Karlsruhe – In den letzten 70 Jahren hat sich die Weltbevölkerung auf mehr als sieben Milliarden Menschen verdreifacht und die globale Durchschnittstemperatur ist um fast ein Grad Celsius gestiegen. Bevölkerungswachstum und Klimawandel stellen große Anforderungen an die moderne Landwirtschaft. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verbindet Informatik und Biologie, um die Gene zu identifizieren, welche Pflanzen resistenter gegen Stressfaktoren wie Trockenheit und salzige Böden machen.
„Um den veränderten Anforderungen an die Landwirtschaft gerecht zu werden, ist eine Entwicklung neuer Pflanzensorten unumgänglich. Dafür brauchen wir ein besseres Verständnis wichtiger Kulturpflanzen, wie Reis, der als weltweit wichtigste Nahrungsquelle gilt“,
erklärt Dr. Michael Riemann aus der Arbeitsgruppe Molekulare Zellbiologie am Botanischen Institut des KIT. Zusammen mit dem Startup da-cons hat er das RiSeGrAn-System (Rice Seedlings Growth Analysis-System) entwickelt, welches das Wachstum von Reiskeimlingen analysiert. Durch den Vergleich genetisch unterschiedlicher Sorten kann man dann auf die Funktion bestimmter Gene für die Resistenz gegen verschiedenste Stressfaktoren schließen. Da sich die Forschung auf die ersten Stadien der Keimling-Entwicklung konzentriert, kann sie verschiedene Genvariationen schneller klassifizieren. Das System fotografiert mit einer Infrarot-Kamera die im Dunkeln wachsenden Pflanzenkeimlinge.
„Diese müssen deshalb zunächst im Dunkeln wachsen, damit sie besonders lichtempfindlich werden. Dann können wir den Effekt von Licht auf die Keimlinge messen“,
erläutert Riemann. Die Bilder wertet das System im nächsten Schritt automatisch aus.
Aufbau des RiSeGrAn-Systems
Das System befindet sich in einer 50 mal 50 Zentimeter großen Box, deren Inneres 20 Infrarot-LEDs beleuchten. „Die Keimlinge ändern ihr Aussehen komplett, je nachdem, ob sie im Licht oder im Dunkeln wachsen. Das System soll die Pflanzen aber nur beobachten und nicht beeinflussen. Deshalb ist die Box so konstruiert, dass kein sichtbares Licht auf die Keimlinge fällt“, sagt Riemann. Die Samen stecken in einer abgedichteten Platte in Wasseragar, einem transparenten Nährboden, der gleichzeitig die Keimlinge mit Wasser versorgt. Für eine detaillierte Dokumentation des Pflanzenwachstums nimmt das System computergesteuert zehn Tage lang stündlich ein Bild auf, ohne dass ein Mensch in die Box schauen müsste. Von der da-cons GmbH entwickelte Algorithmen bestimmen aus den Bildern dann die Länge des Sprosses, des ersten Blattes und der Wurzel. Außerdem überträgt der Computer die Bilder automatisch auf einen Server, dort können Forscher sie einsehen.
Ein Videobeitrag veranschaulicht das RiSeGrAn-System:
http://da-cons.de/uploads/images/videos/RiSeGrAn__description.mp4
„Das System ermöglicht es uns, von bekannten Genen unbekannte Eigenschaften zu entdecken. Aktuell können wir zum Beispiel Parameter wie den Keimzeitpunkt oder das Wachstum bestimmter Gewebe genau messen. Die Messungen können molekularbiologische Untersuchungen dabei unterstützen, die Gene zu identifizieren, die Pflanzen resistenter gegen bestimmte Stressfaktoren, wie zum Beispiel Bodenversalzung, machen.“,
erklärt Riemann.
OpenData-Plattform
Als nächsten Schritt planen die Entwickler des Projekts RiSeGrAn aus den gesammelten Daten eine online OpenData-Plattform aufzubauen, auf der Wissenschaftler ihre Daten veröffentlichen können. Bei OpenData geht es darum, gewonnene Rohdaten aus Experimenten für andere Wissenschaftler zur Verfügung zu stellen. Forscher können die ursprünglichen Ergebnisse überprüfen oder die Daten auf andere Merkmale hin untersuchen.
„Anhand der Daten aus dem RiSeGrAn-System können wir nun testen, wie wir diese am besten in die OpenData-Plattform einspielen. Außerdem können wir die Anforderungen an die Rechnerkapazität abschätzen und verschiedene Möglichkeiten der Präsentation der Ergebnisse untersuchen“,
so Dr. Michael Kreim, Entwicklungsleiter der da-cons GmbH.
„Allgemein lassen sich mit realistischen Daten die technischen Hintergrundprozesse und die Benutzerschnittstelle besser entwickeln, als mit Testdaten.“
Die Datensätze aus dem RiSeGrAn-Projekt nutzt da-cons, um die Anforderungen an die Plattform zu bestimmen und diese zu testen.