Mayer, Fried, Weil, Joseph, Frank, Rauh… Dies sind nur einige Namen alteingesessener jüdischer Familien, die in der Zeit des Nationalsozialismus aus Landau verschleppt und durch halb Europa gekarrt wurden. Viele von Ihnen nach Gurs. Von anderen fehlt noch heute jede Spur.
547 jüdische Mitbürger hatte Landau im Jahr 1933 zum Zeitpunkt der Machtergreifung durch die NSDAP. Mittlerweile sind 84 Gedenksteine an die Deportierten in den Gehwegen Landaus eingelassen. Über diese sollen die Bürgerinnen und Bürger – im übertragenen Sinne – stolpern. Eine Idee des Kölner Künstlers Gunter Demnig, die zum Nachdenken anregen soll und bereits an mehreren hundert Orten in der ganzen Bundesrepublik verwirklicht wurde. Landau beteiligt sich seit einem Stadtratsbeschluss 2007 daran.
Am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht von 1938, gedachten auch in diesem Jahr wieder fast 150 Landauerinnen und Landauer in einer Art Trauermarsch den Geschehnissen, die auch vor Landau nicht halt machten. Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer erinnerte, dass auch hier die Synagoge vor genau 73 Jahren brannte. Dass auch hier nicht geholfen wurde, als Anrufe bei der Polizei und den Feuerwehren eingingen. Dass auch aus Landau Juden nach Gurs und später in Konzentrationslager verschleppt wurden.
"Auch hier bei uns haben diese Verbrechen stattgefunden. Auch hier hat man die Augen verschlossen. Bei den letzten freien Wahlen bekam die NSDAP in Landau 58 Prozent", so Schlimmer. "Wir haben die Aufgabe, daran zu erinnern. Wir gedenken, und wir hoffen. Hoffen auf Frieden im Nahen Osten. Hoffen auf die Verständigung mit Israel. Hoffen, dass sich niemals wiederholt, was sich nicht wiederholen darf", richtete Schlimmer seinen Appell an die Anwesenden.
Im Laufe des Tages wurden im Landauer Stadtgebiet von Mitarbeitern des Bauhofs insgesamt 18 neue "Stolpersteine" verlegt. Dafür hatten sich viele Patinnen und Paten zur Finanzierung gefunden. Zu diesen gehörte auch das Caritas-Förderzentrum St Laurentius und Paulus in Queichheim. Leiter Thomas Moser und Bürgermeister Thomas Hirsch enthüllten dort bereits am Nachmittag Gedenksteine für Leo Kern und Heinrich Bär. Zwei Landauer Juden. Behinderte. Sie wurden 1942 in Konzentrationslagern hingerichtet.
An dem abendlichen Trauermarsch, der die Landauerinnen und Landauer unter Führung von Oberbürgermeister Schlimmer und Christine Kohl-Langer vom Stadtarchiv, unter anderem in die Industriestraße, durch den Nordring, den Ostring, den Marienring und letztendlich ans Synagogenmahnmal in die Friedrich-Ebert-Straße führte, beteiligten sich diesmal auch sehr viele junge Menschen. An einigen der im Laufe des Tages verlegten Stolpersteine gedachten sie den damals dort lebenden Opfern des Nationalsozialismus. Kurzbiografien halfen den Zuhörern, sich ein Bild von Landau zu Zeiten der NSDAP-Herrschaft und von den Geschichten der Landauer Juden zu machen.
Mitgestaltet wurde der Trauermarsch unter anderem vom Verband Christlicher Pfadfinder, Mitgliedern der SPD-Stadtratsfraktion und des Anwaltsvereins sowie von Peter Damm, der die Veranstaltung auch musikalisch auf seinem Saxophon begleitete.
Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer bedankte sich bei der Kranzniederlegung vor dem Synagogenmahnmal – dem ehemaligen Standort der jüdischen Synagoge – vor allem bei den Paten, aber auch bei den zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Trauermarsches. Gelebtes Interesse sei lebendige Erinnerung, so Schlimmer. So zahlreich habe man den Opfern des 9. November 1938 schon lange nicht mehr gedacht.