Er war eine Führungspersönlichkeit der leisen Töne, mit einem unauffälligen Führungsstil. Jeder wusste wo er bei ihm dran war. Auf ihn war Verlass. Er pflegte intensive Kontakte zum Oppauer Umfeld und war bei allen Menschen respektiert und geachtet. Mit ihm geht eine Ära zu Ende.
Er war Einer der sich immer für die Belange im Ortsbezirk und darüber hinaus eingesetzt hat. Er hatte für seine Kolleginnen und Kollegen immer ein offenes Ohr. So stellte er denn auch im Interview klar, dass ihm dieser Abschied gerade wegen dem Zwischenmenschlichen nicht leicht fällt. Auch die Pressekollegen schätzten ihn als kompetenten Ansprechpartner. Was wir in der Redaktion voll und ganz bestätigen können.
Wir treffen Georg Frey am Ende seiner erfolgreichen Berufslaufbahn in seinem Büro in der neugebauten PI 2 in Oppau.
Red: Freuen Sie sich auf ihren verdienten Ruhestand?
GF: Das ist nicht so leicht. Es sind nun fast 43 Jahre und das war mein Lebensschwerpunkt. Das geht nun zu Ende. Insofern ist es ein Abschied nehmen, gerade mit Blick auf die zwischenmenschlichen Beziehungen zu meinen Kolleginnen und Kollegen. Und Abschied ist immer ein wenig schmerzhaft.
Red: Schauen wir mal zurück. Was hat sich von früher zu heute verändert?
GF: Nun als ich 1969 eingestellt wurde, da gab es noch den diktatorischen Führungsstil. Das hat sich stark verändert. Heute nutzen wir den kooperativen Führungsstil.
Bei mir begann es 1997 mit den ersten Weiterbildungen in die Führungsebene. Und heute bin ich froh, dass ich dazu die Möglichkeit hatte.
Durch den kooperativen Führungsstil auf allen Ebenen ist manches schwieriger geworden. Im Ergebnis jedoch wesentlich Positiver. Wann immer Zeit ist, werden die Mitarbeiter mit eingebunden.
Für mich war und ist das Wichtigste, unser Betriebsklima.
Red: Was werden Sie nicht vermissen?
GF: Die Personalverantwortung und den Termindruck.
Jedes Mal wenn eine neue Kollegin oder ein neuer Kollege zu uns kam, sagte ich im Erstgespräch, dass ich sie/ihn niemals anlügen werde.
Das war manchesmal hart, gerade wenn es um Karriereplanung ging und Dinge sich nicht so entwickelten wie wir es wollten.
Das waren dann menschliche Schicksale, die ich auffangen musste.
Das gebe ich nun etwas erleichtert an meinen Nachfolger ab.
Meine Verantwortung verschiebt sich nun mehr in Richtung Privatleben und Familie.
Red: Die Menschen beschreiben Sie als sehr volksnah. Wobei die Polizei vor 40 Jahren grundlegend anders war.
GF: Das Bild und die Tätigkeit eines Polizeibeamten hat sich tiefgreifend geändert. Heute sind die Bürger unsere Kunden. Damals in den 60ern war der Bezug zu den Bürgern lange nicht so, wie heute.
Red: Die Polizei als Dienstleister
GF: Genau, das stimmt. Ich hatte im Übrigen früher die Meinung vertreten, dass ein Polizist nicht in seiner Heimatstadt DIenst tun sollte. Auch diesbezgl. habe ich umgedacht.
Ich sehe das aus einem anderen Blickwinkel.
Jede Stadt hat die Polizeibeamtinnen und Beamten verdient, die dort geboren sind.
Red: Sie sind ohnehin mit Ludwigshafen tief verbunden und haben sich immer für die Belange der gesamten Stadt eingesetzt.
GF: Ja bspw. in der Pfingstweide wo wir direkt in den Entscheidungsprozess involviert waren und so das Thema Sicherheit optimal abklären konnten. Wir haben das Eine oder Andere mit unserem Ratschlag bewirken können.
Red: Kommen wir zu ihrem Aufgabenschwerpunkt, die Krminalität. Wie ist die Entwicklung heute im Gegensatz zu damals?
GF: Der Umgang mit unserem Klientel im Einsatzfall ist härter geworden.Seit 2000 gibt es bundesweit Erhebungen die belegen dass die Zahl der Widerstandsdelikte um 30% gestiegen ist. Es ist also schwieriger geworden.
Wir müssen mit Beleidigungen und Bedrohungen anders umgehen. Auf veränderte Situationen wie die Amok-Gefahren mussten wir reagieren. Die Dienstwaffe hat sich verändert. Die Munition hat heute eine Mann-Stop-Wirkung. Das Thema Eigensicherung ist sehr wichtig geworden. Die Kollegen tragen schusssichere Westen. Wir sind insgesamt gesehen ein grosses Stück professioneller geworden.
Red: Benutzen wir mal das unschöne Wort von "Menschen mit Migrationshintergrund". In der Gesellschaft wird besonders diese Gruppe für den Anstieg der Gewaltbereitschaft und Kriminalität verantwortlich gemacht.
GF: Da stimmt so nicht. Das können wir mit unseren Erfahrungen nicht belegen.
Bei uns leben mittlerweile Menschen in der dritten Generation. Und die dritte Generation ist bereits tief bei uns verwurzelt. Was natürlich wichtig ist dass auch solche jungen Menschen in den Beruf kommen. Hier ist die Sprache eine wichtige Voraussetzung. Wir müssen miteinander reden können. Krminelle gibt in jeder Gesellschaftschicht.
Red: Was hat sich bei dem Beruf des Polizeibeamten verändert?
GF: Die Anforderungen sind deutlich gestiegen. Wir merken das schon an der Ausbildung.
Es ist heute ein Studium vorgeschaltet und demnächst kommt der Bachelor dazu. Das ist die neue Art der Ausbildung. Denn die Bürger verlangen das von uns.
Heute muss der Beamte oder die Beamtin ein Problem in dem ein Bürger steckt, kompetent und schnell lösen.
Red: Das heisst wer heute diesem Beruf ergreifen will muss diese Qualifikation mitbringen?
GF: Ja klar. Eine Fachhochschulausbildung ist Bedingung. Wer diese Prüfung bestanden hat, fängt bei uns an als Polizeikommissar und deckt das gesamte Schutzpolizeispektrum in der Sachbearbeitung ab.
Red: Damit ist ja der Beruf des Polizeibeamten zum gehobenen Dienst zu zählen.
GF: Die Entscheidung den Polizeiberuf in den gehobenen Dienst zu versetzen war absolut korrekt.
Denn die Kollegen müssen bspw. in kürzester Zeit Grundrechtseingriffe durchsetzen und gerichtsfest belegen.
Wenn hier Fehler gemacht werden, kann es schnell problematisch und zu einer Straftat werden. Zum Beispiel Körperverletzung im Amt. Wenn also die Dinge nicht gerechtfertig sind ist es schwierig.
Wir treffen bereits durch die Anforderung eine gewissen Vorauswahl. Viele sehen das nicht als Job. Wir wollen Menschen mit einer deutlichen Affinität zu diesem Beruf.
Früher hiess es zum Beispiel Familienstreitigkeiten. Heute hat der Gesetzgeber ganz andere Grundlagen geschaffen. Wir gehen völlig anders damit um.
Wir schauen uns in der Wohnung um und unterstützen das Opfer. Die Frau, die geschlagen wird, als Beispiel.
Und verhindern dadurch die Straftat.
Red: Zurück zu Ihnen. Wie sieht ihr Tagesablauf aus?
GF: Wir beginnen morgens um 9 Uhr mit der Führungsbesprechung. Da ist der Dienstgruppenleiter mit am Tisch.
Wir besprechen aktuelle Situationen und Personalangelegenheiten. Es ist wichtig dass die Kommunikation innerhalb der Dienststelle funktioniert.
Einmal im Monat haben wir eine Dienstgruppenleiterbesprechung, deren Termine immer am Jahresanfang festgelegt werden.
Red: Subjektiv empfinden die Bürger eine Zunahme von Tageswohungseinbrüchen in Ludwigshafen. Sie sie das genauso?
GF: Wir hatten vor dem Jahr 2000 Fallzahlen zwischen 500 und 600 pro Jahr. Wir haben dann schwerpunktmässig reagiert. Dort wo Probleme auftreten, setzen wir unsere Kraft ein.
So haben wir ab 2001 mit der GEG (Gemeinsame Ermittlungsgruppe Wohnungseinbruch) den professionellen Tätern eine professionelle Sachbearbeitung entgegengestezt.
Das machen wir bis heute. So konnten wir die Fallzahlen deutlich senken. Wir liegen heute bei ca. 270 pro Jahr.
Wir arbeiten in vielen Fällen präventiv. Das heisst wir beraten und sind gegebenfalls vor Ort und zeigen Präsenz. Nehmen sie zum Beispiel den Dürkheimer Wurstmarkt. Wir stehen morgens bereits an der Haltestelle und haben einen direkten Kontakt zum Strassenbahnfahrer.
Red: Früher haben die Bürger mehr Polizeipräsenz gesehen. Heute sieht man niemand mehr – heisst es.
GF: Wir sind an Schwerpunkten tätig und können nicht mehr überall zu jeder Tages- und Nachtzeit sein.
Was sollen wir in Ruchheim Streife laufen, wenn wir wissen dass in den Parkhäusern der BASF PKWs aufgebrochen werden. Dann sind wir doch bei der BASF vor Ort, weil wir wissen dass es dort wieder passieren kann.
Ganz klar – Wir sind überall da wo es Probleme gibt. So hat sich das Sicherheitsempfinden subjektiv verändert. Objektiv gesehen sind die Fallzahlen in den einzelnen Bereichen gefallen.
Es hat sich natürlich verändert, dass wir unsere Beamten gezielt einsetzen. Andernfalls wäre das eine Vergeudung.
Was mich herausfordert ist, wenn wir bspw. Kerwe haben. Ich bin vor Ort. Und höre dann immer das Gleiche, dass wir keine Arbeit gehabt haben weil ja nichts passiert ist.
Nun es ist deswegen nichts passiert, weil wir im Vorfeld sehr viel Arbeit gehabt haben. Nur das sehen Manche nicht.
Red: Was sagen sie zu der Darstellung des Streifenbeamten im TV?
GF: Das ist eher schwierig. In den ganzen Serien kommt niemals richtig dieser professionelle Verbund zur Geltung Wir stehen ständig in Kontakt mit den beteiligten Fachkommisariaten. Die eigentliche Arbeit kann hier ganz schlecht vermittelt werden.
Red: Was sagt ein Streifenbeamter, wenn er einem Kripokommisar einen Kaffee holen soll?
GF: (lacht): … ja Kollege dir bring ich Einen …
Es ist als Spass anzusehen. Allerdings leben wir mit dem Phänomen seit Jahren. Es ist Unterhaltung und hat mit der Realität sehr wenig zu tun.
Red: Ein weiterer Schwerpunkt ist das Verkehrsgeschehen
GF: Das ist einer unserer grossen Schwerpunkte. Wir haben Verkehrsunfallschwerpunkte und an denen bleiben wir dran.
Nehmen Sie zum Beispiel die AWETA. Das war jahrelang ein Unfallschwerpunkt. Ich war ständig hinter her und habe gesagt dass wir in diesem Bereich die Geschwindigkeit senken müssen.
Denn wenn uns das gelingt dann rasen die PKW nicht mehr in die Strassenbahnhaltestelle rein.
Wobei wir hier immer Glück hatten, dass nichts Schlimmeres passiert ist.
Und nach der Aufstellung der Blitzsäule ist niemand mehr in die Haltestelle reingefahren.
Red: Was wünschen Sie sich, wenn Sie die veränderte Verkehrssituation im Gegensatz zu früher sehen?
GF: Wir müssen alle mehr aufeinander Rücksicht nehmen. Gerade wenn der Verkehrsdruck steigt werden manche sehr egoistisch.Wir müssen alle einfach defensiver fahren. Das ist mir einfach zu wenig ausgeprägt. Wir sind alle aufeinander angewiesen.
Dennoch sind die rücksichtsvollen Fahrer bei Weitem in der Mehrheit – Gottseidank.
Red: Ihre Dienstelle wurde sichtlich vergrössert.
GF: Vorher hatte die PI 1 über 150 Beamte. Das war zu unübersichtlich und organisatorisch problematisch. Mit der neuen Einteilung wurde dieses Verhältnis klar harmonisiert. Durch die Wache in Oggerheim haben wir hier in der PI 2 105 Beamtinnen und Beamte. Das ist jetzt insgesamt für die Stadt besser.
Red: Und wie steht es mit der Frauenquote?
GF: Nun früher war die Polizeiarbeit Männersache. Auch da haben sich die Dinge positiv verändert. Aktuell haben wir 25 % Frauen auf der Dienststelle.
Die Polizei steht Veränderungen traditionell eher ein wenig konservativ gegenüber. Und es war erstmal eine Umstellung und ein Umdenken. Doch im Nachhinein war es Gold wert.
Auch im Einsatzgeschehen ist es unglaublich hilfreich.
Denken Sie mal an Gewalt in der Familie. Als Frau spricht es sich psychlogisch einfacher zu der Frau. Ein Mann hätte es da manchesmal schwieriger.
Red: (lacht): Zurück zum drohenden Ruhestand.
Bricht jetzt die grosse Langeweile aus?
GF: Nein. Wir haben in unserem Häuschen in Böhl, das ist so ein altes Siedlerhaus, viel zu renovieren. Durchbrüche, Bäder etc. Ich bin jetzt nicht der absolute Handwerker. Doch die Dinge lassen sich handeln.
Und der nächste Schritt wäre, dass wir unsere Zeit etwas aufteilen. Wir besitzen noch eine Wohnung in Florida. Und so werden wir nächsten Winter eventuell die kalten Tage drüben in den USA verbringen.
Doch daran müssen wir noch arbeiten, dass wir die Rahmenbedingungen packen. Insofern wird es mir nicht langweilig.
Red: Wir bedanken uns für das ausführliche Interview.
GF: Danke
Das Interview wurde von den Kollegen von Oppau Info geführt.