Am Freitag nachmittag trafen sich 21 Schüler und Schülerinnen des Nikolaus-von-Weis-Gymnasiums und reinigten das Speyerer Mahnmal für die ermordeten jüdischen Bürger. Das Monument an der Ecke Hellergasse/Karlsgasse, ein großer Gedenkstein mit Baldachin, erinnert an Deportation und Ermordung von 82 Speyerer Juden.
Für die Gruppe Jugendlicher des diesjährigen Austauschs mit der israelischen Partnerstadt Yavne ist diese Arbeit jedoch mehr als Pflege der Erinnerung an das Verbrechen aus der Zeit der Nazi-Diktatur. Sie bereiten sich auf den Besuch ihrer Partner im Oktober vor und haben sich auf Spurensuche nach den jüdischen Wurzeln ihrer Heimatstadt begeben. Sie kennen das jüdische Viertel mit der alten Mikwe, wissen von den Baumeistern des 12. Jahrhunderts, die Dom und Synagoge bauten, und bekommen die Vorbereitungen zum neuen Jüdischen Gemeindezentrum mit.
"Wasser, reines Wasser, rein wie im Judentum" sagt Wolf Spitzer, Schöpfer des Mahnmals, auf die Frage, womit Metall und Stein am besten zu reinigen sind. So finden die Schüler am nahen Jakobsbrunnen das Wasser und fangen mit dem Putzen an. Die Idee hierzu hatte Lehrer Uwe Schulz bei einem Rundgang durchs jüdische Speyer. Die Gruppe nimmt das Mahnmal selbst in die Hand, begreift mit den eigenen Händen, was der Künstler zum Ausdruck bringen wollte: Die Steinplatten als Symbol der jüdischen Gemeinschaft sind aus den Fugen geraten, sie stehen aber noch; nur die Namen der Toten liegen am Boden. Der Davidstern ist "verzogen", seine Ecken stumpf oder abgeknickt. Über dem Ganzen steht der Baldachin, der im gebrochenen Verhältnis seiner Streben das Geschehen unter ihm aufnimmt, aber doch im Schutz den Blick zum Himmel, zum Göttlichen bewahrt. Die Hoffnung auf ein Miteinander in Zukunft zeigt das einzige Grün der kleinen Anlage, die niedrige Hecke, die das Denkmal vom wenig attraktiven Platz trennt. Die Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren wollen mit ihrer Aktion auch ein Zeichen setzen. "Es ist nicht selbstverständlich, ein Denkmal zu putzen. Wir lernen einerseits Respekt vor den Opfern, andererseits werden wir bewusst zur Gestaltung unserer Zukunft gemahnt." sagt Nora, die bei sich zuhause auch eine Partnerin aus Yavne beherbergen wird. Die Koordinatorin des Austauschs, Lehrerin Celia Sütterlin, erklärt diese Gedenkarbeit: "Wir bereiten uns intensiv auf den Besuch vor. Wir wollen schon früh die Fragen nach der jüdischen Vergangenheit in Speyer beantworten. Diese Arbeit am Mahnmal ist dabei behilflich: Gedenkstätten sollen nicht nur örtlich einen Platz haben, sondern auch im übertragenen Sinn. Auch wenn das Mahnmal an ein schwarzes Kapitel der deutschen Geschichte erinnert, braucht die heutige Beschäftigung damit nicht von Leiden oder Schuldgefühl begleitet zu sein. Wir können hier so viel entdecken, bis hin zur bestehenden Freundschaft zwischen Juden und Christen, Israelis und Deutschen, weil der Verlust an Vergangenheit allen gemeinsam ist."
Am Ende haben die Jugendlichen einigen Müll zusammen getragen, etliche Kippen entfernt, verklebte Reste gelöst und das ganze Denkmal gründlich vom Schmutz gereinigt. Vielleicht kann aus dieser Aktion ein Projekt für die Zukunft werden, auf jeden Fall haben sie der Bürgerschaft einen Dienst erwiesen.
Pressemitteilung der Stadt Speyer