Heidelberg – Der mit 15.000 Euro dotierte Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil 2016 der Stadt Heidelberg geht an den 1926 geborenen deutsch-jüdischen Schriftsteller Edgar Hilsenrath. Die Auszeichnung wird alle drei Jahre an Schriftstellerinnen und Schriftsteller vergeben, die im Exil in Deutschland leben oder als Nachkommen mit diesem Thema in Berührung kamen, sich literarisch damit auseinandersetzten und in deutscher Sprache publizieren.
In der Begründung der Jury heißt es: „Mit Edgar Hilsenrath ehren wir einen Schriftsteller, dessen Lebenswerk der Erfahrung von Exil in literarisch einzigartiger, kühner Weise Ausdruck verliehen hat. Seine Romane, getrieben von einer düster-schwarzen Phantasie, sind Versuche, das Grauen, das Menschen anderen Menschen antun, in Formen der Groteske erzählbar zu machen. Der Ort seines Erzählens ist das Lachen, das einem im Halse stecken bleibt – zwischen Zynismus, Trauer und Selbstbehauptung.“ Der Preis wird im Herbst 2016 an Edgar Hilsenrath überreicht.
Edgar Hilsenrath ist ein deutsch-jüdischer Schriftsteller, dessen Themen die Judenverfolgung und der Holocaust, aber auch der Völkermord an den Armeniern sind. Zu seinen Hauptwerken zählen die Groteske „Der Nazi & der Friseur“ sowie die Romane „Nacht“ und „Das Märchen vom letzten Gedanken“. Hilsenrath wurde 1926 als Sohn eines Kaufmanns in Leipzig geboren und musste 1938 mit der Mutter aus Halle, wo er seine Jugend verbrachte, zu den Großeltern nach Rumänien in die Bukowina fliehen. 1941 wurde er in ein jüdisches Ghetto in der Ukraine deportiert. Hilsenrath überlebte, kehrte in die Bukowina zurück und wanderte 1945 nach Palästina aus. 1947 fand er mit der Familie in Lyon zusammen und ging 1951 nach New York, wo der Hauptteil sowohl von „Nacht“ als auch von „Der Nazi & der Friseur“ entstand. 1975 kehrte er wegen der deutschen Sprache nach Deutschland zurück. Für seine Werke erhielt er zahlreiche Auszeichnungen im In- und Ausland, darunter den Preis des Präsidenten der Republik Armenien, sowie die Ehrendoktorwürde der Staatlichen Universität Eriwan.
Der Preis „Literatur im Exil“
Der Preis „Literatur im Exil“ wurde 1992 von der Stadt Heidelberg anlässlich des 80. Geburtstages der Ehrenbürgerin und ersten Preisträgerin Hilde Domin gestiftet. Seitdem wird die Auszeichnung alle drei Jahre an Schriftstellerinnen und Schriftsteller vergeben, die im Exil in Deutschland leben oder als Nachkommen mit diesem Thema in Berührung kamen, sich literarisch damit auseinandersetzten und in deutscher Sprache publizieren. Die Vergabe kann entweder für eine Einzelleistung oder in Anerkennung des Gesamtwerkes erfolgen. Bei ins Deutsche übersetzten Werken kann der Übersetzer oder die Übersetzerin nach Ermessen der Jury bis zu einem Drittel am Preis beteiligt werden. Der Preis ist dotiert mit 15.000 Euro. Zu Ehren Hilde Domins wurde der Preis nach ihrem Tod im Februar 2006 in „Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil“ umbenannt. 2016 wird er erstmals im Rahmen des Programms der UNESCO City of Literature Heidelberg vergeben.
Bisherige Preisträger
Neben Hilde Domin erhielten den Preis bisher der Autor SAID, Boris Chasanow und dessen Übersetzerin Annelore Nitschke, Stevan Tontic, Hamid Skif, Sherko Fatah, Oleg Jurjew sowie Abbas Khider.
Mitglieder der Jury des Hilde-Domin-Preises:
- Prof. Dr. Axel Dunker (Professor für neuere und neueste deutsche Literaturgeschichte und Literaturtheorie an der Universität Bremen, Leiter des Instituts für kulturwissenschaftliche Deutschlandstudien Bremen),
- Hauke Hückstädt (Literaturvermittler, Autor, Literaturkritiker und Leiter des Literaturhauses Frankfurt am Main e.V.),
- Ijoma Mangold (Literaturkritiker und Literaturchef der Wochenzeitung „Die Zeit“),
- Andreas Platthaus (Journalist, Chef des Ressorts Literatur und Literarisches Leben der „FAZ“)
- Inga Pylypchuk (Journalistin und freie Autorin, Redakteurin für „Die Welt“).