„Alle Glaubensfreude einzusetzen, dass Menschen neue Zugangswege zum Glauben finden können“ – dies hat Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann in seiner Silvesterpredigt im Speyerer Dom als Aufgabe der Kirche für die Zukunft bezeichnet.
Die Kirche dürfe kein „geschlossener Club“, sondern müsse „immer aufs Ganze hin geöffnet“ sein, zitierte der Bischof Papst Benedikt XVI. Die Menschen müssten spüren, dass „sie bei uns willkommen sind, auch mit all ihren Fragen, ihren Zweifeln, ihrem Suchen. Wir brauchen eine neue Offenheit aus dem demütigen Selbstbewusstsein des Glaubens, eine Zuversicht des Gewinnens, die größer ist als alle Trauer über das Vergangene“, so Bischof Wiesemann im Jahresschlussgottesdienst, den in der vollbesetzten Kathedrale rund 1500 Gläubige mitfeierten.
In seiner Predigt betonte der Bischof, für die Kirche in Deutschland sei das vergangene Jahr insbesondere durch den Besuch Papst Benedikts geprägt gewesen. Unter dem Leitwort „Wo Gott ist, da ist Zukunft“ habe der Papst dazu ermutigt, „Gott wach zu halten in einer fortschreitend säkularisierten Welt“. Anliegen des Papstes sei es, „uns und unsere Kirche offenzuhalten für die Möglichkeiten Gottes, die die Welt überschreiten“. Denn der Materialismus, der heute in vielen Spielarten das Weltverständnis beherrsche, sei die „ideologische Verfestigung der Unfreiheit“. Dagegen sei Gott „der Garant der Freiheit, der Offenheit der Zukunft und die Ermutigung zur verantwortlichen Freiheit“.
Eine Kirche, die mit dem Gottesglauben die Offenheit der Zukunft wach halte, könne sich nicht selbst festhalten, sagte Bischof Wiesemann. „Sie muss bereit sein für die Offenheit der Zukunft, für die Veränderungen, in die uns Gottes Geist führt.“
Thema der Ansprache war auch das 950-jährige Weihejubiläum der Speyerer Kathedrale, das im vergangenen Jahr begangen wurde. Die großartigen Feiern – insbesondere der Domweihfestgottesdienst mit Kardinal Kasper und die sich anschließende Wallfahrtwoche – seien „Tage der Ermutigung und der gemeinsamen Vergewisserung im Glauben“ gewesen, für er „sehr dankbar“ sei, betonte der Bischof. „Es gibt viel mehr gelebten Glauben, als gemeinhin in unserer Gesellschaft sichtbar wird. Das zeigen solche Tage.“
Die musikalische Gestaltung des rund zweistündigen Gottesdienstes nahm ebenfalls Bezug auf das Domweihjubiläum. Unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Melchiori und Domkantor Alexander Lauer brachten die Dom-Jugendkantorei, der Domchor, die Dombläser und Domorganist Markus Eichenlaub neben weihnachtlichen Liedsätzen die „Missa festiva spirensis“ zu Gehör. Das Werk hatte der Eichstätter Domkapellmeister Christian Heiß eigens für das Domjubiläum komponiert.