Heidelberg – Die Stadt Heidelberg wird eine Kommission zur Beurteilung von Straßennamen einrichten. Das hat der Gemeinderat am Donnerstag, 16. Juni 2016, einstimmig beschlossen. Die Kommission soll Straßen- und Platznamen, die nach historischen Persönlichkeiten benannt sind oder künftig benannt werden sollen, genau unter die Lupe nehmen und sich kritisch mit deren Geschichte auseinandersetzen. Die Einrichtung der Kommission wird in der zweiten Jahreshälfte vorbereitet. Voraussichtlich Anfang 2017 kann sie dann ihre Arbeit aufnehmen.
Hintergrund des Beschlusses ist ein Antrag zur Umbenennung der Haberstraße im Gewerbegebiet Rohrbach-Süd: Die Straße wurde 1970 auf Beschluss des Gemeinderates nach dem Chemiker und Nobelpreisträger Fritz Haber benannt. Dessen Name ist sowohl mit der Erfindung des Kunstdüngers als auch mit der Entwicklung der ersten chemischen Waffen verknüpft.
Der Gemeinderat beschloss am 16. Juni 2016, die Haberstraße jetzt nicht umzubenennen, aber alle Straßennamenschilder der Haberstraße mit Zusatzschildern zu ergänzen, die über die Person und Geschichte Fritz Habers informieren. Sollte die Kommission zur Beurteilung von Straßennamen künftig zu dem Ergebnis kommen, dass die Haberstraße umbenannt werden sollte, wird dies dem Gemeinderat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Zusatzschilder sind mit folgendem Text vorgesehen: „Benannt nach Fritz Haber (1868-1934), deutscher Chemiker und Nobelpreisträger (1918), Student in Heidelberg und Professor in Karlsruhe. Seine Forschungen ermöglichten u.a. die Massenproduktion von Kunstdünger und sichern bis heute die Ernährungsgrundlage für Milliarden Menschen. Er war aber auch maßgebend verantwortlich für die Entwicklung und den Einsatz der ersten chemischen Waffen im Ersten Weltkrieg gegen alliierte Truppen, was seine Frau Clara Immerwahr, die erste promovierte Chemikerin Deutschlands, öffentlich als „Perversion der Wissenschaft“ bezeichnete. Sie nahm sich am Morgen nach der Siegesfeier für den ersten deutschen Gasangriff bei Ypern (1915) das Leben.“
Der Name von Habers Ehefrau Clara Immerwahr wird auf Beschluss des Gemeinderats in die Vorschlagsliste für zukünftige Straßen- und Platzbenennungen aufgenommen.