Augen-Experte der UMM unterstützt Massen-Screening zur Augengesundheit in China

Mit einer enorm hohen Beteiligung von über 80 Prozent ist die Zielgruppe eines Massen-Scree­ nings zur Augengesundheit in China dem Aufruf des dortigen öffentlichen Gesundheitswesens gefolgt. Mehr als 560.000 Bewohner der ländlichen Region um Peking (Greater Beijing) im Alter von 55 bis 85 Jahren haben dabei ihren Augenstatus erfassen lassen.

Das Projekt ist eingebettet in das Programm „Vision 2020“ der Weltgesundheitsorganisation WHO, das zum Ziel hat, weltweit bis 2020 möglichst jede einzelne vermeidbare Erblindung zu verhindern. Die umfangreiche Studie wurde vom Beijing Institute of Ophthalmology (BIO) durchgeführt, dem WHO Zentrum für Ophthalmologie (Augenheilkunde) in China. Professor Dr. Jost Jo­ nas, Direktor der Augenklinik der Universitäts­ medizin Mannheim, ist seit 2006 Ehrendirektor („Honorary Director“) dieses Institutes. Der Mannheimer Augenspezialist pflegt dort eine sehr fruchtbare wissenschaftliche Zu­ sammenarbeit, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass das BIO zusammen mit dem ihm angegliederten Tongren Hospital zu den drei wissenschaftlich führenden ophthalmologischen Institutionen im Land zählt. Infolge dieses Engagements ist Professor Jost einer der Autoren einer Fachveröffentlichung, die das „Beijing Eye Public Health Care Project“ beschreibt. Im Tongren Hospital Beijing werden jedes Jahr mehr als 750.000 ophthalmologische Patienten behandelt. Dies entspricht in etwa der Summe aller in ophthalmologischen Unikliniken behandelten Patienten in Deutschland. China ist mit fast 1,34 Milliarden Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Erde und der von der Fläche her größte Staat Ostasiens. Für eine flächendeckende Erfassung und Versorgung der Bevölkerung im Bereich der Augenheilkunde fehlt es bislang an der nötigen Infrastruktur, als auch an Kenntnissen über die Verbreitung von Sehschwäche und die ihr zugrunde liegenden Erkrankungen. Mit dem „Beijing Eye Public Health Care Project“ ist auf Basis der Telemedi­ zin eine Infrastruktur für das Massen-Screening von älteren Menschen entwickelt und deren Effi­ zienz gemessen worden. Das regionale Projekt, das quasi als Probelauf für ein flächende­ ckendes Public Health Care System zur Augengesundheit in China dient, hat den Nutzen und die Durchführbarkeit eines so groß angelegten Untersuchungsprogramms bewie sen. Um den Augenstatus der mehr als eine halbe Million Menschen zu erfassen, wurden 2.500 Hochschulabsolventen in der Augentechnik geschult. Probanden mit einer Sehschärfe geringer als 0,3 wurden an regionale Gesundheitszentren überwiesen, in denen die erkrankten Augen fotografiert wurden. Via Tele­ medizin wurden die Aufnahmen an ein Zentrum transferiert, in dem der Grund der Sehschwäche zentral diagnostiziert wurde. Das öffentliche Gesundheitswesen verfügt aufgrund dieses Projektes über hervorragende Daten zur Verbreitung von Sehschwäche sowie den zugrunde liegenden Erkrankungen in der untersuchten Population. Zur Statistik: Bei knapp zehn Prozent der untersuchten Menschen wurde auf mindestens einem Auge eine Sehschwäche diagnostiziert. Der Augen­ hintergrund von mehr als 34.000 Menschen wurde gespiegelt. Neben dem Katarakt (grauer Star), einer Trübung der Augenlinse, waren Erkrankungen der Retina (Netzhaut), inklusive der diabetischen Retinopathie, und das Glaukom die häufigsten Gründe für eine Sehschwäche. Der graue Star ist weltweit die häufigste Ursache für Erblindung und der chirurgische Eingriff die alleinige Möglichkeit, diese Erkrankung zu behandeln. Bei knapp 6.000 der untersuchten Personen wurden eine Vorstufe oder ein reifer Katarakt diagnostiziert, die eine Operation notwendig machten. Von den rund 1.600 Personen, deren Status nach der Operation erfasst wurde, hatten rund 92 Prozent danach eine Sehfähigkeit von mindestens 0,3 wiederer­ langt. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg, vermeidbare Erblindung zu verhindern.

Publikation Beijing Eye Public Health Care Project Ophthalmology (by The American Academy of Ophthalmology) 2012, in press Doi: 10.1016/j.ophtha.2011.11.036

http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0161642011011420

VISION 2020: The Right to Sight VISION 2020 ist ein Programm der Weltge­ sundheitsorganisation WHO, das zum Ziel hat, statt der für den Zeitraum von 1990 bis 2020 vorhergesagten Verdoppelung der Zahl von vermeidbaren Erblindungen, diese bis 2020 möglichst komplett zu verhindern. Fakt: Bis zu 80 Prozent der Blindheit in der Welt ist vermeidbar. Die Vision: Eine Welt in der niemand unnötig blind ist und in der Menschen mit nicht vermeidbarem Sehverlust ihr volles Potenzial entfalten können. Die Initiative will die nationalen Gesund­ heitssysteme stärken und darin unterstützen, flächendeckende Systeme für die Versorgung von Augenerkrankungen zu implementieren, um auf diese Weise die hauptsächlichen Ursachen von vermeidbarer Erblindung zu eliminieren. Die nationalen Programme basieren auf drei Säulen: kosteneffiziente Krankheitskontrolle, Ausbildung von Fachkräften sowie Infrastruktur und Technologie. http://www.vision2020.org/