Der Fachdienst für Migration und Integration der Arbeiterwohlfahrt, Stadtkreisverband Ludwigshafen e.V. in der Maxstraße, setzt bei der Erstberatung von Zuwanderern auf Mehrsprachigkeit.
Frau M. bekam 2009 ihre erste Aufenthaltserlaubnis und wurde wie alle Neuzuwanderer durch die Ausländerbehörde gleichzeitig zum Besuch eines Deutschkurses, „Integrationskurs“ genannt, verpflichtet.
Um heraus zu finden, ob sie mit dem Realschulabschluss aus ihrem Heimatland in Westafrika in Deutschland ihren Traumberuf Erzieherin lernen kann, besuchte sie mit einer Mitschülerin aus dem Kurs die Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt. Da sie zu dieser Zeit erst in Stufe 1 des Integrationskurses war und noch kaum Deutsch konnte, wurde sie dort von einer Englisch sprechenden Beraterin unter die Fittiche genommen.
Nach und nach wurden gemeinsam die zur Bewertung notwendigen Unterlagen zusammengestellt, Übersetzungen in Auftrag gegeben und schließlich das ganze Paket zusammen mit einem Lebenslauf an die richtige Behörde geschickt. Je nach Art des vorgelegten Abschlusses sind es nämlich verschiedene Stellen, die Bewertungen ausländischer Bildungsabschlüsse vornehmen.
Im Laufe der Beratung fasste Frau M. mehr und mehr Mut, mit ihrer Beraterin statt Englisch Deutsch zu sprechen.
Diese Erfahrung machen die MitarbeiterInnen der AWO immer wieder und freuen sich sehr darüber. Obwohl die KlientInnen sich immer noch scheuen, ihre Anfänger – Deutschkenntnisse Fremden gegenüber zu gebrauchen, haben sie diese Ängste in der Beratungsstelle mit dem vertrauten Gegenüber nicht. Im Gegenteil, sie nutzen die Gespräche, um ihre aktiven und passiven Sprachkenntnisse zu testen oder sich Redewendungen und Begriffe, die sie zum Beispiel bei Behörden oder von Nachbarn aufgeschnappt haben, erklären zu lassen. Manchmal – wenn die Zeit nicht drängt, weil im Vorzimmer noch mehr Ratsuchende warten – besteht auch die Möglichkeit, auf Sitten und Gebräuche in Deutschland, regionale Unterschiede in der neuen Heimat oder auch auf Dialekte einzugehen und solche Dinge zu erklären. Gerade bei diesen Gesprächen, so eine Beraterin der AWO, entstehen oft überraschende Einsichten und erste, neue Heimatgefühle der Klienten.
Schon nach einigen Monaten konnten die Beratungsgespräche mit Frau M. ganz auf Deutsch geführt werden. Nach 600 Stunden Integrationskurs bestand sie den Abschluss B 1, das Minimum zur Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis genannt, und danach mit 33 von 33 möglichen Punkten auch den Einbürgerungstest.
Auf die Einbürgerung wird sie allerdings noch eine Weile warten müssen, dafür sind weitere Hürden zu nehmen, so Holger Scharff, der Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt. Mindestens acht Jahre muss man hier leben, die Existenz muss gesichert sein, bis dahin ist es für Frau M. noch ein weiter Weg.
Mittlerweile ist ihr Schulabschluss als guter Hauptschulabschluss anerkannt worden, einen B 2 – Deutschkurs hat sie mit sehr gutem Erfolg absolviert und sie wartet auf die Zulassung zu einer Ausbildung als Hauswirtschafterin, eine weitere Stufe auf dem Weg zu ihrem Wunschberuf.
Für das Team der Arbeiterwohlfahrt ist der Weg dieser Klientin ein typischer Fall. „Durch die vielen Sprachen, in denen wir Erstgespräche anbieten können, haben wir einen direkten Zugang zu unseren Klientinnen und Klienten. Auch wenn Familienangehörige übersetzen, gehen die Wünsche und Bedürfnisse der Ratsuchenden selbst häufig unter“, so die Mitarbeiter.
Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt hat bereits vor Jahren auf das Prinzip der interkulturellen Öffnung gesetzt, das Beherrschen mindestens einer weiteren Sprache außer der deutschen ist Voraussetzung für eine Einstellung als BeraterIn für MigrantInnen.
So ist auch das Team in Ludwigshafen bunt gemischt: Frau Cellmer kommt aus Albanien und bietet Beratung auf Albanisch an, Herr Durusoy kam als Student aus der Türkei, hat hier sein Diplom als Sozialwissenschaftler gemacht und spricht bei Bedarf mit seinen Klienten auch Türkisch, was übrigens von vielen Bulgaren und Makedoniern verstanden wird. Frau Philipp, die ebenfalls zum Studium aus Marokko kam, kann gleich mit drei weiteren Sprachen aufwarten: sie spricht neben ihrer Muttersprache Arabisch auch – wie viele Menschen aus nordafrikanischen Ländern – perfekt Französisch und außerdem Spanisch.
Frau Khanian Lish berät außer auf Deutsch auch auf Englisch und Türkisch.
Alle MitarbeiterInnen der Arbeiterwohlfahrt beraten ihre Klientinnen und Klienten nach den Prinzipien des „case-“ bzw. „Fallmanagements“, ein System der Hilfe zur Selbsthilfe, das, wie im Falle von Frau M. geschildert, Schritt für Schritt zur Integration in die deutsche Gesellschaft führt.