Mudau. Auf dem urkundlichen Papier ist die gemeinsame Grenze des Neckar-Odenwald-Kreises mit dem benachbarten Freistaat Bayern seit der badischen Urvermessung Ende des 19. Jahrhundert unverändert. In Wald und Flur werden jedoch die in der Regel durch Grenzsteine angezeigten Grenzpunkte immer wieder beschädigt, wie es auch bei der Bewirtschaftung des Waldes zwischen der badischen Gemarkung Steinbach (Gemeinde Mudau) und der bayerischen Gemarkung Preunschen (Gemeinde Kirchzell) passiert ist. Um den ursprünglichen Verlauf wieder korrekt darzustellen, beauftragte der Waldbesitzer den Fachdienst Vermessung des Kreises. Bei einem gemeinsamen Grenzfeststellungstermin Anfang Juni mit bayerischen Vermessern wurde die Grenze dann offiziell wieder festgestellt.
Zuvor standen jedoch für ein Vermessungsteam unter der Leitung des Teamleiters Bezirk Nord, Klaus Schork, anstrengende Arbeiten mitten im Odenwald an. Die nicht mehr an der richtigen Stelle sitzenden Grenzpunkte wurden aufgesucht und dort mit aufwändigen Anschlussvermessungen die Bedingungen dafür geschaffen, dass die Grenzpunkte wieder am richtigen Ort abgemarkt werden konnten. Dann begann eine intensive Zusammenarbeit und ein Austausch der technischen Daten, die in den jeweiligen Liegenschaftskatastern zu finden sind. So flossen sowohl die bayerischen Vermessungen und die badischen Vermessungsunterlagen in die Grenzfeststellung ein.
Dokumentiert wurden die vermessungstechnischen Arbeiten in einem so genannten „Fortführungsriss“, ein vielseitiges Dokument, das Informationen über die durchgeführte Vermessung als im Felde geführtes Original enthält, aber auch viele Seiten Berechnungen.
Höhepunkt und gleichzeitig Abschluss der Arbeiten war der gemeinsame Grenzfest-stellungstermin, an dem die Abmarkung nochmals überprüft und anerkannt wurde. Geleitet wurde der Termin von den jeweiligen Leitern der Vermessungsämter Thomas Wittlinger (Neckar-Odenwald-Kreis) und Andreas Zimmermann (Aschaffenburg, Außenstelle Klingenberg). Geladen waren zudem die beteiligten Grundstückseigentümer, Vertreter der Gemeinde und des Landkreises auf jeder Seite. Von bayerischer Seite nahm zusätzlich noch ein Obmann der Feldgeschworenen teil, der ein orts- und grenzkundiger Bürger der betroffenen Gemeinde ist.
Eine Besonderheit bei der Grenzfeststellung in Steinbach war die sachkundige Erläuterung der heimatgeschichtlichen Hintergründe durch Heimatforscher Bernd Fischer aus Einbach. Dieser erklärte den Verlauf und die Funktion eines so genannten Heerhaags, ein bis heute sichtbares wallartigen Hindernis. Dieser Wall hatte im Mittelalter die Funktion, den Warenverkehr in der Weise zu steuern, dass der Warenaustausch nur an dafür vorgesehenen Stationen möglich und damit kontrollierbar war.
Nach der einvernehmlichen Begutachtung und Anerkennung aller Arbeiten konnten alle Beteiligten die erforderliche Unterschrift unter die Niederschrift leisten. Damit waren nicht nur die Grenzpunkte wieder am richtigen Ort, sondern es waren jetzt auch die Koordinaten und andere Festlegungen in moderner Form in die Liegenschaftskataster übernommen worden.
Grenzfeststellungstermine an der Landesgrenze finden sehr selten statt und sind auch für erfahrene Vermesser ein nicht alltägliches Geschäft. Allerdings war es in diesem Jahr bereits der zweite Termin, denn im April wurde eine Grenzfeststellung unter bayerischer Führung an der Landesgrenze zwischen Gottersdorf und Schneeberg durchgeführt.