Mannheim – Ganze 17 Minuten durfte der VfR Mannheim am gestrigen Mittwochabend von einer Pokalsensation träumen. Denn von der 65. bis zur 82. Minute führten die Rasenspieler im Achtelfinale des bfv-Rothaus-Pokals gegen den hohen Favoriten FC Astoria Walldorf mit 2:1.
Schon in den ersten Minuten merkte man auf VfR-Seite: Da geht heute was. Die Elf von Hakan Atik legte alles in die Waagschale, was es für eine Sensation gegen einen zwei Klassen höher spielenden Kontrahenten braucht: Kampfbereitschaft, hohe Konzentration in der Abwehr und nicht zu viel Respekt vor dem Gegner.
Geburtstagskind Piero Adragna hatte mit einem Distanzschuss, den FC-Keeper Wieszolek erst im Nachfassen unter Kontrolle brachte, die erste Chance der Partie (6.). Die erste Gelegenheit auf der anderen Seite nutzte der Regionalligist dagegen sogleich. Timo Kern war an der Strafraumgrenze eiskalt und netzte zum 0:1 ein (11.). Schon alles gelaufen? Von wegen!
Der VfR ließ sich nicht beirren auf dem Weg sich heute beim „Spiel des Jahres“ zu zerreißen. Couragiert und ohne Angst ging man in die Zweikämpfe und war auch beim Ballbesitz den Gästen eine Nasenlänge voraus. Mitte der 1. Halbzeit eroberte der Titelverteidiger aber Spielanteile zurück, ohne sich jedoch echte Torchancen herauszuspielen.
Nach einer halben Stunde dann urplötzlich tumultartige Szenen auf Höhe der Ersatzbänke. Was war passiert? Zunächst ließ sich Ugur Beyazal zu einem groben Foul gegen Timo Kern hinreißen, was wiederum Steffen Haas dazu veranlasste Beyazal im wahrsten Sinne des Wortes an die Gurgel zu gehen. Nach kurzer Besprechung mit seinen Assistenten zückte Schiedsrichter Pascal Rohwedder für beide glatt Rot (30.). Mit zehn gegen zehn ging es also weiter.
Kurz vor der Pause legte dann der VfR einen Zahn zu. Nach einer Hereingabe von Max Denelfeh, klärte ein Walldorfer vor dem einschussbereiten Marc Haffa in höchster Not. Aus der anschließenden Ecke resultierte dann ein Kopfball von Norbert Kirschner, der an die Querlatte knallte (43.).
Kaum hatte der Unparteiische 3 Minuten Nachspielzeit angezeigt, musste er schon die nächste Entscheidung treffen: Elfmeter für den VfR. Marcel Höhn war unsanft gelegt worden. Ajdin Zeric schnappte sich die Kugel und verwandelte zum umjubelten Ausgleichstreffer (45.+1).
Ohne Spielerwechsel ging es nach dann in die 2. Halbzeit, in der die Astoria druckvoll begann. In der 53. Minute parierte Timo Utecht im VfR-Gehäuse einen Schuss von Andreas Schön, und überhaupt war es nun die beste Phase des Regionalligisten. Doch in genau diese setzte der VfR ein Ausrufezeichen in Form eines Konters über Marcel Höhn. Der steckte den Ball genau in die Gasse auf Jeffrey Addai, dieser zog ab und der geblockte Ball bekam so einen Dreh, dass er über Wieszolek hinweg im Tor landete. 2:1 – die Sensation zum Greifen nah (65.)!
Nach Wiederanpfiff vergab die Marcel Carl die Riesenchance zum Ausgleich, er schoss aus kurzer Entfernung über das Tor (66.). Die Astorstädter setzten nun alles auf eine Karte, schnürten die Mannheimer wie bei einem Handballspiel regelreicht ein. Und tatsächlich, in der 82. Minute war es wieder mal Schön, der sich ein Herz fasste und mit einem strammen Schuss aus 20 Metern das 2:2 erzielte.
Genauso bitter für den VfR eine Szene in der Schlussminute. Joseph Olumide verletzte sich bei einem Zweikampf so schwer, dass er schon 10 Minuten nach seiner Einwechslung mit der Trage vom Spiel geholt werden musste. Die Diagnose wird im Laufe des heutigen Tages erwartet. Auch wegen dieser langen Behandlungspause wurden fast stolze 8 Minuten nachgespielt. Am Ergebnis änderte sich jedoch nichts mehr. Es gab Verlängerung.
Die 1. Halbzeit verlief dabei eigentlich ohne nennenswerte Szenen, aber kurz vor dem zweiten Seitenwechsel dann doch die Führung für die Gäste. Nach einem Eckball konnte Utecht zunächst klären, doch Ugurtan Kizilyar sprang der Ball direkt vor die Füße, was er zum 2:3 nutzte (105.).
Der zweite Teil der Verlängerung gehörte dann dem VfR, der nochmal alles nach vorne warf. Nur ein Treffer sollte nicht mehr fallen. Zumindest nicht für den Underdog. Dagegen sorgte Ex-Rasenspieler Harun Solak für die Entscheidung, als er aus zentraler Position zum 2:4 vollstreckte (117.). Wenig später war Schluss und der Favorit im Viertelfinale, in dem er auswärts auf den FV Lauda trifft.
Was für den VfR blieb, war die Erkenntnis auch mit einem Regionalligisten auf Augenhöhe mitspielen zu können, denn genau diese bescheinigte FCA-Trainer Matthias Born den Mannheimern auf der anschließenden Pressekonferenz. Schon am Sonntag geht’s für die Blau-Weiß-Roten in der Liga weiter. Gegen den Oberligaabsteiger FC Germania Friedrichstal wäre eine ähnliche Leistung ganz wichtig, um auch gegen diesen spielstarken Gegner wichtige Punkte einzufahren!