Lebensmittel weltweit. "Ein Drittel der Menschheit hat zu viel Brot. Zwei Drittel der Menschheit hungern. Weil Gottes Brot, das für alle reicht, nicht untereinander geteilt wird." Es gelte, „Brot“ zu teilen, beispielsweise durch die Bereitschaft, Not zu lindern, im Fragen und Suchen nach einer gerechteren Welt oder im ehrenamtlichen Einsatz für Kinder und Alte, Familien und Alleinstehende.
Großen Anklang fand bei den Gläubigen der Blumenteppich, den Mitglieder der Pfarrei St. Konrad vor den Stufen der Kathedrale gestaltet hatten. Der besondere Dank des Bischofs galt den jungen Pfadfinderinnen und Pfadfindern, die die Nachtwache übernommen hatten.
Der Prozession vorausgegangen war ein Pontifikalamt in der voll besetzten Pfarrkirche St. Joseph, das der Bischof mit Weihbischof Otto Georgens und den Pfarrern der Speyerer Gemeinden hielt. Für die musikalische Gestaltung des Festtages sorgten die Kirchenchöre St. Joseph und St. Konrad, der Dompfarrchor, der Domchor, die Dombläser, Domorganist Markus Eichenlaub sowie Domkantor Alexander Lauer. „Was für ein großartiges Bild und gemeinsames Zeugnis“, lobte der Bischof die Zusammenarbeit der Chöre und Musiker.