Genau vor 1000 Jahren ereignete sich in der Rhein-Neckar-Region ein interessanter Herrschaftswechsel. Das Geschlecht der Grafen von Lauffen sollte eine bedeutende Rolle spielen.
Das Millennium der Ereignisse von 1011/12 ist für die mit Fragestellungen rund um die Grafen befassten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Mittelalterarchäologie, Bauforschung, Kunstgeschichte und Geschichte ein willkommener Anlass, ihre Forschungsergebnisse öffentlich zu präsentieren und untereinander sowie mit dem Publikum zu diskutieren. Im Ladenburger Domhof, Hauptstraße 7-9, 68526 Ladenburg, findet dazu am Freitag und Samstag, 4./5. Mai 2012, die Tagung „Die Grafen von Lauffen im Lobdengau (11.-13. Jahrhundert.)“ mit zwölf Lichtbildervorträgen statt., Beginn ist jeweils 10 Uhr, der Eintritt ist frei.
Im Mittelalter waren die Grafen als königliche Beamte die Garanten der öffentlichen Ordnung. Seit karolingischer Zeit sorgten sie im Auftrag des Herrschers in den von ihnen verwalteten Grafschaften für Recht und Frieden, übten Hoheitsrechte aus. Eine Grafschaft konnte aus einem Gau oder mehreren bestehen, ein Graf Inhaber einer Grafschaft oder mehrerer sein. Deren Mittelpunkt bildete der so genannte „Sta(h)lbühl“, auf dem die freien, waffenfähigen Männer zur Gerichtsversammlung zusammen kamen. In ottonischer und salischer Zeit übertrugen die Könige vielfach Grafschaften an Reichsbischöfe, die damit offenbar wieder die vorherigen Inhaber aus den Reihen des weltlichen Adels belehnten.
Von der Zuständigkeit der Grafen war der durch die Stiftungen der Gläubigen für ihr Seelenheil stetig wachsende Besitz der Kirche ausgenommen. Dort oblag die administrative, richterliche und militärische Gewalt allein dem jeweiligen Vogt. Zunehmend beanspruchten auch die eigentlich dem Graf zur Gefolgschaft verpflichteten Edelfreien als „neue Grafen“ für ihre Burgherrschaften eigene Gerichtsrechte. Der aus beidem resultierende Substanzverlust der alten Amtsgrafschaften bewirkte während des Hochmittelalters die allmähliche Auflösung der karolingischen Grafschaftsverfassung.
Am 9. Mai 1011 übertrug König Heinrich II. (reg. 1002-1024) die Grafschaft in dem von 763 bis 1065 erwähnten Lobdengau mit seinem Hauptort Ladenburg Bischof Burkhard I. von Worms (reg. 1000-1025). Dieser belehnte damit den Adligen Poppo, der erstmals am 18. August 1012 als Inhaber besagter Grafschaft nachgewiesen ist. Er gehörte einer einflussreichen Sippe an, deren in der Zeit der Einnamigkeit lebende Mitglieder die Geschichtswissenschaft nach dem Leitnamen Poppo als „Popponen“ bezeichnet. Das aus diesen mit dem Aufkommen des Burgenbaus und der Mode, sich nach besagten Burgen zu benennen, hervorgegangene Adelsgeschlecht heißt dann erstmals 1127 nach seiner Stammburg auf der Lauffener Neckarinsel „von Lauffen“. Mit ihrer wenigstens aus Hornberg (urk. 1184), Eberbach (urk. 1196) und Dilsberg (urk. 1208) bestehenden Burgenkette zwischen Lauffen und Ladenburg wollten die Grafen von Lauffen das als Verkehrsachse zwischen Schwaben und Rheinfranken wichtige Neckartal kontrollieren.
Die Lauffener Burgherren zählten zu den bedeutendsten Geschlechtern Südwestdeutschlands. Ihr Ansehen und ihre gesellschaftliche Stellung spiegelt sich auch in den Heiratsverbindungen mit den Häusern Nellenburg, Werl, Berg, Sommerschenburg, Calw, Hohenberg, Eberstein, Arnstein, Katzenelnbogen, Schauenburg und Dürn wider. Prominentestes Familienmitglied war der Sohn des Grafen Arnold (von Lauffen) und der Adelheid (von Nellenburg), einer Verwandten des Touler Bischofs Bruno von Egisheim (reg. 1026-1051), des späteren Reformpapstes Leo IX. (reg. 1049-1054). Von seinen Eltern ebenfalls für eine geistliche Laufbahn ausersehen, wurde jener nach diesem auf den Namen Bruno getauft und brachte es bis zum Erzbischof von Trier (reg. 1102-1124).
Etwa zwischen 1100 und 1138 waren die Grafen von Lauffen auch Inhaber der Grafschaft im Kraichgau mit ihrem Hauptort Bretten und der Grafenburg „im Burgwäldle“. Sie waren (urk. 1143) Vögte des von ihnen kurz vor 1123 gegründeten Stifts Odenheim sowie des bischöflich-wormsischen Eigenstifts zu Wimpfen im Tal. Von 1130 an übten sie am unteren Neckar auch Lorscher Vogteirechte aus, und seit den Zeiten König Konrads III. von Staufen (reg. 1138-1152) beschützten sie ferner das kurz vor 1139 gegründete Stift Lobenfeld. Im nahen Wiesenbach, wo eine weitere Lauffener Burg gestanden haben soll, stifteten sie gegen Mitte des 12. Jahrhunderts die Ellwanger Propstei.
Als Wormser Lehngrafen in Lobdengau, Ladenburger Waldmark und Wingarteiba waren die „Popponen“ schon lange vor den rheinischen Pfalzgrafen am unteren Neckar mächtig. Denn erst unter Kaiser Friedrich Barbarossas Halbbruder Konrad von Staufen (reg. 1156-1195), auch Lorscher Klostervogt (urk. 1165), Wormser Hochstiftsvogt (urk. 1174) und Schirmherr der Zisterzienserabtei Schönau im Odenwald (urk. 1184), verlagerte sich der Schwerpunkt der ursprünglich nieder- und mittelrheinischen Pfalzgrafschaft ins Neckarmündungsgebiet. Nachdem die Grafen von Lauffen mit Poppo V. (urk. 1184-1216) 1219 ausgestorben waren, belehnte der Wormser Bischof schließlich 1225 die Bayernherzöge aus dem Hause Wittelsbach, seit 1214 Inhaber der Pfalzgrafschaft bei Rhein, mit dem nunmehr als „Grafschaft Sta(h)lbühl“ bezeichneten Überrest der ehemaligen Lobdengau-Grafschaft.
Christian Burkhart (DBV Kurpfalz)
Information:
Veranstalter sind das Kreisarchiv Rhein-Neckar-Kreis und der Kurpfälzer Kreis der Deutschen Burgenvereinigung e.V. in Verbindung mit der Stadt Ladenburg und dem Heimatbund Ladenburg e.V.
Das komplette Tagungsprogramm gibt es als PDF im Internet unter http://www.deutsche-burgen.org/pdf/lauffen_symp.pdf.
Anmeldungen bis 02. Mai 2012 an das Kreisarchiv Rhein-Neckar-Kreis, Trajanstraße 66, 68526 Ladenburg, Telefon: (0 62 03) 93 06 77 40,
E-Mail: kreisarchiv@rhein-neckar-kreis.de, Internet: http://www.rhein-neckar-kreis.de.