Heidelberg – Was bedeutet eingesperrt sein? Wird der Mensch denn frei geboren? Wer das glaubt, irrt gewaltig. Erst wird er gefangen gehalten von älteren, stärkeren Exemplaren der Gattung und an der Ausübung seines freien Willens gehindert – indem er um acht ins Bett muss. Bereits in Kindergarten und Schule wird er mit Seinesungleichen zusammengepfercht, ob er nun will oder nicht. Das Programm setzt sich nahtlos fort in Kasernen, Hörsälen und an Arbeitsplätzen.
Mit „In Deinem Pelz“ entwerfen Bernhard Mikeska und Alexandra Althoff einen Abend über Zwangsgemeinschaften und das eingesperrt sein für den ‚Faulen Pelz‘, das historische Amtsgefängnis in der Heidelberger Altstadt. Die einst fortschrittliche Haftanstalt wurde 1847|48 erbaut. Nach fast 170 Jahren ist der nun nicht mehr zeitgemäße Knast, in dem einst knapp 80 Männer und Frauen auf ihren Prozess warteten, endgültig geschlossen.
An drei Marathon-Wochenenden (26.|27.11.; 03.|04.12.; 10.|11.12.) sowie mittlerweile zahlreichen Zusatztermine an noch drei Wochentagen (28., 30.11., 01.12.) wird das Publikum in den ‚Faulen Pelz‘ geführt: Der Einlass findet alle 5 Minuten für je einen Zuschauer, rund um die Uhr, statt. 8 Schauspielerinnen und Schauspieler wechseln im ‚Schichtbetrieb‘ einander ab. Es spielen Claudia Renner, Christina Rubruck, Anne Schäfer, Nanette Waidmann, Maria Magdalena Wardzinska, Hendrik Richter, Andreas Seifert und Olaf Weißenberg sowie Mitglieder der Statisterie des Theaters und Orchesters Heidelberg. Einzeln betritt man die Installation, die tief in das Innere führt. In den 8 ½ Quadratmeter großen Zellen sind Erinnerungen eingefangen, schon bald verschieben sich die Grenzen von Fiktion und Wirklichkeit, Ursache und Wirkung.
Einiges zum Ablauf:
Mit der Eintrittskarte erhält jeder Besucher eine genaue Uhrzeit für den Beginn seiner ganz individuellen Vorstellung. Pünktlich zur angegebenen Zeit ist man an der Gefängnispforte und wird einzeln eingelassen. Geführt von Fachpersonal erlebt der Besucher die beklemmende Architektur des Gefängnisbaus hautnah. In den leerstehenden Zellen trifft man auf die einzelnen Schauspieler. Wem genau man begegnet, kommt auf den gewählten Vorstellungsbeginn an. Für jeden Zuschauer dauert die Begehung gleich lange, jeweils knapp 60 Minuten. Zum Abschluss gibt es Gelegenheit, bei wärmenden Getränken das vorhergegangene und nachfolgende Publikum zu treffen, sich auszutauschen und anhand dokumentarischen Materials weiter über das einzigartige historische Gebäude zu informieren, das man soeben durchschritten hat. – Die Besucher finden sich bitte am Eingang ein: Oberer Fauler Pelz 1, Zugang Kettengasse. 69117 Heidelberg
Informationen zum Gebäude ‚Fauler Pelz‘:
8,5 Quadratmeter Einzelzelle, 80 cm dicke Mauern aus rotem Sandstein und Originaltüren aus dem 19. Jahrhundert. Das Heidelberger Amtsgefängnis wurde in den Jahren 1847 und 1848 nach Plänen von Stadtbaumeister Ludwig Lendorff erbaut. Es zählt zu den ältesten Gefängnisbauten Deutschlands. ‚Fauler Pelz‘ heißt es im Volksmund wegen seiner Adresse (Oberer Fauler Pelz 1), die an das ehemalige Gerberviertel an dieser Stelle erinnert. In dem Untersuchungsgefängnis waren zuletzt 13 Frauen untergebracht. Im Männertrakt gab es einmal Platz für 70 Gefangene. Seit Ende 2015 wird der ‚Faule Pelz‘ für seinen ursprünglichen Zweck nicht mehr genutzt. Die letzten Gefangenen wurden in die Justizvollzugsanstalt Mannheim überstellt.
Nach „Born with the USA“ auf dem ehemaligen US-Hospital-Gelände ist eine weitere Schauspielproduktion des Heidelberger Theaters an einem ganz besonderen Ort zu erleben. Der Baumeister Lendorff war übrigens auch Architekt des Stadttheaters Heidelberg!
Aufgrund der großen Nachfrage sind die Karten nahezu ausverkauft. Wer trotzdem sein Glück versuchen möchte, wendet sich bitte an die Mitarbeiter der Theaterkasse, die telefonisch unter 06221| 5820.000 zu erreichen sind.