Mannheim – Am Freitag, den 25.11.2016, startet die Night oft the Proms in der SAP Arena Mannheim. Die gigantische Musik- und Bühnenshow ist zum 12. Mal zu Gast in Mannheim. Gleichzeitig startet die vierwöchige Tournee durch Deutschland, bei der Konzerte in 11 verschiedenen Städten auf dem Plan stehen.
Unser Mitarbeiter Helmut Dell sprach in einem Interview mit Dirk Hohmeyer, dem Kopf an der Spitze der Night of the Proms, und wir erfahren interessante Informationen hinter den Kulissen des Spektakels.
Metropolnews: Seit 1985 gibt es die Night oft the Proms, seit 1994 in Deutschland. Sie machten sich die Veranstaltungsreihe zu ihrem „Baby“. Was ist das Erfolgsrezept von Night oft the Proms?
Dirk Hohmeyer: Es ist uns gelungen eine vertrauensvolle Marke in der Musikbranche zu etablieren. Und das Publikum weiß diese Qualität zu werten. Nur so ist es zu erklären, dass rund 80.000 Menschen ein Ticket kaufen ohne eigentlich zu wissen, wer überhaupt kommt. Das ist ein eindeutiger Vertrauensvorschuss.
Metropolnews: Wie wird das Programm zusammengestellt? Sind das Orchester Il Novencento und die Electric Band immer fest im Programm?
Dirk Hohmeyer: Ja, und der Chor Fine Fleur auch, mit einigen wenigen Ausnahmen. Da hatten wir beispielsweise den Harlem Gospel Chor, oder Scala im letzten Jahr. Orchester, Band und Chor sind die festen Anker der Show. Auch der Dirigent Robert Groslot war mit uns gewachsen und ist nun in den Ruhestand getreten. Wir hatten den gleitenden Übergang bereits im letzten Jahr mit der Nachfolgerin Alexandra Arrieche, eine Brasilianerin, in Antwerpen eingeleitet. Sie steht in Deutschland bei uns zum ersten Mal in Mannheim auf der Bühne. Wir sind alle gespannt. Aber auch John Miles gehört zum festen Künstlerteam. Er war auch mit wenigen Ausnahmen – wenn er beispielsweise mit Tina Turner auf Tournee war, immer mit an Bord.
Metropolnews: Wie gewinnt man die Künstler, die ja schließlich für rund vier Wochen zu bester Konzertterminzeit (Wintermonate) mit auf Tournee gehen müssen?
Dirk Hohmeyer: Welche Künstler zu uns passen, besprechen wir im Team. Hier geht es aber nicht nur um eine Tournee, sondern manchmal um mehrere Jahre. Wir planen schon heute Elemente für die Tourneen 2017 und 2018. Es ist dann natürlich auch nicht einfach, für die Tournee in Belgien, Niederlanden und Deutschland, die Künstler zu verpflichten. Unser Team beobachtet gezielt den Musikmarkt und dadurch, dass hier verschiedene musikalische Grundinteressen zusammenkommen, decken wir ein breites Feld ab. Dennoch müssen wir die Interessen der Belgier anders bewerten als die der Niederländer oder die Deutschen. Das ist historisch gewachsen. Wir haben in Deutschland eine ganz andere Hitkultur als in Holland oder Belgien. In Holland beispielsweise wurde die Musik deutlich durch einen Musiksender im Fernsehen geprägt. Bei uns spielt das Radio wohl die größte Rolle. Zwar gibt es Künstler, die mit ihrem breiten Repertoire die „Musikkulturen“ der Länder, die wir bereisen, abdecken können, Das sind dann aber unterschiedliche Titel. Andere hingegen sind sehr länderspezifisch. Wir wollen unserem Publikum in Deutschland und überall, wo wir unterwegs sind, das präsentieren, was sie auch hören wollen.
Metropolnews: Interessant zu hören, wie die Musikszene die Night of the Proms prägt. In welchen Ländern seid ihr noch unterwegs und wie erfolgreich ist dort das gigantische Musikereignis?
Dirk Hohmeyer: Der Aufbau der Shows ist wie ein Puzzle. Im Frühjahr sind wir auf Tournee in Polen und Schweden und daraus entstehen auch Elemente für Deutschland.
Schweden ist bestimmt noch ausbaufähig und in Polen sind wir bereits im zweiten Jahr. Dort ist die Resonanz überwältigend. Ein Rückblick zu den Gehversuchen in Österreich und Frankreich? Das waren zum Teil sehr bittere Erfahrungen. Das hatte uns viel Geld gekostet. In Österreich sind wir medial verprügelt worden. Es darf niemand die Klassik nach Österreich bringen mit dem anderen Anspruch, beispielsweise Pop Musik auf der Bühne zu treffen. Funk und Fernsehen ignorierten uns nach dem Motto, da wollen uns einige Belgier die Klassik beibringen. Im 2. Jahr wurden österreichische Künstler mit eingebaut und der „Schaden“ war dann nicht mehr so groß. Wenn man die Zuschauerzahl nicht über 4.000 bringt, dann muss man eben aufhören. Auch die Schweiz war nicht erfolgreich. Der Schweizer steht mehr auf Solokünstler, für die er dann auch sein Geld ausgibt. In Frankreich ist die Sicht ganz anders. Der, der Klassik mag, geht zur Klassik, der, der Pop mag, geht zur Popmusik. Bei den Gehversuchen von NOTP standen die Klassikfans auf bei Klassik und die Pop Fans bei Pop Musik. Selbst mit französischen Superstars, die sonst riesige Stadien füllen: Im Saal gab es sehr wenig Gemeinsamkeit des Publikums. Fazit: Klassik trifft Pop ist hier nicht erfolgreich umsetzbar. In Deutschland haben wir ein Publikum erreicht, das ein unterhaltsames Entspannungsprogramm möchte und das mit spannenden Künstlern. Egal wer auf dem Plakat steht, wir haben die Hütte voll. Das macht Spaß und motiviert uns alle. Alle unsere Künstler stehen mit einer unbeschreiblichen Begeisterung auf der Bühne.
Metropolnews: Um die Show auf die Beine zu stellen muss eine perfekte Organisation und Infrastruktur im Hintergrund wirken. Wie geht das?
Hohmeyer: Die Show ist opulent und teuer. Aufgrund der Größe brauchen wir nicht nur die Locations, sondern auch die Technik, um ordentlich zu beschallen und die Show zu präsentieren. Wir können die Show nicht in den Rosengarten rein pressen. Da sind 200 Menschen mit uns unterwegs. Die wollen essen, trinken schlafen, eine Gage. Das heißt in all den Städten müssen wir rund 200 Hotelzimmer buchen. Das erfordert monatelange Vorarbeit im Hintergrund.
Metropolnews: Wie ist die Altersstruktur der Gäste? Erreicht die NOTP die breite Schicht?
Hohmeyer: Ja, wir haben ja auch gelernt in all den Jahren. 1985 hat die NOTP praktisch als eine Studentenpartie begonnen. Heute, 35 Jahre später, sind wir rund 5 Studentengenerationen älter und der Musikmarkt hat sich auch entsprechend verändert. Das Publikum ist mit uns älter geworden. In Belgien treten im Sportpalais Stars auf, die rund 20.000 Zuschauer anlocken. Da sind wir zu Hause. Wir spielen dort 6 -7 Shows. Gigantisch! Antwerpen hat rund 400.000 Einwohner.
In Deutschland waren wir nie eine Studentenpartie sondern immer ein Unterhaltungsprogramm. Wir haben hier 7 Jahre gebraucht, viel Geld in die Hand genommen, um uns darzustellen. In Dortmund haben wir 1994 angefangen. Im ersten Jahr wurden 2.500 Karten verkauft und aufgrund der Bühnengröße, mussten wir die Westfalenhalle nehmen. Die war natürlich viel zu groß und dann haben wir die Bühne bis weit in den Saal gezogen und die Seiten mit Tüchern abgehängt. Dann wirkt der Saal nicht so leer. Um Stimmung zu machen haben wir Fans aus Antwerpen einfahren lassen und nicht zu vergessen: Soldaten der belgischen Rheinarmee, die in Dortmund stationiert waren, erhielten Freikarten. Ein Jahr später verdoppelte sich der Kartenverkauf, im dritten Jahr waren wir ausverkauft. Das bedeutete für uns Startschuss für die nächste Stadt.
Metropolnews: Wie war das damals mit Mannheim?
Hohmeyer: Nach Dortmund ging alles schneller. Die Leute wussten, dass wir da keinen Mist machen. Als dann in Mannheim die SAP Arena in Planung war, hatten wir bereits die ersten Gespräche. Gleich im ersten Jahr der Eröffnung waren wir dabei.
In diesem Jahr starten wir die Deutschland Tournee an einem Freitag in Mannheim, obwohl die Leute der SAP Arena uns lieber am Samstag hätten. Das Jahr hat leider nicht genug Wochenenden, um allen gerecht zu werden. Der Vorverkauf für Mannheim verspricht eine gut gefüllte SAP Arena.
Metropolnews: Wie gelingt es, so viele Musiker auf der Bühne beim Auftritt unter einen Hut zu bekommen?
Hohmeyer: Alle Akteure auf der Bühne haben Kopf- oder Ohrhörer. Im Laufe der Jahre musste das ganze Orchester lernen, sich diesen Tönen zu stellen und nicht dem Ohr freien Lauf lassen. Das ist leider heute unumgänglich, denn die Artistik in den modernen Multifunktionshallen ist was anderes, als in einem Konzertsaal. Versuchen sie das mal mit den Berliner Philharmonikern. Bei uns muss jeder auf der 18 mal 18 Meter großen Bühne optimal alles hören können und der Takt muss stimmen. Unsere Dirigentin von heute ist speziell mit diesen neuen Techniken ausgebildet und beherrscht das perfekt.
Metropolnews: Was passiert hinter den Kulissen? Die verschiedensten Menschen kommen zusammen und sind praktisch über Wochen in einer „Mission“ unterwegs?
Hohmeyer: Es ist ein sehr emotionales Phänomen was wir hier schaffen. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass wir sehr natürlich mit dieser Situation umgehen und insgesamt eine sehr gute Reputation haben. Wir treffen die Musiker im Vorfeld und zeigen, was wir vorhaben. Danach sind die Künstler unter sich, lernen sich kennen und sind entspannt. Gemeinsam mit ihnen entscheiden wir, welche Titel gespielt werden und zusammen mit unseren Arrangeuren wird dir Marschrichtung abgestimmt. Danach reden nur noch die Musiker untereinander. Eine schöne Atmosphäre. Die meisten Künstler sind unkompliziert und meistens macht deren Umfeld mehr Radau, als das Ganze wert ist. Die Künstler sind nett, zuverlässig und kooperativ. Die Künstler haben auf jeden Fall von der ersten Minute an das Gefühl, die Show nicht alleine stemmen zu müssen. Während sie in ihrer eigenen Show alle Energie in ein zweistündiges Programm setzen müssen, können sie sich bei der NOTP auf das Wesentliche ihres Auftrittes konzentrieren. Den Rest machen die Anderen. Der Star ist die Show! Danach sitzen die Künstler abends an der Bar beieinander und haben Spaß.
Metropolnews: Wie stabil ist die SAP Arena in den nächsten Jahren als Austragungsort der Night oft the Proms?
Hohmeyer: Wir wollen auch in den nächsten Jahren in Mannheim bleiben. Wir haben gelernt, dass hier an einem Freitag mehr Menschen den Weg zu unserer Show kommen. Die Menschen in der Rhein Neckar Region sind fleißig und nutzten eher das Wochenende, um auszugehen. Frankfurt ist das beispielsweise anders. Als Pendlerstadt sind die Shows innerhalb der Woche immer ausverkauft. Also keine Konkurrenz zu Mannheim. In Stuttgart wäre auch der Bedarf an einem Wochenende größer, doch die Halle dort ist deutlich kleiner als die SAP Arena. In München und anderen Städten machen wir sonntags Nachmittagsshows. Um 15 Uhr oder 18 Uhr geht’s da los. Und hier ist ein weiteres Phänomen zu beachten: Die Großeltern gehen mit ihren Enkeln, ganze Familien in unsere Konzerte. Diese würden wir abends wahrscheinlich nicht antreffen. In Mannheim fühlen wir uns jedenfalls wohl und wir wollen auch in Zukunft mit allen Beteiligten hier weitermachen.
Metropolnews: Joe Cocker, Bryan Ferry, Mike Oldflied oder auch The Beach Boys sind nur einige wenige der namhaften Künstler, die bei der NOTP dabei waren. Was wären Ihre Wunschkünstler?
Hohmeyer: Ich bin der Berti Vogts der Musikbranche: Immer dranbleiben. Ich habe viele Träume, muss aber Realist bleiben. Elton John oder Rod Stewart wären solche Kandidaten, sind aber nicht bezahlbar. Also schaut man sich immer weiter um. Mein Sohn Lukas unterstützt mich hierbei und so stoßen wir auch auf junge Künstlerinnen und Künstler, die ich nicht kenne. Ich höre gute Titel im Radio, weiß aber nicht wer das ist. Wenn wir dann diese Künstler für uns gewinnen können, dann ist der Auftritt bei der NOPTP oftmals der Eintritt in die große Welt. Wichtig ist es, dass es den Menschen gefällt.
Metropolnews: An welchem anderen Orten möchten Sie noch spielen?
Hohmeyer: Berlin, Wien, und Frankreich waren für mich ernüchternd. Ich sehe eher eine positive Konsolidierung. Ich bin glücklich mit dem, was wir erreicht haben. Ich bin nicht resignierend. Wir haben seit 23 Jahren ein Event etabliert, auf das wir stolz sein können.
Metropolnews: Wenn am 18. Dezember 2016 nach dem letzten Konzert in Bremen der Taktstock zur Seite gelegt wird – was machen Sie da?
Hohmeyer: Dann werden wir uns alle in die Arme fallen, Tränen werden fließen und ein zusammengeschmiedetes Team trennt sich. Jeder geht wieder seiner Wege und man wird sich wahrscheinlich in dieser Konstellation nie wieder treffen. Was aber bei allen bleiben wird ist ein unbeschreibliches Erlebnis, dass es sonst nirgends auf der Welt geben wird.
Termin: Freitag, den 25.11.2016, 20 Uhr, SAP Arena Mannheim mit folgenden Künstlern:
Ronan Keating wird neben den Simple Minds, Natasha Bedingfield, Stefanie Heinzmann, John Miles und Time For Three auf der diesjährigen Klassik-trifft-Pop Tournee „Night of the Proms“ zusammen mit dem Sinfonieorchester Il Novecento und dem Chor Fine Fleur unter der Leitung von Dirigentin Alexandra Arrieche, auftreten.