Mannheim – Im Januar 2015 hat das Haus des Jugendrechts in Mannheim seine Arbeit aufgenommen. Unter einem Dach vereint arbeiten Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfe im Strafverfahren mit der Zielsetzung, Jugendkriminalität wirksam zu bekämpfen, eng abgestimmt zusammen. Und das mit Erfolg, wie Polizeipräsident Thomas Köber, Leitender Oberstaatsanwalt Alexander Schwarz und Bürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb nun im Rahmen einer Bilanzpressekonferenz bestätigen konnten.
„Es ist bemerkenswert, dass das Haus des Jugendrechts, was den polizeilichen Part anbelangt, diese hohe Belastung von Anfang an überstanden hat“, blickt Polizeipräsident Thomas Köber auf die enormen Herausforderungen der jüngsten Vergangenheit. „Ursächlich dafür war die Flüchtlingslage, die auch vor dieser Einrichtung nicht halt gemacht und teilweise den Fokus verändert hat. Das konnte nur gestemmt werden, weil sich alle Beteiligten mit außergewöhnlichem Engagement der Aufgabe verschrieben haben“, lobt der Polizeipräsident die Zusammenarbeit der Kooperationspartner.
Auf Basis der vereinbarten Ziele wie Weiterentwicklung der Jugendstrafrechtspflege durch Verkürzung der Verfahrensdauer, schnellere und abgestimmte Reaktion auf delinquentes Verhalten, Reduzierung der Jugenddelinquenz oder etwa Verbesserung der interdisziplinären Kommunikation arbeiten die Institutionen Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendhilfe im Rahmen ihrer jeweiligen Aufgabenbereiche. Durch die enge Abstimmung der beteiligten Behörden und die dadurch optimierten Verfahrensabläufe ist es gelungen, die Reaktionszeiten auf Straftaten zu verkürzen und damit einhergehend frühzeitige erzieherische Impulse zu setzen. Zudem konnte die Zahl der Diversionen, also die Vermeidung von Anklagen vor Gericht durch erzieherische Maßnahmen, weiter ausgeweitet werden.
„Die erreichte Ausweitung der Diversionen und die Verkürzung der Verfahrensdauer sind bei der Umsetzung des Erziehungsgedankens, der das Jugendstrafrecht beherrscht, wesentlich. Dies ist uns schon im ersten Jahr gelungen“, stellt Leitender Oberstaatsanwalt Schwarz fest.
Erweitert und intensiviert hat sich die Arbeit der Jugendhilfe im Strafverfahren, deren Aufgabe in der Beratung, Begleitung und Betreuung von straffällig gewordenen Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden besteht. Auch Eltern finden hier geeignete Ansprechpartner rund um das Thema Straffälligkeit ihrer Kinder. Gemeinsam mit externen Partnern werden möglichst passgenaue Angebote entwickelt, um die Auseinandersetzung mit begangenen Straftaten zu befördern, Formen der Wiedergutmachung umzusetzen und weitere Straffälligkeit zu verhindern.
„Wir können alle sehr stolz darauf sein, wenn wir schon nach einem Jahr feststellen: ‚unser Ansatz funktioniert‘“, ist auch Bürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb von der Arbeit des Hauses des Jugendrechts überzeugt. „Steht für die Jugendhilfe im Strafverfahren bei den 218 Fällen 2015 von Straftaten durch Kinder, die noch keine 14 Jahre alt und damit nicht strafmündig waren, das Gespräch zwischen Kindern und Eltern im Fokus, sind es bei straffälligen Jugendlichen und Heranwachsenden bis 20 Jahre Maßnahmen zur Wiedereingliederung und Resozialisierung“, geht Freundlieb auf einen Aspekt der gemeinsamen Arbeit ein. „Besonders wichtig ist es dabei, den Jugendlichen eine Perspektive zu bieten“, so die Bürgermeisterin weiter, „umso mehr freue ich mich, dass wir mit der Bundesagentur für Arbeit einen weiteren wichtigen Partner im Boot haben.“
Beim Blick auf die Erscheinungsformen von Jugenddelinquenz in Mannheim im Jahr 2015 fällt auf, dass die Zahl der 14- bis 21-jährigen Straftäter, insgesamt waren es vergangenes Jahr 775, weiter abnimmt, obwohl mehr Jugendliche und Heranwachsende in Mannheim leben. Von den insgesamt 2.311 registrierten Delikten wurden im Rahmen der Diversion 658 Bagatelldelikte wie Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, Leistungserschleichung, also das Schwarzfahren, und Ladendiebstahl bearbeitet. Bei den 445 Gerichtsverfahren in 2015 wurden 1.653 Delikte verhandelt. Auch hier waren Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und Leistungserschleichung angeklagt, aber auch Betrug (18,1 %) und Diebstahl (11,4 %) boten Anlass für Verhandlungen.
Nach über einem Jahr der Zusammenarbeit in dieser neuen Kooperationsform kann ein positives Fazit gezogen werden. Durch neue Kommunikations- und Kooperationsstrukturen verbesserte sich das erfolgreiche Zusammenwirken im Alltag deutlich, was nicht nur ein Gewinn für die betroffenen Jugendlichen, sondern die gesamte Mannheimer Stadtgesellschaft bedeutet.