Mainz – Die Nutzung von elektromagnetischer Strahlung im Terahertzbereich steckt noch in den Kinderschuhen, aber an die Technologie werden große Erwartungen geknüpft.
Sie kann in der Medizin die Bildgebung und Diagnose verbessern und die Sicherheitstechnik auf Flughäfen unterstützen, aber auch die Kommunikationstechnik könnte davon profitieren. Bislang fehlte es allerdings an einer Terahertz-Emissionsquelle, die nutzbare Strahlung über ein breites Frequenzspektrum aussendet. Physiker des Fritz-Haber-Instituts, Berlin, und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben zusammen mit nationalen und internationalen Partnern ein neues Konzept entwickelt, um elektromagnetische Strahlung im Terahertzbereich mit einer Spintronikquelle zu erzeugen. „Wir können damit einen preisgünstigen und handlichen Sender herstellen, der praktisch die ganze Bandbreite der Terahertzfrequenzen von 1 bis 30 Terahertz abdeckt“, teilte Prof. Dr. Mathias Kläui vom Institut für Physik der JGU mit. Die Forschungsarbeit wurde im Fachmagazin Nature Photonics publiziert.
Terahertzstrahlung liegt mit einer Wellenlänge von etwa 10 Mikrometer bis 1 Millimeter zwischen der Infrarotstrahlung und Mikrowellen. Der Frequenzbereich von 0,3 bis 30 Terahertz (THz) ist äußerst nützlich, weil die Strahlung viele Materialien wie Stoffe und Plastik durchdringt, im Gegensatz zu Röntgenstrahlen aber für den Menschen ungefährlich ist. Außer für Körperscanner auf Flughäfen kann Terahertzstrahlung daher auch für Qualitätskontrollen von Nahrungsmitteln oder Bioimaging eingesetzt werden. Einer breiteren Nutzung der Terahertzstrahlung steht jedoch entgegen, dass Anwendungen zurzeit noch große und teure Apparate benötigen, um die Strahlung zu erzeugen. Außerdem decken die aktuellen Sender, die auf Halbleitertechnologie fußen, nur eine begrenzte Frequenzspanne ab.
Die neuen Sender, die die Wissenschaftler am Fritz-Haber-Institut und der JGU auf Basis der Spintronik entwickelt haben, sind skalierbar und können als Tischgeräte verwendet werden. Sie sind energiesparend, billiger in der Herstellung und einfacher zu bedienen als herkömmliche Strahlenquellen. „Unsere neue Terahertz-Emissionsquelle ist mit einer Fotodiode oder einer Solarzelle vergleichbar: Das Material wird mit einem ultrakurzen Laserpuls beleuchtet, es entsteht ein Stromstoß und eine Übertragungsantenne strahlt dann einen äquivalenten elektromagnetischen Puls aus“, erklärt Samridh Jaiswal, Koautor der Studie aus der Arbeitsgruppe von Mathias Kläui, das Prinzip. Im Unterschied zu Solarzellen wird bei der Spintronik-Variante ein nur 5,8 Nanometer dünner Metallfilm verwendet, und ein relativ schwacher Laserimpuls genügt, um das gesamte Terahertzspektrum von 1 bis 30 THz zu erzeugen.
Dünner Metallfilm als Herzstück des Senders
Der dünne Metallfilm ist das Herzstück der neuen Technologie: Er besteht aus drei Schichten mit einem Ferromagneten als Kern und zwei Schwermetallschichten aus Wolfram beziehungsweise Platin. Die Berliner und Mainzer Forscher machten sich den Elektronenspin, eine Art Drehung um die eigene Achse, zunutze, um ihr grundlegend neues Konzept zu verwirklichen. Herkömmliche Halbleiter-Strahler nutzen die elektrische Ladung von Elektronen. Der Spinstrom wird in dem ferromagnetischen Material, eine Legierung aus Cobalt, Eisen und Bor, erzeugt und wandert in das benachbarte Schwermetall, das selbst nicht magnetisch ist. Der polarisierte Spinstrom erzeugt hier einen ultraschnellen elektrischen Strom, der sich als Terahertzwelle manifestiert.
Indem sie zahlreiche Materialien in unterschiedlicher Dicke geprüft haben, trugen die Mainzer Physiker um Kläui wesentlich dazu bei, die perfekte Kombination aus Ferromagnet und Schwermetall zu finden, um einen möglichst effizienten Sender herzustellen. Die Suche nach geeigneten Kandidaten war zudem durch Berechnungen von Mitarbeitern des Forschungszentrums Jülich unterstützt worden.
„Die Ergebnisse ebnen den Weg für neue Quellen zur Terahertzemission“, erwartet Jaiswal. Er ist Mitglied des Marie Curie Initial Training Network WALL „Controlling domain wall dynamics for functional devices“,
an dem die JGU beteiligt ist. Jaiswal war für die Entwicklung der Materialien verantwortlich. Das Thema der Konvertierung von Spinströmen in elektrische Ströme durch Spin-Bahn-Kopplungseffekte und umgekehrt ist ein zentraler Bestandteil des neu eingerichteten Sonderforschungsbereiches SFB TRR 173 Spin+X.