Mainz – Der zweite „Runde Tisch der 3 Religionen in Mainz“ widmete sich dem Verhältnis zwischen Religion und Menschenrechten.
Rabbiner Aharon Ran Vernikovsky der Jüdischen Gemeinde Mainz, der katholische Dekan Markus Kölzer, der evangelische Dekan Andreas Klodt und Selçuk Doğruer, DITIB Landesbeauftragter für interreligiöse Zusammenarbeit, diskutierten in der gut besuchten Christuskirche zum Thema „Die Würde des Menschen ist (un)antastbar. Verletzen Religionen Menschenrechte?“.
Moderator Prof. Dr. Andreas Lehnardt, Theologisches Institut der Johannes Gutenberg-Universität, stieg gleich mit der Frage nach der Rolle der Religionen bei der Entwicklung der Menschenrechte ein. Dekan Klodt erklärte, dass eine Diskussion, ob nun die Aufklärung oder die Religionen die Entstehung der Menschenrechte geprägt hätten, in seinen Augen fehl am Platz sei. Vielmehr müsse man von einem sowohl-als-auch sprechen. Dem widersprach Rabbiner Vernikovsky vehement:
„Menschenrechte kommen aus der Zivilgesellschaft und nicht von Konfessionen. Eine Kultur definiert die Werte einer Gesellschaft und damit auch eine Auslegung der Menschenrechte, wie sie es für richtig hält. Alle Religionen sind in einer Zeit entstanden, in denen von Menschenrechten noch keine Rede war, und die Schriften lesen sich auch so: Nicht der Mensch steht im Mittelpunkt, sondern Gott. Daher haben Religionen nie die Menschenrechte gefördert.“.
Doğruer erwiderte dazu, dass jedoch Religionen schon immer den Anspruch vertraten, universelle Rechte für alle Menschen einzuführen. Und Klodt führte an:
„Ich lese in der Bibel den Wunsch, dass so etwas wie Menschenrechte beachtet werden, dass Gott dazu nicht schweigt, sondern dafür eintritt. Daher sind sie meiner Meinung nach aus der biblischen Tradition heraus gewachsen.“
Wann Menschenwürde denn überhaupt beginne, fragte der Moderator und eröffnete damit einen neuen Themenkomplex in der Diskussion. Dazu äußerte sich Dekan Kölzer klar:
„Der Mensch entsteht mit der Befruchtung der Eizelle, daher ist die Menschenwürde ab diesem Augenblick auch für ihn gültig.“
Es bestünde eher die Frage, wie man in Wissenschaft und Medizin damit umgehe. Nach vielen weiteren, auch strittigen Punkten, wie der Möglichkeit zur Konversion, dem Verhältnis der Scharia zu den Menschenrechten sowie der Frage nach Staats- und Menschenrechten, ging die Diskussion nach Öffnung des Podiums mit Publikumsfragen und -meinungen rege weiter.