Landau – Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt! Das wusste schon der alte Schiller, und das gilt auch für die Anwohnerinnen und Anwohner der Waffen-, Pestalozzi- und Ludowicistraße sowie weiterer Straßenzüge in Landau, die mit der in den vergangenen Jahren stark angewachsenen Saatkrähen-Population zu kämpfen haben. Viele Betroffene haben jetzt an einer Informationsveranstaltung der Stadt teilgenommen und gemeinsam mit Vertretern von Stadtverwaltung und Politik sowie Expertinnen und Experten zum Thema nach Lösungen gesucht.
Den Auftakt der Infoveranstaltung bildete ein Informationsfilm, den der Offene Kanal Ludwigshafen in Kooperation mit dem rheinland-pfälzischen Landesamt für Umwelt erstellt hat. Im weiteren Verlauf führten Expertinnen und Experten des Landesamts für Umwelt, der SGD Süd, der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz und der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland in das Thema ein. Ebenfalls anwesend war ein Ornithologe aus Worms, der von den dort gemachten Erfahrungen berichtete. Markus Abel, der Leiter der Umweltabteilung der Stadt Landau, skizzierte die Geschichte der Landauer Saatkrähen – von der ersten, kleineren Ansiedlung im Bereich des Freizeitbads LA OLA über die vergeblichen Versuche, die Vögel durch Baumrückschnitte vom Gelände der Pestalozzischule zu vertreiben bis hin zur aktuellen Situation mit mehr als 300 Nestern, verteilt auf 15 bis 17 Standorte im Stadtgebiet.
Im Anschluss an die Berichte der Expertinnen und Experten erteilte Moderator Siegfried Weiter, der Vorsitzende des Beirats für Naturschutz der Stadt Landau, den Bürgerinnen und Bürgern das Wort. Schnell wurde deutlich: Die Situation für die Anwohnerinnen und Anwohner ist schwierig. „Wir alle erfahren hin und wieder am eigenen Leib, dass die Saatkrähen-Kolonien laut und schmutzig sind“, konstatierte Beigeordneter und Umweltdezernent Rudi Klemm, der zu der Veranstaltung geladen hatte. „Die Anwohnerinnen und Anwohner müssen diese Einschränkungen während der Brutzeit der Vögel aber tagtäglich hinnehmen. Stadtspitze und Stadtverwaltung haben Verständnis für die Sorgen und Ängste der betroffenen Bürgerinnen und Bürger und wollen gemeinsam mit ihnen Lösungen herbeiführen.“
Genau wie die anwesenden Expertinnen und Experten betonte Klemm aber, dass es keine einfachen Lösungen geben werde. „Wenn wir die Saatkrähen-Problematik in den Griff bekommen wollen, dann geht das nicht von heute auf morgen“, so der Beigeordnete. „Stückwerk bringt uns nicht weiter, wir müssen ein fundiertes, in die Zukunft gedachtes Konzept erstellen, um der Saatkrähen-Problematik Herr zu werden.“
Die Stadt Landau habe die Infoveranstaltung mit Expertenbeteiligung auch deshalb ins Leben gerufen, um die Fehler anderer Städte nicht zu wiederholen, bekräftigte Klemm. „Was woanders nicht gewirkt hat, machen wir nicht nach“, so der Umweltdezernent. Zu den Maßnahmen, die in der Vergangenheit keinen Erfolg gezeigt haben, gehören laut der Fachleute unter anderem das Herausschneiden von Nestern, das Aufhängen von Luftballons, CDs und Holz-Raubvögeln, Schreckschussanlagen und auch das Töten einzelner Vögel.
„Auch wir in Landau haben schon Erfahrungen mit Einzelmaßnahmen gemacht“, so Klemm. „Als die Vögel im Hof der Pestalozzischule überhandnahmen, haben wir die Bäume dort gekappt – mit dem Effekt, dass die Vögel in den Hof des nahe gelegenen Otto-Hahn-Gymnasiums übergesiedelt sind. Und auch zur Pestalozzischule sind sie zurückgekehrt.“
Erfolg habe in der Vergangenheit einzig und allein die Umsiedlung von Saatkrähen in weniger störende Bereiche gezeigt, war sich die Expertenrunde einig. Dazu muss ein neues Habitat außerhalb der Innenstadt gefunden werden, das die Vögel gerne annehmen. Denn das Saatkrähen-Problem ist menschengemacht: Die Tiere haben sich in den vergangenen Jahren verstärkt in den Stadtzentren breitgemacht, da sich „auf dem Land“, vor allem aufgrund exzessiver Landwirtschaft, immer weniger Bäume und Sträucher finden.
Beigeordneter Klemm schlägt vor, einen Runden Tisch ins Leben zu rufen, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Verwaltung und Politik, Expertinnen und Experten und Bürgerinnen und Bürgern. Auch eine Beteiligung der Universität, wie die Landtagsabgeordnete Christine Schneider sie kürzlich ins Spiel gebracht hatte, kann Klemm sich vorstellen. „Ziel muss sein, alle Akteure an einen Tisch zu bringen, um einen regelmäßigen Austausch zu garantieren“, so Klemm. „Nur so können wir die Saatkrähen-Problematik langfristig und zu aller Zufriedenheit lösen. Wir müssen Hand in Hand gehen, um den Naturschutz und das berechtigte Bedürfnis der Menschen nach Ruhe und Sauberkeit unter einen Hut zu bringen.“