Mainz – Der Standort Rheinhessen bietet gute Voraussetzungen für Unternehmen, die sich dem digitalen Wandel stellen.
Jetzt kommt es darauf an, die Möglichkeiten und Chancen der Digitalisierung vor allem in kleinen und mittelständischen Betrieben noch bekannter zu machen. Mit diesem Ziel veranstalteten die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen (IHK), die Initiative Neue Qualität der Arbeit, ddn – Das Demografie-Netzwerk e.V. und Mandelkern Marketing & Kommunikation mit Unternehmensvertretern aus der Region den „Kompaktkongress Digitale Wirtschaft“ in Mainz.
Nach den Worten von IHK-Präsident Dr. Engelbert J. Günster ist die Breitbandversorgung Rheinhessens im landesweiten Vergleich zwar komfortabel. Denn mehr als 95 Prozent der Privathaushalte sind ans Netz angeschlossen und auch die Versorgung der Gewerbegebiete mit bis zu 50 Megabit pro Sekunde entspricht dem Niveau anderer rheinland-pfälzischer Ballungsräume. Doch Günster meint:
„Das aktuelle Ziel, alle Haushalte bis 2018 mit 50 Mbit/s im Download zu versorgen, greift mit Blick auf die Anforderungen der Wirtschaft zu kurz. Stattdessen sollte bereits heute der Aufbau glasfaserbasierter Netze richtig vorbereitet werden – nämlich unter frühzeitiger Einbindung der Unternehmen in die regionalen Ausbauvorhaben.“
Wie groß offenkundig der Bedarf an Infrastruktur bereits heute ist, lässt die 2016 erschienene Digital-Index-Studie der Mainzer Unternehmensberatung DATAlovers AG erahnen. Demnach steht Mainz bundesweit unter allen Landeshauptstädten auf Platz eins bei der Nutzung Sozialer Medien durch Unternehmen.
„Das erste Fundament für die Digitalisierung der rheinhessischen Wirtschaft ist gelegt“,
sagte der IHK-Präsident. Dennoch bleibe der Mittelstand in der Region – wie auch andernorts in Deutschland – noch verhalten:
„Viele Unternehmerinnen und Unternehmer empfinden den Weg zur Industrie 4.0 und Arbeitswelt 4.0 als organische Entwicklung, die von alleine mitläuft oder jedenfalls keiner besonderen Anstrengungen oder Strategieänderungen bedarf. Das zeigt den Bedarf an einem Diskurs über die digitale Transformation in Rheinhessen. Mit dem Kompaktkongress wollen wir kleinen und mittleren Betrieben Orientierung bieten und aufzeigen, was die Digitalisierung den Unternehmen abverlangt.“
Für ddn – Das Demografie-Netzwerk e.V. ist der Kongress die Leuchtturmveranstaltung zum bundesweiten Aktionstag „Arbeitswelt 4.0″. Vorstandsvorsitzender Rudolf Kast erläuterte:
„Uns geht es darum, die Menschen, die Beschäftigten, in der digitalen Transformation mitzunehmen. Wir sind uns sicher, dass die digitale Transformation die Welt verändern wird. Es liegt an uns, diese Veränderung werteorientiert zu gestalten. Es geht immer noch um den Faktor Mensch. Und dieser Mensch ist verunsichert, weil er nicht weiß, was Roboter am Arbeitsplatz und andere Entwicklungen für ihn bedeuten. Der wertorientierte Diskurs ist der Teil, den ddn bei dem Kongress beisteuern möchte.“
Der wissenschaftliche Leiter des Educational Technology Lab im Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), Prof. Dr. habil. Christoph Igel, behandelte das Thema „KMU digital – Zwischen Industrie 4.0 und Qualifizierung 4.0“. Demnach sind Internettechnologien bei der digitalen Transformation der wesentliche Stimulus: „ … doch nur erweitert um Fragen der Bildung, der Qualifizierung, der Organisations- und Unternehmensentwicklung ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild. Das erfordert jedoch ein verändertes Denken. Nicht mehr das Lernen auf Vorrat, nicht mehr die Aufstiegsqualifizierung alleine sind relevante Themen der Personalwirtschaft. Arbeitsplatzintegrierte Qualifizierung, nutzerzentriert, agil, herausfordernd – und vielfältig technologisch unterstützt.“ Zudem treffen die Manager nicht selten auf bestens vorbereitete Arbeitnehmer, die ein differenziertes Verständnis von digitaler Transformation im Betrieb besitzen.
Igel empfiehlt auf dem Weg zur Neuinterpretation eines bis dato analogen Unternehmensbildes innovative Dialogformate mit den eigenen Mitarbeitern, mit Kunden und auch mit anderen Unternehmern:
„Das heißt nicht, dass Geschäftsführer mit Mitarbeitern und Kunden das kleine und große Einmaleins ihres exklusiven Geschäftsmodells und ihrer Value Proposition diskutieren müssen. Aber wenn es darum geht, betriebliche Prozesse digital zu optimieren, ist selbst im noch so traditionsbewussten Mittelstandbetrieb durchaus die Ideenbörse angesagt.“
Drei Aspekte des digitalen Wandels in kleinen und mittelständischen Betrieben diskutierten die rund 200 Kongressbesucher mit führenden Repräsentanten aus Unternehmen, der Wissenschaft und der Politik in drei kompetent besetzten Foren. Themen waren „KMU 4.0: Neue Arbeitsformen – Agilität für alle?“, „Breitband: Die Gigabyte-Gesellschaft braucht Infrastruktur“ und „Mensch: Wir wollen keine Mensch-Maschine“.