Bad Kreuznach – Die Sprache ist der Schlüssel zur Welt. In sechs städtischen Kitas werden die Kinder über ein Bundesprogramm durch Fachkräfte zusätzlich gefördert.
Dazu gehört auch die Kita Steinkaut. Darüber hinaus gibt es dort eine Besonderheit, die sich sehr positiv auf das Sozialverhalten auswirkt. Kinder lernen mit dem gehörlosen Erzieher Daniel Beinhoff Wörter aus ihrem Alltag in der Gebärdensprache. Jeder hat seinen Gebärdensprachen-Namen, der über Gestik gezeigt und damit „ausgesprochen“ wird.
„Für die Kinder ist das wie eine Geheimsprache und daher auch spannend“,
so Beinhoff, der mit den Vorschulkindern für die Geburtstagsfeier „40 Jahre Kita Steinkaut“, Lieder in Gebärdensprache eingeübt hatte.
Die Gehörlosigkeit des Erziehers ist in der Kita Steinkaut keine Kommunikations-Barriere sondern etwas Normales, was zum Alltag gehört. Die Kinder tippen ihm zuweilen als Zeichen der Aufmerksamkeit auf die Schulter. Die Gebärdensprache hilft auch bei der Integration der Flüchtlingskinder, denn so funktioniert die Verständigung, etwa beim Essen und Trinken, besser. Zu den Wünschen, was die Kinder an welchen Wochentagen machen möchten, hängen an der Wand Bilder mit Fingeralphabet und der Schreibschrift. Auch beim Üben mit Computerprogrammen und Bücher zur Gebärdensprache sind die Kinder mit Begeisterung dabei,
Daniel Beinhoff ist von Geburt an schwerhörig. Im Alter von 21 Jahren verschlechterte sich das Gehör durch eine Tinnitus-Erkrankung weiter. Die Entscheidung für Cochlea-Implantate fiel Beinhoff sehr schwer, denn viele Schwerhörige und Gehörlose lehnen diese Hilfen aus prinzipiellen Gründen ab. Daniel Beinhoff versuchte es ein paar Wochen ohne, mit dem Ergebnis, dass er sich. „völlig hilflos fühlte.“ Nach dieser Erfahrung und dem o.k. seiner Freunde ließ er sich die Implantate einsetzen, 2008 im rechten Ohr und 2010 im linken.
Daniel Beinhoff besuchte den Gehörlosenkindergarten in Erfurt, dann die Schule für Schwerhörige in Chemnitz. Die kaufmännische Wirtschaftsschule für Hör- und Sprachgeschädigte in Neckargemünd schloss er mit der Mittleren Reife ab. Es folgte die Ausbildung zum Informationsassistent in Dresden mit Praktikum für Programmentwickler in Koblenz. Durch das lange Sitzen im Büro bekam Daniel Beinhoff große Rückenprobleme. Er ließ sich zum Erzieher umschulen.
Nach den Stationen „ambulant-betreutes Wohnen für Gehörlose“ und dann in „Taubstummenheim“ im Zwickau, bewarb er sich bei mehreren Kitas im Nahe-Hunsrück-Raum, aus privaten Gründen, denn „in Sohren leben meine Patenkinder, Zwillinge“, so Beinhoff. Seit April 2014 arbeitet er als Erzieher in der Steinkaut. Dort ist er von seinen 21 Kolleginnen und Kollegen gut aufgenommen und wird auch beim Vermitteln der Gebärdensprache aktiv unterstützt, so zum Beispiel von Christian Rudolf, der ebenfalls aus Zwickau stammt, und dort in seiner Ausbildung als Heilerziehungspfleger Grundkenntnisse der Gebärdensprache lernte.
Bei den Teambesprechungen ist einmal im Monat ein Gebärdendolmetscher dabei, der aber jedes Mal aus Neuwied oder Frankenthal anreisen muss. Daniel Beinhoff will nun eine „technische Lösung“ testen, eine Verbindung über VideoSign mit Webcam und Laptop. Dies wäre nicht nur kostengünstiger, sondern wurde auch dafür sorgen, dass eine Übersetzung bei jeder Teambesprechung, die einmal pro Woche stattfindet, möglich wäre. Die Kita-Leiterin Beate Keller ist sehr glücklich, dass sich die „Vielfalt unserer Gesellschaft auch in unserem multikulturellen Team mit sieben Sprachen und den unterschiedlichsten Fähigkeiten findet.“
Daniel Beinhoff ist mit seiner Arbeit mit den Kindern sehr zufrieden und fühlt sich in der Kita sehr wohl. Er strebt nach der Ausbildung zum Taubblindenassistenz noch eine weitere Zusatzqualifikation an. Er hat sich als Dozent für Gebärdensprache beworben.