Frankfurt am Main – 3.000 Athleten aus 65 Nationen und Hunderttausende von Zuschauern fiebern dem Startschuss vom Mainova Ironman European Championship Frankfurt am Sonntag, 3. Juli, entgegen: „Mittlerweile ist das Mega-Event mitten in der Großstadt fast zur Routine geworden“, sagt Oberbürgermeister Peter Feldmann.
Frankfurt am Main (pia) Am Anfang stand eine Vision: Tausende von Triathleten laufen im Ziel auf dem Römerberg ein, bejubelt von einer Menschenmenge, im Hintergrund ragt die Skyline auf. Ein mutiger Gedanke, denn bis zum Ende des 20. Jahrhunderts fanden Ironman-Veranstaltungen weitestgehend in der freien Natur statt. Doch Kurt Denk, Gründer des Ironman Frankfurt, hatte im Jahr 2001 einen klaren Plan, wie sich die Innenstadt in eine Sportarena verwandeln ließ. Und in der Frankfurter Stadtverwaltung fand er Mitstreiter.
Frankfurt als Nährboden für Sport-Events
„Als Austragungsort für Ausdauersportarten galt Frankfurt schon lange als Vorbild für andere Großstädte“, sagt Sportdezernent Markus Frank. Ob der Radklassiker am 1. Mai oder der Frankfurt-Marathon, der 1981 als erster Stadtmarathon Deutschlands am Main seine Premiere feierte: „Die Stadt bietet seit jeher einen Nährboden für sportliche Events – da passt der Ironman wunderbar dazu.“
So hatte der Initiator Kurt Denk nicht nur im Sportamt schnell Unterstützer – auch die damalige Oberbürgermeisterin Petra Roth stimmte für die Ironman-Pläne. Andererseits war das Vorhaben, einen kompletten Tag lang die Großstadt quasi lahmzulegen, durchaus nicht unumstritten. Doch Kurt Denk motivierte die Menschen, sich mit der Veranstaltung zu identifizieren.
Das war der Schlüssel zum Erfolg, erinnert er sich: „Von Beginn an habe ich felsenfest an meine Vision geglaubt – und die Menschen spüren, wenn jemand bereit ist, für seine Idee alles zu geben.“ Das öffne früher oder später die notwendigen Türen. Mit seinem Reiseunternehmen hatte der Frankfurter seit Mitte der 1980er-Jahre Reisen zum Ironman nach Hawaii organisiert. Dort fragte ihn die World Triathlon Corporation (WTC) als amerikanischer Ironman-Lizenzgeber im Jahr 2001, ob er jemanden wüsste, der in Deutschland eine Ironman-Qualifikation anstelle von Roth in der fränkischen Provinz auf die Beine stellen könnte. Nach einer Nacht Bedenkzeit schlug Denk sich selbst als Organisator und seine Heimatstadt als Austragungsort vor. „Dann habe ich mit heißem Herzen und klarem Kopf für den Ironman Germany in Frankfurt gekämpft.“ Das Sportamt habe ihn von Anfang an zu 100 Prozent unterstützt, betont Denk: „Dafür bin ich bis heute sehr dankbar.“
Olympia-Pläne dienten als „Beschleuniger“
Das erste Jahr war hart, da es keine Vorbilder gab. Alle 14 Tage traf sich die Organisationsrunde, auch noch in der Nacht vor dem ersten Ironman. Während in Hawaii die Athleten neben den Autos radeln, wird in Frankfurt die Strecke für den Wettkampf aus Sicherheitsgründen komplett gesperrt. Als „Beschleuniger“ der Ironman-Planung, auch in der Regional- und Landespolitik, diente die eventuelle Bewerbung Frankfurts für Olympia 2012.
Am 18. August 2002 war es dann soweit: Rund 1.800 Athleten stürzten sich zum Startschuss am Langener Waldsee ins Wasser – und immerhin 1.500 erreichten nach 3,8 Kilometern Schwimmen, 180 Kilometern Radfahren und 42,195 Kilometern Laufen das Ziel auf dem Römerberg. Die Veranstaltung war gleich ein voller Erfolg, zumal Lokalmatador Lothar Leder gewonnen hatte. Seitdem hat sich der Ironman zum Selbstläufer entwickelt. Die Verantwortlichen erhielten eine gewisse Routine, viele Logistik-Aufgaben wurden an Dienstleister vergeben, die Orga-Runde kommt jetzt nur noch ein- bis zweimal pro Jahr zusammen.
100 Helfer beim Verpflegungsstand der Stadtverwaltung
Vier bis sechs Wochen vor dem Start beginnt für das Sportamt die „heiße Phase“ der Vorbereitung. In dieser Zeit läuft auch die Anmeldung für den Verpflegungsstand der Stadtverwaltung: 100 Kollegen stehen beim Ironman in zwei Schichten am Nordufer des Mains bereit, um die Athleten mit Wasser, Energieriegeln und Bananen zu versorgen, ihnen Eiswürfel oder Schwämme zu reichen und aufmunternde Worte zuzurufen.
„Es ist faszinierend zu sehen, was sich die Leute so antun“, berichtet Frank Fella. Der Mitarbeiter im Büro der Stadtverordnetenversammlung ist seit den ersten Ironman-Jahren als ehrenamtlicher Helfer dabei. „Die Stimmung vor Ort ist super, und der Einsatz macht einfach Spaß“, sagt Fella, der am 3. Juli wieder am städtischen Stand stehen wird. Die übers Intranet vergebenen Helferplätze waren auch 2016 schnell ausgebucht.
Manchmal laufen sogar Kollegen am Stand vorbei. Marko Schäfer vom Frankfurter Hochbauamt nahm 2010 und 2014 am Ironman in Frankfurt teil, der seit 2005 auch als Ironman European Championship fungiert. „Überall feuern dich Menschen an, und beim Marathon am Main kommst du gleich viermal an der Strecke bei Freunden und Verwandten vorbei – das motiviert enorm“. Einmalig sei auch der Zieleinlauf auf dem Römerberg: „Du läufst über den roten Teppich, dein Name wird durchgesagt – auf diesen Moment arbeitet man hin.“ 2018 will Schäfer wieder an den Start gehen: Mit dann 50 Jahren spekuliert er in dieser Altersklasse auf eine Hawaii-Qualifikation.
Insgesamt 4.300 Helfer und 475 Polizisten sind beim Ironman 2016 im Einsatz. Manchmal haben sie auch ungewöhnliche Aufgaben zu lösen: 2006 hatte Kurt Denk für die Veranstaltung 300 Physiotherapeuten organisiert, die die Teilnehmer nach der Tortur ehrenamtlich auf dem Paulsplatz massieren sollten. Nur blieb das Massageöl bis kurz vor dem Startschuss unauffindbar: „Also habe ich den Polizeipräsidenten persönlich involviert“, erinnert sich der damalige Organisator. Tatsächlich schwärmten kurz danach 20 Polizeifahrzeuge aus, um in Pizzerien der Stadt nach Olivenöl zu fragen – und so kamen 100 Liter für die Pflege der geschundenen Körper zusammen.
Internationale Sportler am Start
2009 zog sich Kurt Denk von der Großveranstaltung in Frankfurt zurück; seitdem läuft die Organisation über die Ironman Germany GmbH. „Die Zusammenarbeit mit Frankfurt als einer der wichtigsten Sportstädte in Deutschland ist äußerst fruchtbar und vertrauensvoll“, lobt deren Geschäftsführer Björn Steinmetz. Der Ironman biete Athleten zum Anfassen, und dadurch entstehe ein Miteinander von Triathleten und Zuschauern, das weit über das sportliche Ereignis hinausgehe. Wie reizvoll die Atmosphäre für die Teilnehmer des Ironman European Championship ist, zeigt sich auch daran, dass die Startplätze fürs kommende Jahr stets sehr schnell vergeben sind.
Die Zusammensetzung der Teilnehmer ist internationaler als beim Marathon. Der Hessische Rundfunk überträgt live, bis die weltbesten Triathleten knapp acht Stunden später beim Zieleinlauf auf dem Römerberg bejubelt werden: „Diese Imagewerbung für die Stadt ist kaum bezahlbar“, sagt Sportdezernent Frank. Einmal gab es bei den schnellsten Frauen 2007 sogar ein Kopf-an-Kopf-Rennen, „das kann man sich bei solch einem langen Wettbewerb kaum vorstellen“. „Auch in diesem Jahr werden beim 15. Ironman Frankfurt die Sportler wieder an ihre Grenzen gehen und wie jedes Jahr begrüßen auch 2016 die Sieger später die Letzten im Zieleinlauf auf dem Römerberg – das hat in Frankfurt Tradition“, erläutert Oberbürgermeister Peter Feldmann anschließend.