Kaiserslautern – Die Energiewende ist bereits seit einigen Jahren spürbar in den Energieversorgungsnetzen angekommen.
Insbesondere in den Niederspannungsnetzen, die die Energie bis zum Kunden transportieren, ist der starke Zubau von hauptsächlich Photovoltaikanlagen, aber auch anderen Erzeugern, zu spüren. War einst der Energiefluss vom Kraftwerk zum Verbraucher in eine Richtung klar definiert, ist dies heute nicht mehr der Fall. Die Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie speisen nun, in der Regel wetterabhängig und somit schwer kalkulierbar, Energie zurück in übergeordnete Netzebenen. Eine Situation, die mittlerweile spürbar zu Problemen in der untersten Netzebene, den Niederspannungsnetzen führt. Spannungen können unzulässige Werte erreichen oder Kabel und Leitungen aufgrund hoher Ströme stark be- und sogar überlastet werden.
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen wird am Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiemanagement (ESEM) an der TU Kaiserslautern intensiv an neuen Konzepten geforscht, die aufwendige Maßnahmen zum Ausbau verringern sollen. Dabei wurde im Forschungsprojekt „Flexibler Ortsnetz Spannungs- und Wirkleistungsregler“ (FLOW-R) ein völlig neues Betriebsmittel entwickelt, das sowohl Spannung als auch Leistungsfluss in einem vermaschten Niederspannungsnetz regeln kann. Mit Hilfe dieses Netzreglers können somit weitere Erzeuger oder auch große Lasten, wie zum Beispiel Ladestationen für Elektrofahrzeuge integriert werden. Der kürzlich in Betrieb genommene Prototyp wurde dazu in Kooperation mit der Firma Walcher GmbH & Co. KG als Hersteller und den Projektpartnern Pfalzwerke AG, Pfalzwerke Netze AG und der Firma Power Plus Communications AG im Rahmen des vom BMWi geförderten Projektes entwickelt.
Bevor der Regler jedoch im Rahmen eines Feldtests zum Kunden kommt, muss dieser erst intensiven Untersuchungen standhalten. Hierzu wurde über mehrere Monate am Lehrstuhl ESEM ein spezieller Prüfstand entwickelt und aufgebaut, der ein vermaschtes Niederspannungsnetz, inklusive Lasten und PV-Anlagen, nachbildet.
„Die Besonderheit liegt in der Nachbildung des Netzes, bei der die Entwicklung und Fertigung am Lehrstuhl erfolgte, da auf keine am Markt erhältlichen Komponenten zurückgegriffen werden konnte“,
erläuterte der für das Projekt zuständige Mitarbeiter Dipl.-Ing. Stefan Lang. Somit können die Forscher in diesem nun kürzlich eröffneten Smart-Grids-Labor unter realen Bedingungen Komponenten für zukunftsfähige, intelligente Netze entwickeln und testen. Im Rahmen der Eröffnung wurde das Labor durch den Inhaber des Lehrstuhls, Prof. Dr.-Ing. Wolfram H. Wellßow, und seinen Mitarbeiter Stefan Lang Prof. Dr. Arnd Poetzsch-Heffter, Vizepräsident Forschung und Technologie, sowie den geladenen Gästen des Fachbereichs Elektrotechnik und Informationstechnik und den Projektpartnern vorgestellt.
„Mit Hilfe des Prüfstands kann nicht nur das neu entwickelte Betriebsmittel unter Extrembedingungen getestet werden, sondern es wurde auch der Grundstein für weitere Forschungsvorhaben gelegt. Das neue Labor stellt somit eine nennenswerte Bereicherung dar“,
merkte Professor Wellßow an. Zusätzlich ist auch eine Nutzung für die studentische Ausbildung geplant, wobei
„Versuche zum Beispiel zur Auswirkungen von PV-Anlagen auf die Netzspannung angeboten werden sollen“,
ergänzte Lang. Bis zum Ende des Jahres wird nun der Regler in verschiedensten Szenarien untersucht und geprüft, bis dieser dann Anfang 2017 in einem echten Ortsnetz installiert und getestet wird. Die ersten äußerst positiv verlaufenen Untersuchungen zeigen bereits, dass bis zum Ende des Forschungsprojektes im September 2017 ein derzeit einzigartiges Betriebsmittel entwickelt wurde, das einen nennenswerten Beitrag zur Integration zukünftiger Verbraucher und Erzeuger in die Niederspannungsnetze leistet. Das neue Labor wird auch danach noch für weitere Projekte zur Verfügung stehen und ebenfalls seinen Beitrag innerhalb der Forschung und Lehre für die Umsetzung der Ziele einer erfolgreichen Energiewende beitragen.