Alzey – Der Blick auf die Arbeitsfähigkeit von Migrantinnen ist oft nur von einem defizitären Bild geprägt: Migrantinnen als Opfer einer als erschwert einzustufenden Lebenswelt und ohne nennenswerte Potenziale. Dass dies nicht immer der Wirklichkeit entspricht, zeigten zwei engagierte Vorträge und eine anschließende Talkrunde auf dem Alzeyer Symposium zur Situation von Migrantinnen in der Arbeitswelt im Sitzungssaal der Kreisverwaltung Alzey-Worms auf.
Prof. Swetlana Franken (FH Bielefeld) und Veye Tatah, erfolgreiche Unternehmerin kamerunischer Herkunft, nannten Forschungsergebnisse und berichteten von ihren Erfahrungen. Ergebnisse des Forschungsprojektes IMAGE, einer im Auftrag des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführten mehrjährigen Studie zur Inklusion von Migrantinnen für mehr Anerkennung, Gleichberechtigung und Effizienz, präsentierte Prof. Franken. „Migrantinnen müssen flexibel sein, Durchhaltevermögen zeigen und sich immer wieder beweisen, um eine Stelle zu bekommen“, betonte Franken. Dabei lautete ihr Appell: „Unternehmen müssen bereit sein, sich für die Potenziale von Migrantinnen zu öffnen. Gelingt das, so ist nachweislich ein vielfacher Nutzen messbar.“ Migrantinnen, die in Wirtschaft und Verwaltung ihre Aufgabe gefunden haben, punkteten nicht nur mit Sprachkenntnissen, sondern auch mit interkultureller Kompetenz, Flexibilität und Kreativität. Als Vorbild für andere Migrantinnen komme ihnen darüber hinaus eine gesellschaftlich wichtige Rolle zu. Diese Vorbilder zu finden und sie medial in Szene zu setzen, sei ein wichtiger Schritt zur erfolgreichen Integration aller.
Der Vortrag von Veye Tatah ergänzte diesen Ansatz mit Beispielen. Geboren in Kamerun, gelangte Tatah mit 19 Jahren zum Informatikstudium nach Deutschland. Nach dem erfolgreichen Studienabschluss, ist Tatah heute als Geschäftsfrau, Herausgeberin und Chefredakteurin des Magazins Africa Positive und Geschäftsführerin des gleichnamigen Vereins aktiv. Ihr Fazit: „Hartnäckigkeit, Disziplin, Ausdauer und Leidenschaft für Ideen waren Schlüssel zum Erfolg.“ Ihr Appell zur gegenwärtigen Situation in Deutschland: „Geduld haben mit den Neuzugwanderten, die sich erst einfinden müssen, den Blick auf das Positive richten und Mut machen, Netzwerke schaffen – und vor allem differenziert auf die höchst heterogene Gruppe der Migrantinnen schauen, damit Potenziale wahrgenommen werden können.“
Bei der anschließenden lebhaften Talkrunde kamen die Akteurinnen, sowie die Veranstalterinnen und Gäste aus dem Publikum zu Wort. Kerstin Adjalian präsentierte für das Jobcenter ein Portfolio an unterstützenden Angeboten für die anerkannten Migrantinnen, das Angebote von der Sicherung des Lebensunterhaltes bis zur gezielten Beratung und Bereitstellung von Sprachkursen umfasst. „Das Knowhow der Migrantinnen ist einfach zu groß, um es zu verschenken“, so ihr Resümee. Katharina Nuß betonte ihren Auftrag als Gleichstellungsbeauftragte, Migrantinnen zu stärken und für ihre Rechte zu sensibilisieren. Die Koordinatorin des Landessportbundes, Nedia Zouari-Ströher, die tunesischer Abstammung ist, riet ebenfalls dazu, Potenziale von Migrantinnen zu sehen und selbst Durchhaltevermögen zu zeigen, dann seien alle Wege in eine erfolgreiche Biographie offen. Organisiert wurde das Symposium auf Initiative der Integrationsbeauftragten, Alexandra von Bose, in Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises, Katharina Nuß, und der Beauftragten für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt des Jobcenters Alzey-Worms, Kerstin Adjalian.
Begleitend zum Symposium „Migrantinnen in der Arbeitswelt“ ist im ersten Stockwerk der Kreisverwaltung, Ernst-Ludwig-Straße 36, Alzey, noch bis Ende des Jahres eine Ausstellung mit Porträts von Migrantinnen und Migranten zu sehen.