Zum dritten Mal wird der mit 5.000 Euro dotierte Arno-Reinfrank-Literaturpreis vergeben. Ihn erhält die in München geborene und in Berlin lebende Schriftstellerin Daniela Dröscher. Dies teilte Oberbürgermeister Hansjörg Eger als Mitglied der Jury, die kürzlich in Speyer tagte, mit.
Der von der Witwe des Schriftstellers Jeanette Koch-Reinfrank gestiftete Literaturpreis wird zusammen mit der Stadt Speyer alle drei Jahre vergeben. Die Preisverleihung wird am Dienstag, dem 23. Oktober 2012, 19:30 Uhr, im Historischen Rathaus der Stadt Speyer stattfinden.
Mit der abermaligen Verleihung in Speyer, die bisherigen Preisträger waren Jan Wagner und Monika Rinck, habe sich der Arno-Reinfrank-Literaturpreis als bedeutender deutscher Lyrikpreis über die Region hinaus etabliert, befindet Speyers Oberbürgermeister und verweist auf die vielschichtigen Beziehungen des Dichters Arno Reinfrank (1934-2001) zur Domstadt am Rhein, zumal das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz am Standort Speyer den schriftstellerischen Nachlass des Autors beherbergt.
In Erinnerung an den 2001 in London verstorbenen Schriftsteller sollen laut Satzung mit dem Preis deutschsprachige Schriftstellerinnen und Schriftsteller für herausragende literarische Leistungen in Lyrik oder Prosa ausgezeichnet werden, die im Sinne des Werkes von Arno Reinfrank den Idealen des Humanismus und der Aufklärung verpflichtet sind beziehungsweise sich literarisch mit den Prozessen und Phänomenen von Wissenschaft und Technik auseinandersetzen. So wird sich die Preisträgerin Daniela Dröscher auch in ihrer Festrede bei der Preisverleihung im Oktober 2012 mit dem literarischen Werk Arno Reinfranks beschäftigen.
Juryentscheid
Die Jury zeichnet mit Daniela Dröscher eine Autorin für ihre herausragende Prosa aus, die sie in ihren Erzählungen und vor allem in ihrem Debütroman “Die Lichter des George Psalmanazar” veröffentlicht hat. Die Literaturkritik hob dabei ihren somnambul zarten und feinsinnig illuminierten Stil wie auch ihre „Dialektik der Aufklärung“ hervor, vor allem in ihrem Roman, der im 18. Jahrhundert in London spielt. In zum Teil tiefsinnigen, zum Teil absurd-komischen Szenen werden Aberglaube, Scharlatanerie und Wissenschaft in ein dynamisches Wechselspiel gebracht. In diesem Roman -eine Geschichte des Lebens und der Liebe- treffen sich die Intentionen von Daniela Dröscher und Arno Reinfrank – zum Beispiel in der Theorie der "Poesie der Fakten", als auch in der Prosa wie dem Roman "Solly und die 99 Engel". Daniela Dröschers Theaterstück “Hundert Blumen”, das 2009 in Mainz uraufgeführt wurde, versteht sich als „ein modernes Sozialdrama, das weder larmoyant noch einseitig das krisengeschüttelte Prekariat beschreibt, vielmehr stellt es beherzt die Frage nach Wert und Würde des Menschen.“ Mit ihrer poetisch-heiteren, melancholisch-trotzigen Sprache und einem zutiefst empathischen Blick auf die Verlierer unserer Zeit schildere Daniela Dröscher die Welt der kleinen Leute – da ist es nicht falsch, an Arno Reinfranks in Koblenz uraufgeführtes Theaterstück "Das Manöver findet bei Straubs auf der Veranda statt" zu denken, um nur wenige Beispiele zu nennen, warum Daniela Dröscher den Arno-Reinfrank-Literaturpreis verdient.
Daniela Dröscher wurde 1977 in München geboren. Aufgewachsen im rheinland-pfälzischen Becherbach bei Kirn besuchte sie das Gymnasium in Meisenheim am Glan und studierte Germanistik, Anglistik und Philosophie in Trier und London. An der Universität Potsdam promovierte sie mit einem poetologischen Thema. Heute lebt sie als freie Autorin in Berlin.
Der Jury gehören neben Jeanette Koch-Reinfrank als Stifterin und dem Oberbürgermeister der Stadt Speyer, Hansjörg Eger, die vorangegangene Preisträgerin Monika Rinck sowie der an der Wayne University in Detroit in den USA lehrende Literaturwissenschaftler und Reinfrank-Kenner Prof. Dr. Guy Stern an, zudem der Reinfrank-Verleger Dr. Volkhard Brandes (Brandes & Apsel, Frankfurt am Main), als Vertreter des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Michael Au und der Literaturwissenschaftler Dr. Eckhart Pilick.
Arno Reinfrank (1934-2001), in Mannheim geboren und in Ludwigshafen aufgewachsen, ging nach diversen Studienaufenthalten in Paris und Berlin 1955 aus Protest gegen die restaurative Politik der Bundesrepublik nach England und lebte bis zu seinem Tode am 28. Juni 2001 in London. Reinfrank war Generalsekretär des P.E.N.-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland und ist Träger zahlreicher Ehrungen und Literaturpreise. Sein vielgestaltiges und umfangreiches Werk umfasst publizistische Arbeiten, Prosa, Theaterstücke, Mundartgeschichten und Lyrik. Im Zentrum seines lyrischen Schaffens steht sein dichterisches Hauptprogramm, die zehnbändige Poesie der Fakten, in der er sich zu den Fragen einer industrialisierten Welt äußert und auf symbolische Weise wissenschaftliche Fakten der modernen Welt auf den schriftstellerisch-ästhetischen Bereich überträgt.
Weitere Infos: http://www.arno-reinfrank.de/