Mannheim – Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar blickt zuversichtlich auf das beginnende Ausbildungsjahr 2016/2017. Nach einer aktuellen Unternehmensumfrage gelingt es wieder mehr Mitgliedsbetrieben, ihre angebotenen Ausbildungsplätze zu besetzen.
Das macht sich auch bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen bemerkbar. Ihre Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent gestiegen (Stand Ende April 2016). Gute Nachrichten gibt es auch für die Absolventen einer Berufsausbildung: Rund 70 Prozent der Ausbildungsbetriebe planen, in diesem Jahr alle Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Die Übernahmebereitschaft ist damit um fast 6 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gestiegen. IHK-Hauptgeschäftsführer Axel Nitschke sieht darin ein klares Signal:
„Die Sicherung der Fachkräfte von morgen hat für die Betriebe höchste Priorität“.
Bereits ein gutes Drittel der Ausbildungsverhältnisse für 2016 ist aktuell abgeschlossen. Die Betriebe stehen also vor der „heißen“ Phase der Besetzung der noch offenen Ausbildungsplätze. Aktuell sind in der IHK-Online-Lehrstellenbörse noch über 750 Ausbildungsplätze zum Start im September 2016 ausgeschrieben. Während viele größere Betriebe bereits das Bewerbungsverfahren abgeschlossen haben und nur im Einzelfall eventuell einzelne Plätze nachbesetzen, sind die kleinen und mittleren Unternehmen oft noch händeringend auf der Suche nach geeigneten Bewerbern für den Ausbildungsbeginn im September. Die IHK und die Firmen werden deshalb in den nächsten Wochen und Monaten vor allem mit den erfolgreichen Matching-Aktionen wie Speed-Datings im ganzen IHK-Bezirk alles tun, um noch möglichst viele freie Plätze und interessierte Bewerber zusammen zu bringen.
Betriebe, die im letzten Jahr nicht alle angebotenen Lehrstellen besetzen konnten, haben in der IHK-Umfrage zu rund 72 Prozent als Grund angegeben, dass keine geeigneten Bewerbungen vorlagen.
„Das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozentpunkte und zeigt, wie schwer es zunehmend wird Angebote und Nachfrage zusammen zu bringen“,
sagte Nitschke. Weitere knapp acht Prozent gaben an, überhaupt keine Bewerbungen erhalten zu haben.
„Erfahrungsgemäß ziehen sich insbesondere die kleineren Unternehmen aus der Ausbildung ganz zurück, wenn es ihnen nicht gelingt, geeignete junge Menschen zu gewinnen. Dabei bieten Ausbildungsbetriebe, die keinen bekannten Namen haben, oft großartige Chancen und sind für so manchen Jugendlichen wegen der unmittelbaren persönlichen Betreuung und raschen Übernahme von Verantwortung während der Ausbildung attraktiv“,
sagte Nitschke.
Jugendliche, die derzeit noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind, haben sich oft erst spät mit ihrer beruflichen Zukunft beschäftigt oder sind sich noch nicht klar darüber, welcher Beruf für sie geeignet ist.
„Unklare Berufsvorstellungen der Schulabgänger sind für die Ausbildungsbetriebe nach der aktuellen IHK-Erhebung das Ausbildungshemmnis Nummer 1. Gut 86 Prozent der Unternehmen stellen hier erhebliche Defizite bei den Bewerbern fest. Besorgniserregend ist nicht nur diese hohe Quote, sondern vor allem ihr Anstieg in den letzten Jahren. In der jährlichen Erhebung der IHK lag diese Quote im Jahr 2012 noch bei 46 Prozent Sie hat sich innerhalb von vier Jahren also nahezu verdoppelt. Mittlerweile bemängelt fast jeder Ausbildungsbetrieb die mangelnde Berufsorientierung der Abgänger von allgemein bildenden Schulen“,
stellt Nitschke die alarmierende Entwicklung dar und meinte weiter,
„höchste Zeit also, dass nun endlich ab nächstem Schuljahr das Fach Wirtschaft in allen gemeinbildenden Schulen angeboten wird. Darin soll es auch verstärkt um die berufliche Orientierung und den realistischen Einblick in die Welt der Arbeit gehen. Damit sich Schüler und Betriebe früh kennenlernen, haben wir ein gutes Angebot für beide. Beim ‚Tag der Berufsorientierung‘, der wir allen Schulen anbieten, kann man sich praktisch näher kommen.“
Die Bereitschaft der Unternehmen, früh Angebote an junge Menschen zu machen, zeigt sich auch darin, dass sie mehr Praktikumsplätze zur Verfügung stellen. Das Angebot, das auf der IHK-Homepage unter www.rhein-neckar.ihk24.de/ausbildung zu finden ist, hat einen neuen Höchststand erreicht. Laut Umfrage wollen knapp 90 Prozent der Unternehmen ihr Angebot an Praktikumsplätzen im gleichen Umfang beibehalten, weitere 5,6 Prozent sogar noch ausweiten.
Dass die duale Ausbildung eine gute Zukunftsinvestition ist, zeigt auch die Zufriedenheit der Firmen mit der Qualifikation der Absolventen.
„Das IHK-Zeugnis über die Berufsausbildung ist für die Firmen das vertrauenswürdigste Verfahren zur Feststellung von Kompetenzen der Bewerber. Ihm vertrauen 69 Prozent der sich an der IHK-Erhebung beteiligenden Unternehmen“,
sagte Nitschke. Damit liegt das IHK-Zeugnis sogar um neun Prozentpunkte vor den innerbetrieblichen Testverfahren der Unternehmen, wie beispielsweise den Assessment-Centern. Auch die Plätze drei und vier in diesem Ranking nehmen IHK-Testate ein. Knapp 44 Prozent der Unternehmen vertrauen IHK-Zertifikaten und 39 Prozent setzen auf IHK-Zeugnisse über einen Fortbildungsabschluss. Erst auf Rang fünf mit knapp 38 Prozent folgen die Hochschulabschlüsse.
„Dieses Vertrauen der Unternehmen in unsere gemeinsam getragene duale Berufsausbildung ist für uns Ansporn und Verpflichtung zugleich. Wir entwickeln stets neue Formate und Angebote, um unsere Qualifizierungsangebote noch passgenauer und effektiver für die Betriebe und die Fachkräfte zu gestalten. Dabei gehen wir insbesondere auf aktuelle Entwicklungen ein und machen hierfür passgenaue Qualifizierungsangebote“,
skizziert Nitschke die flexible Qualifizierungsstrategie der IHK. Jüngstes Beispiel hierfür ist das in diesem Jahr zum ersten Mal angebotene Grundlagenseminar „Interkulturelle Kompetenz im Unternehmen“ zur gelingenden Integration von Flüchtlingen oder Menschen mit Migrationshintergrund in Ausbildung oder Beschäftigung.